# taz.de -- Krise in Korea: Kein Fisch mehr vom anderen Ufer | |
> Nordkorea geht auf Distanz zu China. An beiden zentralen Grenzübergängen | |
> dürfen Touristengruppen nicht einreisen. Der Handel liegt brach. | |
Bild: Aktuell verwaist: der Grenzposten in Tumen zwischen Nordkorea und China. | |
TUMEN taz | Noch gibt es frischen Fisch aus Nordkorea. Der Kellner in dem | |
Lokal in der chinesischen Grenzstadt Tumen serviert ihn in roter | |
Chili-Sauce. Dazu gibt es Kimchi, eingelegten Weißkohl. Auch der komme von | |
der anderen Seite des Grenzflusses, sagt der Kellner. Doch sowohl mit Fisch | |
als auch mit Kimchi aus Nordkorea dürfte es für das Lokal vorerst vorbei | |
sein. Was er zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß: Seit dem frühen Morgen | |
sind auf beiden Seiten die Grenzen dicht. | |
Die täglich sich weiter zuspitzenden Spannungen auf der koreanischen | |
Halbinsel haben auch immer mehr negative Auswirkungen auf Pjöngjangs | |
Beziehungen zu China, dem eigentlich letzten Verbündeten des | |
Stalinisten-Regimes um Diktator Kim Jong Un. Nachdem Pjöngjang mit der | |
Stilllegung der innerkoreanischen Sonderwirtschaftszone Kaesong bereits | |
vergangene Woche die letzte Verbindung zu Südkorea gekappt hat, sind seit | |
dem frühen Mittwochmorgen auch Nordkoreas Grenzen zur Volksrepublik | |
weitgehend geschlossen. | |
Am Grenzübergang nahe der Stadt Dandong sind es chinesische Behörden, die | |
den Übergang für Touristen verboten haben. Die nordkoreanische Seite würde | |
nicht mehr für die Sicherheit garantieren, heißt es zur Begründung. In | |
Tumen, ganz im Nordkosten entlang der chinesisch-nordkoreanischen Grenze, | |
ist seit dem frühen Mittwochmorgen zusätzlich der Handelsverkehr | |
unterbunden. Dort sind es nordkoreanische Grenzbeamte, die den Verkehr | |
verbieten, berichtet ein chinesischer Beamter vor Ort. | |
Die Stimmung zwischen beiden Bruderstaaten ist schlecht, seitdem China | |
Anfang März als Reaktion auf Nordkoreas Atomtest der Verschärfung der | |
Sanktionen im UN-Sicherheitsrat zugestimmt hat. In Tumen ist es | |
chinesischen Touristen bereits seit Ende Februar untersagt, die Grenze zu | |
passieren, berichtet Geschäftsmann Wu, der letzte verbliebene | |
Straßenhändler auf dem Platz vor der Grenzbrücke. Hier sei mal jede Menge | |
losgewesen, erzählt der 53-Jährige. | |
## Niemand ist zu sehen | |
Händler von beiden Seiten hätten ihre Waren angeboten. Chinesen brachten | |
Konsumgüter, Lebensmittel und Eisenwaren. Nordkoreaner Zigaretten und | |
Schnaps. Abgesehen von zwei Grenzsoldaten ist Wu der Einzige, der an diesem | |
Morgen hier noch ausharrt. | |
Dabei hatten am frühen Morgen nordkoreanische Grenzbeamte die Einfuhr von | |
Lebensmitteln noch zugelassen. Mit dem Fernglas sind auf der | |
gegenüberliegenden Flusseite zwei chinesische Lieferanten zu erkennen, die | |
von ihrem Lastwagen Mehlsäcke und Gasflaschen abladen. Bewaffnete Soldaten | |
schauen dabei zu. Ansonsten ist keine Menschenseele zu sehen. Das seien | |
wohl die letzten Lieferungen gewesen, sagt einer der Lieferanten nach der | |
Rückkehr auf die chinesische Seite. Ihm konnte auch keiner sagen, wann das | |
Verbot wieder aufgehoben wird. | |
Die Abschottung der chinesisch-nordkoreanischen Grenze dürfte Nordkorea | |
größeren wirtschaftlichen Schaden zufügen als die Schließung der Grenzen zu | |
Südkorea. Rund 90 Prozent aller nordkoreanischen Importe kamen zuletzt vom | |
nördlichen Nachbarn, darunter vor allem Kraftstoff und Lebensmittel. Und | |
auf beides ist das in vielen Teilen hungernde Land dringend angewiesen. | |
## 0,1 Prozent des chinesischen Außenhandels | |
Nur 20 Prozent der Fläche Nordkoreas sei landwirtschaftlich nutzbar, | |
berichtet Katja Richter, Leiterin des Büros der deutschen Welthungerhilfe | |
in Pjöngjang, die letzte ausländische Hilfsorganisation, die in Nordkorea | |
derzeit noch die Stellung hält. Dies führe dazu, dass die Menschen zu wenig | |
zu essen hätten. „Mangel- und Fehlernährung lassen Sechsjährige wie | |
Vierjährige aussehen.“ | |
Für China hingegen ist der wirtschaftliche Schaden gering. Der Handel mit | |
Nordkorea mache gerade einmal 0,1 Prozent des chinesischen Außenhandels | |
aus, berichtet die zentrale chinesische Zollbehörde am Mittwoch. Der Handel | |
mit Südkorea sei 50 Mal so hoch. Händler Wu fällt unter diese 0,1 Prozent. | |
Er muss sich nun eine neue Einnahmequelle suchen. | |
11 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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