Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Datenflut nach den Bostoner Bomben: Alle werden zu Ermittlern
> Das FBI bat die Bevölkerung um Foto- und Videoaufnahmen rund um das
> Bostoner Attentat. Was passiert mit dieser riesigen Datensammlung?
Bild: Alles im Blick, alles weitergegeben, und jetzt?
BERLIN taz | Der Bostoner Marathon zählt zu den am meisten fotografierten
Sportveranstaltungen der Welt, schließlich gehört er zu den
traditionsreichsten Laufveranstaltungen dieser Art. Dieser Umstand ist für
die mehr als 1.000 Ermittler aus 30 US-Bundesstaaten ein Glücksfall, wenn
es um die Aufklärung des Bombenattentats vom Montag geht.
Nicht nur klassische Hinweise wurden gesammelt, das FBI bat auch um das
Einsenden von Handyvideos und Fotoaufnahmen. „Keine Information oder kein
Detail ist zu klein“, hieß es in einer [1][Pressemitteilung] der
ermittelnden Behörden. Jegliches Material sollte per E-Mail an die Beamten
geschickt werden.
Bis Mittwoch waren nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa 2.000 Hinweise
eingegangen, bereits am Dienstag [2][teilte der Boston Globe mit], dass die
Beamten tausende von Fotos und Videos nach Anzeichen der Bombenleger
auswerteten. Für Markus Beckedahl, Netzaktivist und Gründer des Blogs
[3][netzpolitik.org], „ist es nur zeitgemäß, dass heute Zeugenberichte auch
mit Hilfe der digitalen Medien erstellt werden.“ Die entscheidende Frage
sei, was mit den Daten passiere, „vor allem ob die Verdächtigen – so wie
das in Deutschland der Fall sein muss – über die Speicherung informiert
werden.“
In den USA sei es zumindest üblich, dass Verdächtige, die vor ein Gericht
kommen, Zugang zu den Beweisen bekämen, sowohl zu den be- wie auch
entlastenden. Das bestätigt in einer taz-Anfrage Dave Maass von der
[4][Electronic Frontier Foundation] (EFF), einer US-amerikanischen NGO, die
sich den Bürgerrechten im Internet widmet. Allerdings fügt deren
Pressesprecher auch hinzu, „wenn jemand verdächtig ist, aber sich später
als unschuldig herausstellt oder aus welchem Grund auch immer nicht
angeklagt wird, dann ist es möglich und wahrscheinlich, dass sie vielleicht
nie erfahren, ob Daten über sie gespeichert wurden.“
## EFF äußert Bedenken zur Datensammlung
Im speziellen Fall der Bostoner Anschläge soll das Crowdsourcing von
Informationen dazu beitragen, dass die Ermittler ein besseres Bild
erhalten. Verbunden mit der Hoffnung, dass diese Hinweise dazu beitragen
verdächtige Personen zu finden. In der Tat sei das nicht viel anders als
die Sammlung von Beweisen in jedem anderen Strafverfahren, so Maass.
Allerdings habe die EFF Bedenken, „wie lange das FBI vorhat all diese
Informationen zu sammeln und wegen des Potenzials, die Daten für
Untersuchungen jenseits der Tätersuche zu verwenden.“
Des Weiteren gibt Maass zu, dass „diese Untersuchung das Niveau der
institutionellen Überwachung hebt, die wir als Gesellschaft entwickelt
haben.“ Gleichzeitig zeigen die Vorgänge aber auch die derzeitigen Grenzen
der Technologie. „Denn trotz Überwachungskameras,
Gesichtserkennungssoftware und Funkzellenüberwachung muss das FBI weiterhin
die Verdächtigen identifizieren“, stellt Maass fest.
Beiläufig nimmt die „crowd“ den Beamten etwas Ermittlungsarbeit ab. Die
Unterstützung geht derweil sogar so weit, dass am Mittwoch auf
Privatinitiative ein spezielles Portal, [5][bostontips.org], zur
Datenübermittlung an die Polizei gestartet wurde. Dies sei ein guter
Service, so Beckedahl, „der eigentlich von der Polizei angeboten werden
müsste.“ Wer hinter der Seite steckt ist nicht bekannt, da weder ein
Impressum noch eine Kontaktmöglichkeit vorhanden sind. Auch die Daten bei
der Domain-Vergabestelle sind anonymisiert. Dies macht auch eine Bewertung
schwierig und es bleibt unklar, inwiefern Daten auf dem Server
zwischengespeichert werden und gegebenenfalls zweckentwendet werden.
