# taz.de -- Anklageverlesung im NSU-Prozess: Einziger Zweck: Töten | |
> Nach weiteren Verzögerungen im NSU-Prozess ist am Dienstag die Anklage | |
> gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Terrorhelfer verlesen worden. | |
Bild: Zschäpe habe für die Gruppe den „Anschein der Legalität“ erzeugt. | |
MÜNCHEN taz |Nach einwöchiger Pause ist am Dienstag in München der Prozess | |
gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer der Terrorgruppe NSU | |
fortgesetzt worden. Am Nachmittag des zweiten Prozesstags in dem wohl | |
bedeutendsten Neonazi-Verfahren der Bundesrepublik konnte endlich die | |
Anklage gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des NSU verlesen | |
werden. | |
Darin wirft die Bundesanwaltschaft Beate Zschäpe Mitgliedschaft in einer | |
Terrorgruppe und Mittäterschaft bei allen zehn Morden, zwei | |
Bombenanschlägen und fünfzehn Banküberfällen des NSU vor. | |
Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten im Lauf des Jahres 1998 | |
eine Terrorgruppe gegründet, „mit dem Ziel, aus der Illegalität heraus | |
durch Mord- und Sprengstoffanschläge ihre nationalsozialistisch geprägten | |
völkisch-rassistischen Vorstellungen von einem Erhalt der deutschen Nation | |
zu verwirklichen“, trug Bundesanwalt Herbert Diemer vor. | |
Zschäpe, die bei keiner der Taten selbst geschossen haben soll, habe für | |
die Gruppe den „Anschein der Legalität“ erzeugt, während Mundlos und | |
Böhnhardt mordeten. Die 38-Jährige habe als Gründungsmitglied einer Gruppe, | |
„deren einzige Zweckbestimmung die Tötung von Menschen war“, zu jeder der | |
Taten einen „gleichwertigen Beitrag geleistet“. Folgt das Gericht dem, muss | |
sie mit lebenslanger Haft rechnen. | |
## Ohne erkennbare Regung | |
Zschäpe verfolgte die Verlesung der Anklage ohne erkennbare Regung. Als | |
Bundesanwalt Diemer die Details jeder einzelnen Hinrichtung des NSU | |
zwischen 2000 und 2007 vortrug, wurde es still im Saal. | |
Bis dahin war der zweite Prozesstag äußerst zäh gewesen. | |
Zschäpe-Verteidiger Wolfgang Heer beantragte, das Verfahren auszusetzen. | |
Der Sitzungssaal sei zu klein und biete wegen der großen Zahl der | |
Nebenkläger nur 51 Zuschauern und weiteren 50 Journalisten Platz. Diese | |
könnten zudem nur Teile des Saals sehen. | |
Saal A 101 ist freilich der größte im Münchner Strafjustizzentrum. Doch | |
nach Ansicht der Zschäpe-Verteidiger hätte das Oberlandesgericht auch | |
außerhalb Münchens verhandeln können. Im World Conference Center etwa, wo | |
zu Bonner Hauptstadtzeiten der Bundestag seinen Sitz hatte. Das verwunderte | |
einige Nebenklagevertreter und auch die Vertreter der Bundesanwaltschaft, | |
droht in einer großen Halle doch ein Schauprozess. | |
Am Nachmittag entschied das Gericht: Der Antrag wird, wie auch zwei in der | |
Vorwoche gestellte Befangenheitsanträge, zurückgewiesen. Der Grundsatz der | |
Öffentlichkeit bedeute, dass jedermann die Chance haben müsse, den Prozess | |
zu beobachten – aber deshalb noch lange nicht jeder garantiert reinkomme, | |
so Richter Götzl. „Strafverfahren finden in der, aber nicht für die | |
Öffentlichkeit statt.“ | |
Götzl trat gestern deutlich forscher auf als noch in der vergangenen Woche. | |
Nach einer von mehreren Kabbeleien mit einem der Zschäpe-Verteidiger, ließ | |
er kurze Zeit später schließlich die Anklage verlesen. | |
In Kooperation mit Radio Lora München, [1][www.lora924.de] | |
14 May 2013 | |
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## AUTOREN | |
Wolf Schmidt | |
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