# taz.de -- Kommentar zur Regierungsbildung in Italien: Der römische Albtraum | |
> Der wahre Albtraum steht Italien womöglich erst noch bevor. Berlusconi | |
> nämlich hat realistische Chancen, die nächsten Wahlen zu gewinnen | |
Sie scheinen in ferner Vergangenheit zu liegen, die Tage im November 2011, | |
als Silvio Berlusconi unter Schimpf und Schande aus der Regierung schied, | |
als tausende Menschen mit Johlen und Pfeifkonzerten seinen Abschied | |
feierten. Endgültig erledigt schien er damals, und seine Partei stürzte auf | |
unter 10 Prozent ab. | |
Doch jetzt ist Berlusconi wieder da. Er darf nicht nur für sich | |
reklamieren, den als Chef der Partito Democratico (PD) zurückgetretenen | |
Pierluigi Bersani erledigt und damit binnen den vergangenen knapp 20 Jahren | |
fast das Dutzend der gegen ihn schmachvoll untergegangenen Anführer der | |
Linken vollgemacht zu haben. | |
Beanspruchen darf Berlusconi vor allem, seine Wunschlösung – die Koalition | |
mit der PD – erreicht zu haben. Staatspräsident Napolitano ebenso wie die | |
meisten Zeitungen Italiens reden diese Lösung jetzt schön: Das sei halt | |
eine große Koalition, wie sie anderswo ja gerade in Krisenzeiten doch auch | |
gang und gäbe sei. | |
Das Gegenteil ist wahr: Mit Berlusconis Rückkehr ins Zentrum der Macht wird | |
die Anomalie der italienischen Demokratie zementiert, die Anomalie einer | |
Demokratie, deren stärkster Politiker weiterhin nicht nur seine | |
Interessenkonflikte mit sich herumschleppt, sondern der dazu noch einen | |
ganzen Strauß von Prozessen – wegen Steuerhinterziehung, wegen Förderung | |
der Prostitution Minderjähriger und einigem mehr – am Hals hat. | |
Und der wahre Albtraum steht Italien womöglich erst noch bevor. Berlusconi | |
nämlich hat realistische Chancen, nach einem Scheitern der Regierung Letta | |
– das er selbst jederzeit dekretieren kann – die nächsten Wahlen zu | |
gewinnen und sich dann als Nachfolger Giorgio Napolitanos zum | |
Staatspräsidenten küren zu lassen. Die Berlusconisierung des Landes wäre | |
damit perfekt – ebenso wie der Untergang der italienischen Linken. | |
28 Apr 2013 | |
## AUTOREN | |
Michael Braun | |
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