# taz.de -- Mundartserie „Die Kirche bleibt im Dorf“: Heilandzack! im Schwa… | |
> Drama, Drive und Dialekt: Nach dem Erfolg des Kinofilms „Die Kirche | |
> bleibt im Dorf“ kommt jetzt die Serie zu der Komödie ins Fernsehen. | |
Bild: Typisch schwäbische Tapeten: Szenenbild mit Jürgen Haug (liegend) und R… | |
„Wir müssen dringend etwas tun“, sagt Karoline Eichhorn im Gespräch mit d… | |
taz. Und tatsächlich, es ist höchste Zeit. Denn die Vielfalt steht auf dem | |
Spiel, ein riesiges Stück Kultur und ein unüberschaubares Arsenal an | |
Schimpfwörtern. Wir müssen den Dialekt retten. „Dialekte werden in | |
Deutschland nicht gut behandelt. Bayerisch ist noch salonfähig, aber | |
Schwäbisch ist wie Sächsisch so verpönt und wird nur belächelt“, sagt die | |
Schauspielerin Eichhorn. Es könne doch nicht sein, dass die Schwaben sich | |
in Berlin schon verleugnen. | |
Die 47-Jährige ist in Stuttgart aufgewachsen, feiert den Dialekt seit | |
Jahren als Ermittlerin Nina Brändle im Radio-„Tatort“ des SWR, und | |
spätestens seit dem Kinofilm „Die Kirche bleibt im Dorf“ kann man sie ruhig | |
als Schwäbisch-Botschafterin bezeichnen. Der Film über die verfeindeten | |
schwäbischen Ortschaften Oberrieslingen und Unterrieslingen war im | |
vergangenen Jahr im Süden ein Riesenerfolg – und geht jetzt in Serie. In | |
zwölf Teilen, als Doppelfolge jeweils montags um 20.15 Uhr im SWR, erzählt | |
Drehbuchautorin Ulrike Grote, was sieben Jahre vor der Filmhandlung | |
geschah. | |
Die Rossbauers aus Unter- und die Häberles aus Oberrieslingen hassen sich | |
seit Menschengedenken, dabei teilen sie nicht nur eine Kirche, sondern auch | |
jede Menge Intrigen, Erbschleichereien, unsaubere Geschäfte – sie alle | |
müssen ganz schön oft in den Beichtstuhl des neuen – norddeutschen – | |
Pfarrers rennen, um wenigstens ein paar Sünden loszuwerden. | |
Die Mundartserie ist voll von schwarzem Humor, sie hat nichts vom | |
„Landlust“-Provinzidyll und ist doch im besten Sinne Heimatkunde, denn es | |
wird nicht nur herrlich authentisch geschwäbelt, die Figuren werden ernst | |
genommen und in jeder der halbstündigen Folgen weiterentwickelt. Sie sind | |
nicht von gestern, nur weil sie „Griaß Godd“ sagen. „ | |
Es gibt überall nur noch Krimis, die total glatt sind und am Konsens | |
orientiert. Das ist gruselig“, sagt Karoline Eichhorn. Die Fernsehmacher | |
hätten nur Angst um die Quote und ihre Position. Deshalb hielten sie am | |
Altbewährten fest. „Wir versuchen, individuelle Typen zu zeigen, die auch | |
Abgründe haben und die vielschichtig sind.“ | |
Und die Dialekt sprechen. „Gerade beim ,Tatort‘ ist das oberpeinlich. Die | |
Krimis spielen an so vielen verschiedenen Orten in Deutschland, aber | |
überall wird gleich gesprochen. Die nehmen sich die große Chance, eine | |
interessante Farbe und mehr Individualität reinzubringen.“ | |
In ihrer Rolle als verstockte Mathematiklehrerin Christine Rossbauer | |
schwäbelt Karoline Eichhorn kräftig. Für sie ändert sich dadurch auch das | |
Gefühl beim Spielen. Die Figur wird „körperlicher und zugleich | |
gefühlsbetonter. Menschen, die Dialekt sprechen, werden echter. Er ist | |
klar, direkt, auf dem Boden, nicht so verkopft und es gibt kein | |
Drumherum-Lavieren.“ | |
Karoline Eichhorn liebt vor allem die schwäbischen Schimpfwörter, die „eine | |
richtige Liebeserklärung sein können“. Ihr liebstes? „Heilandzack.“ Sof… | |
sei da ein Gefühl von Wohlfühlen, Aufgehobensein und Verbundenheit, wenn | |
sie Dialekt spreche, sagt Eichhorn. Das habe auch am Set gleich die Distanz | |
zu den anderen Schauspielern genommen. | |
Bei der Kinotour im vergangenen Jahr seien die Menschen so dankbar dafür | |
gewesen, dass auf der Leinwand mal einer so spricht wie sie. „Da gehen | |
sofort Schleusen auf, Gefühle kommen hoch. Der Dialekt reißt Mauern ein. So | |
was schaffen Sie mit Hochdeutsch nicht“, sagt Karoline Eichhorn. Sie glaubt | |
an eine Renaissance des Dialekts. Dabei können wir alle sogar was von den | |
Schwaben lernen. „Sie nehmen sich selbst nicht bierernst. Diese | |
Leichtigkeit, über sich selbst lachen zu können, täte uns allen gut.“ | |
„Die Kirche bleibt im Dorf“, Montag, 20.15 Uhr, SWR | |
15 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniela Zinser | |
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