# taz.de -- Ungerechtfertigte Kündigung: Schwere Schlappe für Commerzbank | |
> Ein britisches Arbeitsgericht gibt einer Bankerin Recht. Ihr war | |
> gekündigt worden, weil sie nicht angegeben hatte, dass sie einen | |
> Ex-Arbeitgeber verklagt hatte. | |
Bild: Die Commerzbank muss jetzt wohl ein bisschen am Image schrauben – und t… | |
DUBLIN taz | Es geht um viel Geld. Investmentbankerin Latifa Bouabdillah | |
verlangt von der Londoner Niederlassung der Commerzbank 13 Millionen Pfund, | |
weil die ihr ungerechtfertigt gekündigt habe. Am Montag gewann sie vor dem | |
britischen Arbeitsgericht den Prozess. Über die Höhe des Schadenersatzes | |
wird im September entschieden. | |
Es geht aber auch darum, auf welches Wissen über die Beschäftigten ein | |
Arbeitgeber Anspruch hat: Bouabdillah war im Juni vorigen Jahres von der | |
Commerzbank fristlos gefeuert worden, nachdem sie kaum einen Monat dort | |
gearbeitet hatte. Die Bank begründete das mit „Vertrauensbruch“. Denn | |
Bouabdillah hatte beim Einstellungsgespräch verschwiegen, dass sie ihren | |
vorherigen Arbeitgeber, die Deutsche Bank in Frankfurt, wegen | |
Geschlechterdiskriminierung verklagt hatte. | |
Dort hatte sie von 2007 bis 2011 im Aktiengeschäft gearbeitet. Weil sie | |
sich bei Beförderungen und Boni gegenüber männlichen Kollegen benachteiligt | |
sah, gab sie den Job auf und klagte auf 1,2 Millionen Euro Schadenersatz. | |
Inzwischen haben sich beide Parteien außergerichtlich geeinigt, wie viel | |
Geld Bouabdillah bekam, ist allerdings geheim. | |
Die Commerzbank erfuhr aus dem Fernsehen von der Klage. Zur Rede gestellt, | |
gab Bouabdillah zu, den Rechtsstreit verschwiegen zu haben, weil sie | |
befürchtete, sonst den neuen Job nicht angeboten zu bekommen. Sechs Tage | |
später wurde sie entlassen. Ihr Chef Guy Middleton sagte vor Gericht, er | |
habe noch überlegt, ob Bouabdillah weiter im Team mitarbeiten könne, den | |
Fall dann aber an die Chefs im Frankfurter Hauptsitz verwiesen. Die | |
entschieden, das Arbeitsverhältnis zu beenden. | |
## Opfer, nicht Täterin | |
Der Londoner Commerzbank-Personalchef Nigel Marsden erklärte Bouabdillah | |
die Entscheidung, indem er sie mit einer Bewerberin verglich, die wegen | |
Ladendiebstahls angeklagt war. Obwohl diese freigesprochen worden war, sei | |
es wichtig gewesen, Bescheid zu wissen. Bouabdillah wies die Gleichstellung | |
empört zurück: Schließlich sei sie Opfer, nicht Täterin. | |
Middleton sagte, er habe bei der Vermittlungsagentur nachgefragt, warum | |
eine so hochqualifizierte Frau ihren Job bei der Deutschen Bank aufgegeben | |
habe und einen schlechter bezahlten Posten in einer kleineren Abteilung bei | |
der Commerzbank übernehmen wolle. Dort habe es geheißen, der | |
Konkurrenzdruck bei der Deutschen Bank sei groß gewesen, die Bewerberin | |
wolle lieber in einem kleineren Team arbeiten. „Bouabdillah hat bewusst die | |
Entscheidung getroffen, uns Informationen vorzuenthalten, sodass wir ihr | |
nicht länger trauen konnten“, so Middleton. | |
Das Arbeitsgericht sah das anders. Richterin Alexandra Davidson urteilte, | |
dass Bouabdillah zwar nicht ausführlich über ihre Gründe gesprochen habe, | |
die Deutsche Bank zu verlassen, aber „Fragen nicht zu beantworten, die gar | |
nicht gestellt wurden, ist unserer Meinung nach kein Vertrauensbruch oder | |
Mangel an Ehrlichkeit“. Die Commerzbank erwägt, Berufung einzulegen. | |
16 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Ralf Sotscheck | |
## TAGS | |
Arbeitsrecht | |
Commerzbank | |
Großbritannien | |
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