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# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: Prediger am Spielfeldrand
> Nach Uli Hoeneß' Fall werden im Fußball weiter wohlfeile Tugendreden
> geschwungen. Überall sind Moralapostel unterwegs.
Bild: Ehrenwerter Fußballpräsident: Silvio Berlusconi im Heino-Look
Es ist eine bemerkenswerte Tugenddebatte rund um Uli Hoeneß entbrannt. Das
Entsetzen kennt in der Bundesliga keine Grenzen. Der oberste Tugendwächter
hat sich diskreditiert. Und schon drängen sich die vielen anderen
ambitionierten Prediger aus der Branche an die Kanzel.
Um Jahre sieht der frühere DFB-Präsident Theo Zwanziger den deutschen
Fußball durch die Steueraffäre von Uli Hoeneß zurückgeworfen. Und er
stellte die rhetorische Frage in den Raum: „Wer kann denn in Asien, Afrika
oder in den anderen Konföderationen jetzt noch ernsthaft glauben, dass die
Deutschen sauber sind?“
Als wäre mit dem deutschen Fußball eine moralische Instanz ins Wanken
geraten, ähnlich der katholischen Kirche, deren Glaubwürdigkeit durch
zahllose Fälle sexuellen Missbrauchs untergraben wurde. Mittlerweile geht
es den zahlreichen Moralaposteln des deutschen Fußballs aber nicht mehr nur
um die Zockermillionen von Uli Hoeneß. Seines Betrugs am Gemeinwesen haben
sich nun auch die Politiker dankbar angenommen, die vom sauberen Sportsmann
Hoeneß regelmäßig die Leviten gelesen bekamen.
„Pfui Teufel“, schallt es dem FC Bayern nun von den Sittenlehrern aus der
Liga entgegen, weil der Klub nach der Vertragsverpflichtung von Mario Götze
nicht sogleich Borussia Dortmund über den Transfer verständigt hatte.
Christian Heidel, der Manager von Mainz 05, urteilte moralinsauer: „Wie
sich die Bayern derzeit verhalten, ist nicht würdig für einen deutschen
Meister.“ Als ob der höchste Fußballadel im Lande ganz besonders zur
Achtung höher stehender Werte verpflichtet wäre. Das ist natürlich
scheinheiliger Unfug.
## „Fair Play“ und „Respect“
Letztlich tritt auch Heidel mit seiner Kritik in die Fußstapfen von Hoeneß
und vieler anderer Fußballfunktionäre, die glauben machen wollen, der
Fußball tauge als Blaupause für eine bessere Welt. „Fair Play“ und
„Respect“ heißen etwa die schlichten, zum allgemeinen Glück fürhrenden
Losungen, mit denen Werbebanden und Mittelfeldkreise vor Spielbeginn
geschmückt werden. Nur wenn sich die Nazis allzu laut bemerkbar machen,
rückt man ab vom Glauben an die gute Parallelwelt. Dann heißt es plötzlich
kleinlaut, der Fußball sei nur ein Spiegel der Gesellschaft.
Aber auch die kriminelle Energie der Verantwortungsträger in dieser
Gesellschaft spiegelt sich unverhohlen im Fußball. Uli Hoeneß steht ja
beileibe nicht allein auf weiter Flur. Die Bösewichte sind hinlänglich
bekannt: Silvio Berlusconi, der Präsident des AC Mailand, hat sich schon
etliches zuschulden kommen lassen – auch Steuerhinterziehung. Erst vor
einem halben Jahr wurde er in erster Instanz zu vier Jahren Haft
verurteilt. Auch in Fifa-Kreisen kennt man sich bestens aus mit illegaler
Geldvermehrung. Die Namensliste würde den Rahmen hier sprengen.
Eine gewisse Skrupellosigkeit hilft immer im kapitalistischen Wettbewerb.
Dass auch der spendierfreudige Uli Hoeneß sich entsprechend verhält, sollte
schon länger bekannt sein, war Hoeneß doch zum Beispiel in die Kirch-Affäre
verwickelt. Der FC Bayern ließ sich damals stillschweigend
Sondervergütungen von dem Medienmogul zusichern.
Auch im Falle Götze verhält sich der Verein nicht anders als in den Jahren
zuvor. Der Klub nutzt wie jedes Wirtschaftsunternehmen seine
Standortvorteile aus und schwächt die Konkurrenz, wo es nur geht. Warum
soll das akzeptabler sein, wenn es zuvor angekündigt wird? Mit Benimmregeln
wird man nichts Grundsätzliches verändern.
Es ist noch nicht lange her, da lobte Hoeneß Heidel. Er sei ein Schlawiner,
schlau und gehe an die Grenzen. Was er damit wohl gemeint hat?
26 Apr 2013
## AUTOREN
Johannes Kopp
## TAGS
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Moral
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Uli Hoeneß
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