# taz.de -- Kirchentags-Chefin über Politprominenz: „Hausverbote haben wir n… | |
> Ellen Ueberschär, Generalsekretärin des Kirchentags, über | |
> Parteiprominenz, den Besuch der Bundeskanzlerin und die | |
> bildungsbürgerliche Mitte. | |
Bild: „Politiker sind keine Maschinen, sondern Menschen mit bestimmten Überz… | |
taz: Fällt Ihnen ein Politiker ein, der die Einladung zum Kirchentag | |
abgelehnt hätte? | |
Ellen Ueberschär: Das gibt es natürlich. Wir haben Ablehnungen aus | |
Termingründen und solche aus inhaltlichen Gründen, weil man zu bestimmten | |
Themen nicht Stellung nehmen möchte. Aber in der Regel möchten | |
Politikerinnen und Politiker für ihre Politik werben. Insofern halten sich | |
die Absagen in Grenzen. | |
Wer war der letzte, der „Nein, danke“ hat? | |
Das kann man schlecht sagen. Wir fragen die Gründe nicht ab, wir machen ja | |
keine Gewissensprüfung. Wenn wir auf das Ganze gucken, haben wir nach dem | |
Parteienproporz eine gute Beteiligung der Politikerinnen und Politiker. Die | |
schützt auch ein bisschen davor, eine Wahlkampfveranstaltung für eine | |
bestimmte Partei zu werden. Das Interessante ist ja, dass Sie im linken | |
Spektrum, selbst in der Linkspartei, Menschen haben, die sagen: Ja, der | |
christliche Glaube ist eine Quelle für mein politisches Handeln. Solche | |
Leute haben Sie bei den Parteien mit dem C sowieso, aber die haben Sie auch | |
in der SPD. Und daraus entsteht eine interessante Debatte: Welche | |
Schlussfolgerungen ziehe ich aus der Nachfolge Jesu Christi? Was für ein | |
Gerechtigkeitsbegriff folgt daraus? | |
In der FDP scheint es weniger solcher Leute zu geben. | |
Das hängt damit zusammen, dass die FDP jetzt ihren Parteitag hat. Wir haben | |
sehr früh mit der Partei gesprochen und uns wurde gesagt, dass die Termine | |
kollidieren. | |
Gibt es einen Parteienproporz für die Podien? | |
Es gibt keinen Proporz, den wir zahlenmäßig genau aufschlüsseln, aber | |
natürlich ist es für jede Veranstaltung wichtig, das gesamte politische | |
Spektrum zu hören. Das verantwortet jede einzelne der – autonomen – | |
Vorbereitungsgruppen selbst. | |
Laufen hier nicht zwei Erwartungshaltungen aneinander vorbei? Die | |
Kirchentagsleute wollen annehmen, dass Glaube und Kirche für die Politik | |
relevant seien. Währenddessen freuen sich die Politiker auf ein | |
bildungsbürgerliches Publikum, das Angela Merkel und Peer Steinbrück | |
gleichermaßen beklatscht. | |
Das glaube ich nicht. Politiker sind keine Maschinen, sondern Menschen mit | |
bestimmten Überzeugungen, die auf der Suche danach sind, was die | |
Gesellschaft voranbringt – zumindest die allermeisten. Einen Resonanzraum | |
wie den Kirchentag finden sie ja kaum. Hier kann man auch mal nachdenken, | |
jenseits von Wahlkampfthemen und Partei-Interessenskollisionen. Und Leute, | |
die ich für gute Politiker halte, probieren mal eine These aus. Inwieweit | |
sich das in konkrete Politik umsetzt, liegt natürlich nicht in unserer | |
Hand. | |
Trotzdem, wenn man das Programm liest, ist da eine gewisser links-liberaler | |
Drall. | |
Bei den Anfragen hält es sich die Waage. Wer zusagt und den Kirchentag als | |
Ort für sich nutzt, ist noch einmal eine andere Frage. Ich beobachte, dass | |
sich das politische Spektrum in Deutschland verändert und damit auch der | |
Kirchentag: Eine gewisse bildungsbürgerliche Mitte ist stark präsent und | |
damit auch das entsprechende politische Spektrum. Aber es geht auch ins | |
Konservativ-Liberale. Die Zeiten, wo man den Kirchentag auf das | |
Links-Liberale reduzieren konnte, sind vorbei. | |
Angela Merkel war Gast auf dem Kirchentagspodium. Schmückt man sich jetzt | |
mit der Kanzlerin? | |
Leute wie Sven Giegold oder Katrin Göring-Eckardt waren auf dem Kirchentag | |
lange bevor ein Mensch wusste, dass sie überhaupt Politik machen. Insofern | |
ist das kein Einsammeln von Lorbeeren, die andere gesät haben. | |
Laden sich Politiker auch selbst ein? | |
Ja, aber wir haben unsere Prinzipien. Es gibt ehrenamtliche | |
Projektleitungen, die vom Präsidium eingesetzt werden. Und wenn von dieser | |
Stelle aus gesagt wird: Wir wollen aber diese oder jene Person und nicht | |
den Politiker, der glaubt, etwas dazu zu sagen haben, dann ist das so. Das | |
ist für uns manchmal schwierig zu erklären. Da machen wir uns nicht immer | |
nur Freunde. | |
Hat die Kirchentagsleitung schon einmal gesagt: „Den laden wir nie wieder | |
ein?“ | |
Da der Kirchentag nur alle zwei Jahre ist, gibt es immer einen Kirchentag | |
in der Wahlkampfzeit und einen in der Legislaturperiode. Insofern sind die | |
Interessenkonstellationen immer andere. Jemand, der wirklich auf Wahlkampf | |
eingestellt ist, ist vielleicht beim nächsten Mal sachbezogen oder gar | |
nicht mehr da. Aber es gibt keine Hausverbote. | |
3 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Friederike Gräff | |
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