# taz.de -- Deutsche Islamkonferenz: Das Problem mit den Muslimhassern | |
> Die deutschen Behörden tun sich bislang schwer damit, gegen | |
> Islamfeindlichkeit vorzugehen. Bayern und Niedersachsen handeln jetzt. | |
Bild: Bayern stuft Islamfeindlichkeit jetzt auch offiziell als „neue Form des… | |
BERLIN taz | Fast jede Woche tritt Michael Stürzenberger irgendwo in der | |
Münchner Innenstadt auf und hetzt gegen Muslime. Derzeit sammelt er | |
Unterschriften für einen Volksentscheid, der ein geplantes Islamzentrum in | |
der bayrischen Hauptstadt verhindern soll. Mit Mikrofon, großen Gesten und | |
einer Hand voll Mitstreitern macht Stürzenberger Stimmung gegen den | |
geplanten Bau. | |
Doch es geht ihm um mehr, denn am liebsten würde er gleich den ganzen Islam | |
verbieten lassen. So steht es jedenfalls in einem Thesenpapier, dass der | |
Anti-Islam-Aktivist und ehemalige Pressesprecher der CSU-Abgeordneten | |
Monika Hohlmeier vor eineinhalb Jahren verfasste. | |
Darin forderte er eine Volksabstimmung mit dem Ziel, den Islam hierzulande | |
verbieten zu lassen. Sollten seine Pläne Erfolg haben, dann müssten | |
Muslime, die ihrer Religion nicht abschwören, aus Deutschland ausgewiesen | |
werden. | |
Stürzenberger ist eine zentrale Figur der antimuslimischen Szene in | |
Deutschland und nicht nur durch seine Kurzclips auf Youtube bundesweit | |
bekannt. Erst im Februar 2013 übernahm er in Bayern den Landesvorsitz der | |
rechtspopulistischen Kleinpartei „Die Freiheit“ und sitzt auch in deren | |
Bundesvorstand. Zugleich ist er in der rechten „Bürgerbewegung Pax Europa“ | |
aktiv. Außerdem ist er regelmäßiger Autor des Zentralorgans der | |
Muslimhasser in Deutschland, dem Blog „Politically Incorrect“, kurz | |
„PI-News“ genannt, der täglich von Zehntausenden gelesen wird. Vor allem in | |
den Kommentarspalten lassen hier viele ihren Hass- und Gewaltfantasien | |
freien Lauf. Muslime werden da als „Hinternhochbeter“ und „Pest“ | |
diffamiert, oder es wird von „Atombomben auf Mekka“ und „Arbeitslagern f�… | |
Konvertiten“ geträumt. | |
Muslimische Verbände fordern seit langem, dass solch radikale Islamfeinde, | |
wie bei anderen Extremisten üblich, vom Verfassungsschutz beobachtet | |
werden. Doch auch Integrationsforscher wie Klaus Bade und Politiker aller | |
Parteien unterstützen diese Forderung. „Wenn die Behörden ihre Maßstäbe a… | |
der Überwachung islamistischer Webseiten darauf übertragen, dann müssten | |
sie PI schon lange beobachten“, stellte der CDU-Politiker Ruprecht Polenz | |
bereits im Herbst 2011 fest. Doch die Behörden taten sich damit lange | |
schwer. | |
## Bayern beobachtet Blog „Politically Incorrect“ | |
Als erstes Bundesland ist jetzt Bayern vorgeprescht. Es stuft die | |
Islamfeindlichkeit jetzt auch offiziell als „neue Form des Extremismus“ | |
ein. Ende März gab Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bekannt, dass der | |
Landesverband der Partei „Die Freiheit“ und die Münchner Ortsgruppe des | |
Blogs „Politically Incorrect“ vom Verfassungsschutz seines Landes | |
beobachtet würden. Zwei Wochen später kündigte auch Niedersachsens neuer | |
Innenminister Boris Pistorius (SPD) an, der Verfassungsschutz seines Landes | |
werde Islamfeindlichkeit „zu einem Schwerpunkt seiner Arbeit machen“. | |
Andere Landesbehörden sind zurückhaltender oder prüfen noch. Der Chef des | |
Verfassungsschutzes, Hans-Georg Maaßen, sagte kürzlich auf einer Tagung, er | |
sehe derzeit keine Anhaltspunkte für eine Beobachtung von Hassseiten wie | |
PI-News. „In Deutschland darf man sagen, dass man den Islam nicht mag, | |
genauso wie man sagen darf, dass man das Christentum nicht mag“, sagte er. | |
Nicht alle sehen das so. Denn das propagandistische Dauerfeuer der | |
Muslimhasser, so klein die Szene auch sein mag, vergiftet das | |
