# taz.de -- Musik-Tagung „Operation Ton“: Großes Homie-Gebrabbel | |
> Das Motto „Her mit der Utopie“ übernahm die 7. „Operation Ton“-Konfe… | |
> von Bernadette la Hengst. Und auch sonst ging es zitatreich zu. | |
Bild: Auf der Hamburger Konferenz „Operation Ton“ wurde diesjährig auf die… | |
Der Berliner DJ Touchy Mob erklärt, wie Crowdfunding funktioniert. „Lustig | |
gewinnt“, ist seine feste Überzeugung, und dass da etwas dran ist, wird | |
klar, als er die Belohnungen für die Spender seiner letzten EP vorliest. | |
Für 5 Euro konnte man seine Katze zum Aufpassen vorbeibringen. | |
Für 40 Euro gab es einen Haarschnitt von seiner EP-Partnerin Tellavision. | |
Als das Publikum sich schon vor Lachen auf die Schenkel schlägt, erklärt | |
Ludwig Plath alias Touchy Mob noch den Begriff des Homie-Gebrabbels: „Das | |
ist das, was man auf Rapsongs im Hintergrund hört, die ganzen Stimmen der | |
Freunde, die etwas in die Aufnahme rufen.“ | |
Auch im Konferenzraum [1][der Operation Ton] ist Homie-Gebrabbel angesagt. | |
Es herrscht eine lockere und unprätentiöse Gesprächsatmosphäre. Man kennt | |
sich, erzählt, woran man gerade arbeitet, ob bei Schnittchen in der Pause | |
oder auf der Rednerbühne. | |
Dabei wird auf die großen Theorien und abstraktes Geschwafel verzichtet, | |
ohne dass Visionäres und Nachdenkliches zu kurz kommt. „Her mit der | |
Utopie“, das diesjährige Motto nach dem gleichnamigen Song von | |
[2][Bernadette La Hengst], trifft auf den Schlachtruf des veranstaltenden | |
[3][Vereins Rockcity e. V].: „Keep Hamburg weird!“ | |
## Flipchart und Snares | |
So kommt nach der Social-Media-Expertin der Schlagzeugvirtuose Sven Kacirek | |
auf die Bühne, schnappt sich Flipchart und Snares und erklärt, wie man „vom | |
Medium Jazz weg- und hin zu coolen Beats“ kommt. „Wenn’s zu nerdig wird, | |
einfach Bescheid sagen“, sagt er besorgt, als er die Snares gerade mit | |
Plastiktüte und Glasschale abgedeckt und mit Kontaktmikrofon ausgestattet | |
hat. | |
Aber ein Blick in die faszinierten Gesichter verrät, dass es gar nicht | |
nerdig genug werden kann. Überboten wird er in Sachen Weirdness noch von | |
Leafcutter John, der eine Box mit Lichtsensoren gebaut hat, die an | |
verschiedene Sounds auf dem Computer gekoppelt ist. Er spielt wild mit | |
Taschenlampen und Fahrradlicht darauf herum, und es scheppert und klingt | |
und wummert. | |
„Hier mischt sich Information mit Irritation“, erklärt Andrea Rothaug, | |
Rockcity-Geschäftsführerin und selbst durch und durch der Szene | |
verschrieben, das Konzept. Sie war genervt von ewig gleichen | |
Musikkonferenzen, auf denen Musiker, die etwas lernen und inspiriert werden | |
wollten, am Ende nur wieder als die Dummen dastanden, die die | |
Musikbiz-Stars auf der Rednerbühne beklatschen mussten. | |
So fand 2006 das erste Mal „Operation Ton“ statt. „Gebt uns doch mal was | |
Praktisches mit auf den Weg“, ermahnt Rothaug etwa das Managerpanel, als es | |
zu sehr ins Schwelgen über alte Zeiten mit üppigen Plattendeals gerät. | |
## Tipps und berufliche Werdegänge | |
Der Geist aber dürstet dann und wann nach Worten, die größer klingen als | |
Tipps und berufliche Werdegänge. Er bekommt sie schließlich von Robert | |
Levine, Publizist und Urheberrechtsverfechter, der wenig kontrovers von dem | |
GEMA-Aufsichtsratvorsitzenden Frank Dostal befragt wird. | |
Die Wünsche der Anti- und Pro-Urheberrechtler liegen gar nicht so weit | |
auseinander, so Levines Message. Beide wollten selbst darüber bestimmen, | |
was mit ihrer Kunst passiert. Vielmehr seien es antikapitalistische | |
Haltungen und das Ablehnen von großen Firmen wie der GEMA, die in der | |
Copyrightdebatte eine Rolle spielen und die Urheberrechtsverfechter als so | |
wahnsinnig unsexy daherkommen lassen. | |
Im Übrigen solle man sich gut überlegen, an wen man die Rechte an der | |
eigenen Musik abtritt. Denn die Verwerter seien leider nicht nur begabte, | |
kreative Menschen, die großartige Remixe produzieren. Fast schade, dass | |
nicht Thomas Meinecke, Publizist und Mitglied der Band FSK, sein | |
Gesprächspartner ist. Der nämlich redet am nächsten Tag über den Irrtum von | |
Authentizität und begreift Pop als eine Haltung, die ihre Künstlichkeit und | |
Zitathaftigkeit nicht hinter Originalitätsbehauptungen versteckt. | |
Pop benutzt das Bewusstsein, dass alles schon einmal gemacht wurde, als | |
ästhetischen Anreiz, erklärt Meinecke und erzählt von seiner 1980 | |
gegründeten, mittlerweile bei Buback unter Vertrag stehenden Band FSK. | |
Diese mache „Musik über Musik“. | |
Als dann auch noch die zu kurz gekommenen Genderthemen angesprochen werden | |
– Gesprächspartnerin DJ Patex erklärt, wie sehr sie die Frage, wie es ihr | |
„als Frau“ im Musikbiz gehe, nervt –, hängen endgültig alle den beiden … | |
den Lippen. Dann ist der Rednerslot und mit ihm bald die Konferenz, vorbei | |
– dabei ist die Tür zum Diskurs gerade erst aufgemacht worden. | |
28 Apr 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://operationton.de/op/ | |
[2] http://lahengst.com/ | |
[3] http://www.rockcity.de/rc/ | |
## AUTOREN | |
Carla Baum | |
## TAGS | |
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