| # taz.de -- Wahl in Island: Deutlicher Rechtstrend | |
| > Die regierenden Sozialdemokraten müssen eine herbe Wahlschlappe | |
| > einstecken. Neu im Parlament vertreten ist die isländische Piratenpartei. | |
| Bild: Johanna Sigurdardottir ist wohl die längste Zeit Regierungschefin gewese… | |
| REYKJAVIK rtr | Island steht nach der Parlamentswahl vor einem | |
| Machtwechsel. Nach Auszählung von zwei Drittel der Stimmen lagen die | |
| Mitte-Rechts-Parteien am Sonntagmorgen deutlich vor den regierenden | |
| Sozialdemokraten. | |
| Stärkste Kraft wurde demnach die Unabhängigkeitspartei mit 26,5 Prozent. | |
| Damit hat ihr Vorsitzender Bjarni Benediktsson die besten Aussichten, | |
| Ministerpräsident zu werden. Regierungschefin Johanna Sigurdardottir, die | |
| das Land nach der Finanzkrise und dem Bankenkollaps vor rund fünf Jahren | |
| wieder stabilisierte, erlitt dagegen eine herbe Niederlage. Vor allem ihrem | |
| Sparkurs und dem Streben nach einem EU-Beitritt erteilten die Wähler eine | |
| Absage. | |
| Die Unabhängigkeitspartei von Benediktsson dürfte wohl mit der | |
| Fortschrittspartei eine Koalition bilden. Den vorläufigen Zahlen zufolge | |
| kommen beide zusammen auf 48,5 Prozent und damit auf 37 der 63 | |
| Abgeordnetensitze. Beide waren bis zur isländischen Finanzkrise 2008 nahezu | |
| 30 Jahre lang in der Regierung gewesen, häufig in gemeinsamen Koalitionen. | |
| Die Fortschrittspartei kommt auf 22 Prozent, die Sozialdemokraten auf | |
| lediglich 13,5 Prozent und neun Sitze im Parlament. | |
| Nach den Hochrechnungen sind außerdem die Grünen im Parlament vertreten. | |
| Der isländischen Piratenpartei ist es knapp gelungen, das erste Mal | |
| überhaupt in ein nationales Parlament einzuziehen. Sie dürfen wohl auf 3 | |
| Sitze hoffen. | |
| Wahlsieger Benediktsson versprach einen Kurswechsel. „Wir bieten einen | |
| anderen Weg, einen Weg der zu Wachstum, zu sozialer Sicherheit, mehr | |
| Sozialleistungen und mehr Arbeitsplätzen führt“ sagte der 43-jährige | |
| Ex-Fußballprofi der Nachrichtenagentur Reuters. Seine Partei wolle die | |
| Steuern senken und den Lebensstandard erhöhen. Zudem kündigte er harte | |
| Verhandlungen mit den ausländischen Gläubigern der zusammengebrochenen | |
| Banken an. Diese müssten sich auf erhebliche Abschreibungen einstellen. | |
| Nach einer Liberalisierung des Bankensektors hatte sich die Insel im | |
| Nordatlantik mit ihren 320.000 Einwohnern vor zehn Jahren zu einem | |
| europäischen Finanzzentrum entwickelt. Die Geldhäuser lockten mit hohen | |
| Renditeversprechen vor allem Anleger aus Großbritannien und den | |
| Niederlanden an. Doch in der globalen Finanzkrise brach auch der | |
| überdimensionierte Bankensektor in Island zusammen. Die Institute | |
| Landsbanki, Kaupthing und Glitnir kollabierten kurz nacheinander und | |
| brachten das Land im Oktober 2008 an den Rand der Staatspleite. | |
| Mit einem harten Sparkurs, der vom Internationalen Währungsfonds (IWF) als | |
| beispielhaft gewürdigt wurde, gelang es den Sozialdemokraten, das Land aus | |
| der Krise zu führen. Doch Steuererhöhungen und ein nachsichtiger Umgang mit | |
| den ausländischen Gläubigern sowie steigende Staatschulden und eine Reihe | |
| politischer Schnitzer kosteten sie Popularität. | |
| 28 Apr 2013 | |
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