Wozu das planlose Veröffentlichen von Aufnahmen führen kann zeigt die
Hexenjagd einiger Internet-Communities, beispielsweise beim Imageboard
[6][4Chan]. Als Tatverdächtiger wurde dort ein Mann in blauer Jacke und
Rucksack benannt. Auf anderen Portalen waren mal [7][zwei Männer in
Armeekleidung], mal [8][zwei Jungs in Trainingsanzügen] suspekt. Wie sich
aber nach den [9][neuesten Entwicklungen] herausstellte, waren all diese
Mutmaßungen falsch.
19 Apr 2013
## LINKS
[1] http://www.fbi.gov/boston/press-releases/2013/fbi-assists-boston-police-dep…
[2] http://www.boston.com/news/local/massachusetts/2013/04/16/investigation-mou…
[3] http://www.netzpolitik.org/
[4] https://www.eff.org/
[5] http://www.bostontips.org/
[6] http://futurezone.at/digitallife/15299-4chan-will-boston-bomber-identifizie…
[7] http://littlegreenfootballs.com/page/296232_Reddit_and_4chan_Working_to_ID
[8] http://patdollard.com/2013/04/report-these-are-the-photos-of-the-boston-bom…
[9] http://www.fbi.gov/news/updates-on-investigation-into-multiple-explosions-i…
## AUTOREN
Marco Fieber
## TAGS
Boston Marathon
Bombenanschlag
Terroranschlag
Boston Marathon
Boston
Schwerpunkt Überwachung
Boston
Boston Marathon
Boston
Boston Marathon
Boston
Boston
## ARTIKEL ZUM THEMA
Boston-Anschlag im Netz: Strunzdummer Schwarm
Ein seit März verschwundener US-Student wurde zu Unrecht verdächtigt, mit
dem Boston-Anschlag zu tun zu haben. Nun wurde er tot aufgefunden.
Attentat von Boston: Anklage gegen Zarnajew erhoben
Gegen den schwer verletzten Terrorverdächtigen von Boston ist Anklage
erhoben worden. Der Prozess soll vor einem zivilen Gericht stattfinden.
Überwachung auf der Straße: „Die Kamera ist keine Wunderwaffe“
Innenminister Friedrich will nach Boston mehr Videokameras in Deutschland.
Der Datenschützer Thilo Weichert sagt, mehr Überwachung führt zu mehr
Kriminalität.
Bombenanschlag von Boston: Unklares Motiv
Nach der Festnahme des mutmaßlichen Attentäters Dschochar Zarnajew geht die
Polizei von keinen weiteren Tätern aus. Sein Bruder war schon 2011 im
Visier des FBI.
Anschlag in Boston: Verdächtiger im Netz
Nach Tagen im Belagerungszustand atmet Boston auf. Der zweite Verdächtige
für den Anschlag auf den Marathon befindet sich in Polizeigewahrsam.
Fahndung nach Bombenlegern: Terroristen-Jagd durch Boston
Bei Suche nach Bombenlegern von Boston wird ein Mann getötet, ein weiterer
ist auf der Flucht. Verdächtige stammen aus Süd-Russland und wuchsen in den
USA auf.
Bauanleitungen für Sprengsätze im Netz: Bomben in Schnellkochtöpfen
Sowohl Islamisten als auch Maoisten benutzten für Anschläge Bomben wie die
in Boston. Anleitungen findet jeder im Internet.
Nach den Anschlägen von Boston: „Jemand weiß, wer das getan hat“
Das FBI fahndet nach den Tätern von Boston, Reste von schwarzen
Nylon-Taschen und von Schnellkochtöpfen sind die heißesten Spuren. Die drei
Toten wurden inzwischen identifiziert.
Der Terror von Boston im Netz: Quellen und Spekulationen
Die Angst vor der Rückkehr des Terrors und reichlich Unklarheit über die
Täter: Wie die Anschläge von Boston im Internet aufgearbeitet werden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.