# taz.de -- Lana Del Rey in Hamburg: Heilig auf der Leinwand | |
> Die US-Retro-Queen Lana Del Rey beginnt ihre Deutschlandtour mit einem | |
> routinierten Konzert in Hamburg. Sie schöpft aus ihrem eigenen Werk. | |
Bild: Tatsächlich ist Lana Del Rey eine perfekte Kunstfigur, live und medial. | |
HAMBURG taz | Alle haben ihren Platz. Ganz vorne stehen die jungen Mädchen, | |
die kreischen, als Lana Del Rey die Bühne betritt. Gleich dahinter stehen | |
die jungen Erwachsenen, meist paarweise erschienen, dezent hip gekleidet, | |
studentisches Milieu und immerhin so zahlungskräftig, dass sie die 47,50 | |
Euro für einen Stehplatz lockermachen können. | |
Außenrum auf den Sitzplätzen dann die älteren Herrschaften: wohlsituiert, | |
nüchtern, kulturinteressiert, ohne Migrationshintergrund. Manche von ihnen | |
haben ihre halbvollen Wasserflaschen, die sie am Eingang abgeben mussten, | |
mit einer Nummer versehen lassen, damit sie sie nach dem Konzert wieder | |
abholen können. | |
Rund 10.000 Zuschauer sind es, die zum ersten Deutschland-Konzert der | |
Europatournee von Lana Del Rey in die Hamburger O2 World gekommen sind. Im | |
Gegensatz zu vielen anderen Stationen der Tournee ist das Hamburger Konzert | |
nicht ganz ausverkauft, aber fast. | |
Der Hype, den Lana Del Rey im Jahr 2011 mit ihren im Internet | |
veröffentlichten Videos auslöste, ist nicht verebbt. Damals hieß ihr Hit | |
„[1][Video Games]“, mittlerweile sind Songs wie „[2][Ride]“ oder | |
„[3][Summertime Sadness]“ hinzugekommen. Alle leben von Lana Del Reys | |
dunklem, getragenem Gesang, den schweren HipHop-Beats und orchestralen | |
Streichern. | |
## Zwei Löwen und eine Palme | |
In Hamburg schreitet die 26-jährige New Yorkerin im weißen Minirock über | |
eine Bühne, die wie die Ruine eines ägyptischen Palasts aussieht. Rechts | |
und links stehen Löwenskulpturen, im Bühnenhintergrund steht eine Palme und | |
hinter Lana Del Rey steht eine Wand mit drei großen, oval zulaufenden | |
Fenstern. Die Bühnenarchitektur versucht nicht, ihre Künstlichkeit zu | |
verbergen, im Gegenteil: Alles hier ist Kulisse, als sei es ein | |
Hollywood-Film der sechziger Jahre. | |
Drei Fenster dienen als Videoleinwände, die zusätzlich zu den beiden | |
Videoleinwänden links und recht der Bühne zum Einsatz kommen. Insgesamt | |
tendiert die Inszenierung in Richtung Video-Installation und entlastet Lana | |
Del Rey als Performerin: Es reicht, wenn sie sich ab und zu mit der einen | |
Hand durchs Haar fährt, während die andere das Mikrofon hält. | |
Zumal die Leinwände häufig jene Bilder zweitverwerten, die das Publikum | |
bereits kennt: Zu Hits wie „Ride“ oder „[4][National Anthem]“ laufen | |
schlicht die Videos aus dem Internet. Es gibt aber auch diverse bewölkte | |
Himmel, Heiligenbilder und Stürme, die die melancholischen Songs stützen – | |
und die Zitatmaschine der Lana Del Rey weiter befeuern. | |
## Marilyn, Jackie, Courtney | |
Lana Del Rey ist als wandelndes Zitat zu einer Protagonisten der | |
Retrofizierung geworden. In ihrer Live-Show schöpft sie nun das eigene Werk | |
aus: Sie ist Königin, Lolita, Diva, Vamp, ist Marilyn Monroe, Jackie | |
Kennedy und Courtney Love, ist verrucht und heilig. Letzteres ist ein | |
Akzent, den die Show mit dem Einsatz christlicher Symbolik besonders | |
betont: Oft sind Kreuze und Heiligenbilder zu sehen, in Ergänzung zum | |
Blumenkranz, den Lana Del Rey auf einigen Bildern locker um die Stirn | |
geflochten als Dornenkrone trägt. | |
Dass das Konzept funktioniert, zeigt das gemischte Publikum. Für die | |
17-Jährigen in der ersten Reihe ist Lana Del Rey die große coole Schwester, | |
die ihr Leben im Griff hat. Für die 25-Jährigen ist sie die Sängerin mit | |
den eingängigen melancholische Songs. Für die älteren Herrschaften ist sie | |
eine Reminiszenz an die sechziger Jahre, eine anschlussfähige Sängerin oder | |
auch die Verkörperung einer Männerfantasie. | |
Tatsächlich ist Lana Del Rey eine perfekte Kunstfigur, die live | |
weiterführt, was sie mit ihren medialen Auftritten angefangen hat. Das | |
Abgründige ihrer Songs ist auch für ein Mainstream-Publikum weniger | |
abschreckend, als ihr Gemischtwarenladen anziehend wirkt. Folgerichtig | |
passt Lana Del Rey auch in eine Riesenhalle. | |
Die O2 World hat den Charme einer Shoppingmall und bietet mit | |
„xxtra-Wurst“, Seafood Bar, Pizza und Schöller-Eis jenen Genuss-Mix, der | |
wiederum zu tun hat mit einem der Lieblingsthemen von Lana Del Rey: dem | |
amerikanischen Traum. | |
## Weitere Termine: 15. April, Velodrom, Berlin; 17. April, Mitsubishi | |
Electric Halle, Düsseldorf; 20. April, Jahrhunderthalle, Frankfurt; 25. | |
April, Zenith, München | |
7 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://vimeo.com/30746262 | |
[2] http://vimeo.com/51358084 | |
[3] http://youtu.be/nVjsGKrE6E8 | |
[4] http://youtu.be/60cvtxwlJr8 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
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