# taz.de -- Hoeneß' „Zeit“-Interview: Gebeichtet – und gut ist | |
> Katholisch untermauerte Privatmoral: Uli Hoeneß gibt der „Zeit“ ein | |
> Interview – und spricht sich dabei von seinen Sünden frei. | |
Bild: Sag noch einer, Beten helfe nicht | |
Er ist ein Konservativer, das hat er oft und gerne von sich gesagt, | |
Katholisch ist er auch, darüber ist viel geschrieben worden. Wie katholisch | |
er lebt, weiß man nicht. Ob er regelmäßig den Gottesdienst besucht, das | |
Sakrament der Kommunion empfängt, beichtet – man weiß es nicht. | |
Über Gott und sein Verhältnis zu ihm hat sich Uli Hoeneß auch nicht im | |
[1][Gespräch mit der] [2][Zeit] geäußert. Und doch scheint in dem Text ein | |
Weltbild durch, wie es sich viele Katholiken zurechtzimmern. Sündigen, | |
beichten und alles ist wieder gut. Am Ende ist alles Sündige nur menschlich | |
und schon entschuldigt, wenn man es nur zugibt. | |
Als kleines Kind lernt man das Beichten. Erst wenn man das beherrscht, darf | |
man zur Kommunion. Man muss seine Verfehlungen gestehen und gerne wird | |
erzählt, wie sich die kleinen Buben und Mädchen kleine Sünden ausdenken, | |
damit sie nicht mit leeren Händen in den Beichtstuhl kommen. Und so mancher | |
Pfarrer wird seine Zweifel haben, ob wirklich so viel Kleingeld aus | |
elterlichen Portemonnaies geklaut wird. Egal. | |
Drei Vaterunser und fünf Ave Maria gibt er den Kindern zum Beten auf und | |
dann ist alles wieder gut. Der Pfarrer spricht die kleinen Sünderlein von | |
der Schuld frei. Aber hilft ihnen das wirklich? Klar, sie dürfen jetzt vom | |
Leib Christi kosten. Aber die Diskussion mit den Eltern, die kann der | |
Pfarrer den Kindern nicht nehmen. Und so stampft manch sündiges Kind mit | |
dem Fuß auf den Boden, weil es sich ungerecht behandelt fühlt: Hausarrest! | |
Dabei hatte es doch gebeichtet. | |
## Das Heft des Handelns | |
Auch Uli Hoeneß verhält sich wie ein kleines, im katholischen Kinderglauben | |
aufgewachsenes Kind. Er hat sich für die Beichte entschieden, hat gesagt, | |
dass es ihm leid tut, betet eine Litanei von Scham und Selbstzweifel („Ich | |
schlafe schlecht und schwitze“) herunter und ist sich sicher, dass dann | |
alles wieder gut ist. Aber während die kleinen Kindersünderlein in einen | |
dunklen Kasten steigen müssen, in dem der Mann, dem sie sich anvertrauen | |
müssen, nicht zu sehen ist, lädt Uli Hoeneß seine Beichtväter (Hans Werner | |
Kilz, ein alter Münchner Bayernspezi übrigens, und Stephan Lebert) sowie | |
seine Beichtmutter (Cathrin Gilbert) in das Lieblingsséparée seines | |
Lieblingsrestaurants in München ein und macht so schon einmal klar, wer | |
hier das Heft des Handelns in der Hand hält. | |
Er wird sogar selbst zum Beichtvater. Er ist es, der die Schwere seiner | |
Sünde bemisst. Allzu schwer ist die natürlich nicht, schließlich war er als | |
krankhafter Zocker an der Börse nicht ganz Herr seiner Sinne. Das | |
Zockerkonto war in der Schweiz, und die Gewinne, die dort einliefen, hätte | |
er versteuern können, aber, so sagt er: „Ich habe nie unversteuertes Geld | |
in die Schweiz geschafft.“ | |
Und wenn sich herausstellen sollte, dass die Selbstanzeige nicht ganz | |
korrekt formuliert war, ja, dann kann er doch nichts dafür: „Sollte es | |
Fehler gegeben haben, dann kann ich doch nichts dafür.“ | |
## „Ich bin kein schlechter Mensch“ | |
Am Ende verlässt Hoeneß das Beichtséparée sogar noch und steigt, so wie er | |
es über Jahre gewohnt war, hinauf auf die Kanzel und predigt: „Ich habe | |
mich ausdrücklich gegen die Spekulation mit Nahrungsmitteln ausgesprochen. | |
Das finde ich skandalös, wenn auf dem Rücken hungernder Menschen | |
beispielsweise der Reispreis hochgetrieben wird.“ | |
Und wie viel Steuern Uli Hoeneß in seinem Leben gezahlt hat, das posaunt | |
der Präsident des FC Bayern auch noch hinaus: „50 Millionen Euro | |
mindestens.“ Amen. Kein Vaterunser, kein Ave Maria und schon gar nicht muss | |
er auf Knien um die Wallfahrtskirche kriechen. Uli Hoeneß spricht sich | |
selbst von seinen Sünden frei: „Ich bin kein schlechter Mensch.“ | |
Die organisierte Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland mit ihren | |
Regeln und Gesetzen hat in der Welt des Uli Hoeneß keinen Platz. Sie ist | |
etwas, was dem Guten und Wahren, wie er es sich zurechtgelegt hat, von | |
außen übergestülpt worden ist. Seine Absolution soll gelten, auch wenn er | |
dereinst doch verurteilt wird. Uli Hoeneß ist gewiss nicht der Einzige, in | |
Bayern schon gar nicht, der sich seine private, am besten noch katholisch | |
untermauerte Moral zurechtzimmert. | |
Die kleinen Katholikenkinder lernen früh, wie so etwas gehen kann. Wenn der | |
Vater ihnen eine kräftige Watschn verabreicht, weil sie der Mutter | |
Kleingeld aus dem Geldbeutel gestohlen haben, weiß der Vater sicher, dass | |
das vom Gesetz her verboten ist, und hat dennoch keinen Zweifel, dass | |
richtig ist, was er da tut. | |
2 May 2013 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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