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# taz.de -- Die Wahrheit: Der Hund war anderer Meinung
> „Haben Sie im Urlaub Haschisch oder Marihuana konsumiert?“, fragt Matula.
> „Äh, nein“, antworte ich.
Bild: Auslöser des Hasses: Maultasche.
Ich steige also aus dem Flugzeug aus Valencia, gehe ein paar Meter über das
Rollfeld zum putzigen Provinzflughafengebäude und bekomme, kurz vor der
Gepäckausgabe, die feuchte Schnauze eines deutschen Schäferhundes in den
Schritt gerammt. Andere Passagiere hat das Tier passieren lassen, mich
lässt er auf den Rammbock seines Riechers auflaufen.
„Du bist ein gaaanz Lieber“, sage ich, aber es nützt nichts. Der Hund ist
dienstlich hier, trägt ein Leibchen mit der Aufschrift „ZOLL“. Ein paar
Meter weiter wartet ein Zivilfahnder, Typ Matula, der sich durch das
dezente Vorzeigen einer Marke als Kollege des Köters ausweist: „Haben Sie
im Urlaub Haschisch oder Marihuana konsumiert?“ – „Äh, nein!“ – „D…
ist aber anderer Meinung.“ – „Tja, dann steht da wohl Aussage gegen
Aussage, haha.“ Matula verzieht keine Miene. Nachdem das Tier mich ein
weiteres Mal beschnuppert hat, diesmal deutlich gelassener, darf ich
überraschend unbehelligt meiner Wege gehen.
Seit dieser Szene, es war im Dezember, wurmte mich dieses herablassende
„Der Hund ist aber anderer Meinung“. Vor allem, weil der Hund mit seiner
Meinung natürlich goldrichtig lag. Meine Antwort hätte streng genommen
nicht „Äh, nein!“, sondern „Sowohl als auch und von früh bis spät!“ …
sollen. Und was der Beamte sagen wollte, war: „Ich weiß, dass Sie lügen,
kann aber nichts dagegen tun.“
Gestern nun stand wieder ein Rückflug aus Valencia an, gleiche Fluglinie,
gleicher Flughafen. Mit dem Unterschied, dass ich erstens seit einer Weile
glühender Anhänger jener Sekte bin, die sich vom Nichtrauchen das ewige
Leben verspricht. Zweitens reiste ich in Begleitung eines aufreizend
unschuldigen Kleinkindes. Und drittens wollte ich diesmal kontrolliert
werden wie ein Schwarzfahrer, der ausnahmsweise mit Ticket unterwegs ist.
Um es dem Hund zu erleichtern, trug ich mikroskopische Haschkrümel in der
Hosentasche. Diesmal würde ich antworten: „Sowohl als auch, Herr
Wachtmeister, das Haschisch dort kommt so frisch aus dem Enddarm eines
Schmugglers, dass ich beim Schnuppern erstmals begriffen habe, warum man es
auch Shit nennt!“
Ich malte mir aus, wie ich einer Leibesvisite unterzogen werden würde,
während mein weinendes Kind von einer hartherzigen Matrone beaufsichtigt
wird – und ich diese obrigkeitsstaatliche Entwürdigung insgeheim mit dem
Handy filme. Ich malte mir die Wellen aus, die das schlagen würde, von
YouTube über Auftritte in Talkshows („Ich hatte Todesangst, Herr Jauch!“)
bis hin zu einer Änderung des Betäubungsmittelgesetzes. Yeah.
Ich steige also bei der Ankunft aus dem Flugzeug – und werde von dem Hund
behandelt, als wäre ich Luft. Eine Unverschämtheit. Ich gehe ganz dicht an
Matula vorbei – er beachtet mich nicht. Eine Falle? Kurz vor der niedrigen
Zollschranke dann von hinten doch noch der Zuruf: „He! Sie! Halt!“ Endlich!
Ich drehe mich langsam um, und der Beamte deutet freundlich auf meine
Tochter, die wie eine flügellose Putte pausbäckig auf meinen Schultern
thront: „Passen Sie auf, dass Ihr Kind sich nicht den Kopf stößt“.
26 Apr 2013
## AUTOREN
Arno Frank
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