gesellschaftliche Klima und schadet der Integration. Denn die Propaganda | |
wirkt. Erst jüngst hat eine Umfrage der Bertelsmann-Stiftung ergeben, dass | |
jeder zweite Deutsche den Islam für eine Bedrohung hält und findet, dass er | |
nicht nach Deutschland passt. | |
## „Vereinfachende Zerrbilder“ | |
In einer anderen Umfrage gaben 90 Prozent der Muslime an, dass sie darunter | |
leiden, aufgrund ihrer Religion pauschal mit Terrorismus in Verbindung | |
gebracht und allein aufgrund ihrer Herkunft ausgegrenzt zu werden. „Wie | |
soll man ein Gefühl der Zugehörigkeit und Zusammengehörigkeit entwickeln, | |
wenn die Mehrheitsgesellschaft einen ablehnt“, fragt sich Zekeriya Altug, | |
der Vorsitzende des türkisch-muslimischen Vereins Ditib in Hamburg. | |
Im vergangenen Dezember veranstaltete das Bundesinnenministerium deshalb im | |
Rahmen der Islamkonferenz in Berlin eine Fachtagung zum Thema | |
„Muslimfeindlichkeit“ – ein Signal um zu zeigen, dass die Politik das The… | |
ernst nimmt. Seit dem Massaker des norwegischen Rechtsradikalen Anders | |
Breivik im Sommer 2011 seien die deutschen Behörden für das Thema | |
sensibilisiert, erklärte Innenstaatssekretär Klaus-Dieter Fritsche (CSU) | |
dort. Gegen eine als Islamkritik verbrämte Muslimfeindlichkeit, die | |
„bewusst vereinfachende Zerrbilder“ produziere und den Islam mit einer | |
politischen Ideologie gleichsetze, helfe aber in erster Linie nicht der | |
Staat, sondern eine „Aufklärung und Sensibilisierung der Öffentlichkeit“. | |
Gegen Stürzenberger ermittelt indessen auch die Staatsanwaltschaft München. | |
Er muss sich vor Gericht verantworten, weil er bei einer Demonstration ein | |
Bild von Heinrich Himmler gezeigt haben soll. Dabei könnte es sich | |
allerdings um ein Missverständnis handeln. Denn der Islamgegner hatte das | |
Bild des SS-Führers nur gezeigt, um damit eine Parallele zwischen dem Islam | |
und der NS-Ideologie zu ziehen. Sich selbst sieht er darum allen Ernstes in | |
der Tradition antifaschistischer Widerstandsgruppen wie der „Weißen Rose“, | |
wie er dem erstaunten Richter erklärte. | |
7 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
## TAGS | |
Islam | |
Muslime | |
Islamfeindlichkeit | |
Internet | |
Islam | |
Islamkonferenz | |
Islamkonferenz | |
Integration | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Extremismus-Überwachung im Internet: Raus aus der Filterblase | |
Ein neuer Algorithmus soll dem Bremer Verfassungsschutz dabei helfen, | |
extremistische Strömungen und Gruppierungen zu überwachen. | |
Islamfeindlichkeit in Deutschland: Der Anti-Muslim | |
Er ist überzeugt, dass München kein Islamzentrum braucht. Im Laufe der | |
Jahre hat sich das einstige CSU-Mitglied Michael Stürzenberger | |
radikalisiert. | |
Junge Islamkonferenz: Kampf im Kopf | |
Bei der ersten Jungen Islamkonferenz versetzen sich junge BerlinerInnen in | |
die Rolle politischer Akteure – und gewinnen überraschende Erkenntnisse. | |
Kommentar Islamkonferenz: Friedrich ganz am Rande | |
Gehen CDU und CSU nun ernsthaft gegen antimuslimische Vorurteile vor? Kaum. | |
Vielmehr wird die politische Konkurrenz von rechts bekämpft. | |
Islamkonferenz mit Innenminister: Friedrich bleibt vage | |
Der Innenminister muss sich nach der Islamkonferenz Kritik gefallen lassen. | |
Er spreche das Thema Muslimfeindlichkeit zu wenig an, hieß es. | |
Sachbuch zur Integration: Auf Worte können Taten folgen | |
Der Migrationsforscher Bade beklagt, Medien und Politik hätten aus den | |
NSU-Morden und der Sarrazin-Debatte nichts gelernt. Das schade der | |
Integration. | |
Recht: Hassprediger kann kommen | |
Vor sieben Jahren wies Bremen einen Imam aus, weil dieser zu Gewalt | |
aufgerufen haben soll. Gestern stellte das Oberverwaltungsgericht fest, | |
dass dies rechtswidrig war. |