# taz.de -- Frankfurter OB über SPD und Grüne: „Steinbrück unterstützt un… | |
> Seit fast einem Jahr regiert Peter Feldmann (SPD) als Oberbürgermeister | |
> in Frankfurt am Main – gegen die schwarz-grüne Koalition im Rathaus. | |
Bild: Überraschend sozialdemokratisch: Frankfurt am Main | |
taz: Herr Feldmann, Sie sind nun seit fast einem Jahr Oberbürgermeister von | |
Frankfurt. Eine erste Bilanz? | |
Peter Feldmann: Es hat am Anfang besonders bei den Wahlverlierern emotional | |
gehakt. Dass ich als Außenseiter gewählt wurde, war nicht der Plan der | |
schwarz-grünen Koalition in Frankfurt … | |
… mit der Sie seither einen Machtkampf austragen – vor allem aus Gründen | |
der beidseitigen Profilierung? | |
Inhaltlich sind wir nicht so weit auseinander. Für meine Schwerpunktthemen | |
– der Wohnraum, der Kampf gegen Kinderarmut für ein würdiges Leben im | |
Alter, die Absenkung des Fluglärms und die Internationalität der Stadt – | |
bekomme ich Zuspruch. Dieser „Machtkampf“ ist eher ein Wettbewerb, wer das | |
Ganze erfunden hat und wer es am besten umsetzt. Insofern habe ich mein | |
Ziel erreicht, Bewegung in die Sache zu bringen. Trotz des begrenzten | |
Einflusses eines OB kann man mit Worten viel bewegen, wenn man Inhalte | |
zuspitzt. | |
Was haben Sie denn konkret erreicht? | |
Ich habe vor allem die Diskussion über den Wohnungsbau vorangebracht. In | |
Frankfurt gibt es ein Defizit von 17.500 Wohnungen – es besteht also | |
extremer Handlungsbedarf. Die Gelder für die städtische | |
Wohnungsbauförderung wurden bereits von 100 auf 200 Millionen Euro und die | |
Mittel der Wohnungsbaugesellschaften von uns als Stadtregierung um | |
insgesamt über 500 Millionen Euro erhöht. | |
Das wird nicht reichen. In Frankfurt fehlen knapp 40.000 Sozialwohnungen, | |
die Zahl der Obdachlosen steigt, die Einwohnerzahl wächst. Gleichzeitig | |
stehen 2,1 Millionen Quadratmeter Bürofläche leer. | |
Die Maßnahmen dagegen dauern eben. Wir müssen außerdem noch radikalere | |
Schritte gehen, etwa Büroraum in Wohnraum umwandeln. Und man wird | |
zusätzlich in der Stadt vorsichtig nachverdichten und am Stadtrand auf | |
Äckern im maximalen Konsens mit den Bürgern neu bauen müssen. Außerdem muss | |
uns der Bund mehr unterstützen. | |
Sie wollen mehr Geld. | |
Am Montag habe ich gemeinsam mit den Chefs der fünf größten deutschen | |
Städte eine Erklärung veröffentlicht, in der wir fordern, dass der Bund die | |
Mittel für die Wohnraumförderung auf eine Milliarde jährlich verdoppelt. | |
Alleine können wir dieses Problem nicht bewältigen. | |
Die Presse rügt, dass Sie das Bürgertum und die Wirtschaft vernachlässigen. | |
Um Ihr linkes Profil zu schärfen? | |
So wird es oft verstanden, wenn ich nicht beim Weltwirtschaftsforum gewesen | |
bin, sondern bei Stadtteilfesten. Aber ich sehe das nicht so. Klar kümmere | |
ich mich um die Wirtschaft, etwa als Aufsichtsratsvorsitzender der | |
Wirtschaftsförderung, der internationalen Marketinggesellschaft und auch | |
von der Alten Oper sowie der Schirn. | |
Ihre Forderung nach einem Nachtflugverbot von 22 bis 6 Uhr auf dem | |
Frankfurter Flughafen ist in der Landes-SPD nicht mehrheitsfähig. Sind die | |
vom Fluglärm geplagten Menschen von Ihnen enttäuscht? | |
Letzte Woche habe ich die erste gemeinsame Veranstaltung mit | |
Fluglärmgegnern organisiert. Mit der Landes-SPD habe ich mich geeinigt, | |
dass die Lärmobergrenze der zentrale Hebel ist. Ich werde mich auch | |
weiterhin für eine längere Nachtruhe starkmachen. | |
Demnächst stehen in Frankfurt die Blockupy-Proteste an. Die Organisatoren | |
befürchten, dass die Stadt wie 2012 die Proteste verbieten wird. Würden Sie | |
das verhindern? | |
Das ist schon verhindert. Es wird Platz für Demos, Zelte und | |
Veranstaltungen geben. Das wird ein ganz anderes Szenario sein als im | |
letzten Jahr. Wir wollen zeigen, dass Frankfurt seiner liberalen Tradition | |
treu ist und man hier gesellschaftskritisch demonstrieren darf. | |
Wenn Frankfurt so liberal ist, warum wurde dann immer noch kein | |
Ersatzobjekt für das geräumte Institut für vergleichende Irrelevanz | |
gefunden? | |
Ich werde alles dafür tun, dass die Diskussion, die von den IvI-Leuten | |
geführt wird, weitergeht. Womöglich kann es auch eine gemeinsame | |
Veranstaltungsreihe geben. | |
Die Aktivisten wollen aber Räume, die sie selbst bespielen können. | |
Wir halten nach solchen Räumen Ausschau. Zunächst geht es darum, dass ein | |
herrschaftsfreier Diskurs, in dem selbst radikalste Forderungen gestellt | |
werden dürfen, unzensiert stattfinden kann. | |
In diesem Jahr wird in Hessen und im Bund gewählt. Sind SPD und Grüne in | |
Frankfurt nicht zu zerstritten für einen rot-grünen Lagerwahlkampf? | |
Ich bin auf Landes- wie auf Bundesebene für eine rot-grüne Koalition. Es | |
wird im Vorfeld der Wahlen eine gemeinsame rot-grüne Veranstaltung in | |
Frankfurt geben. Aber Teile der Grünen haben sich auf lokaler Ebene sehr | |
stark an die CDU gewöhnt – inklusive der Inhalte, beispielsweise die lange | |
Zeit gemeinsam verabredete Ausklammerung des Themas „Flughafenausbau und | |
Fluglärm“ aus der Stadtpolitik – bis hin zur Entscheidung der | |
Spitzenfunktionäre, während der OB-Wahl den rechtskonservativen | |
CDU-Kandidaten zu unterstützen. Ich hoffe, dass die Frankfurter Grünen sich | |
stärker in Richtung Landes- und Bundespartei entwickeln und nicht | |
umgekehrt. | |
Können Sie sich als SPD-Linker mit Kanzlerkandidat Peer Steinbrück | |
identifizieren – zumal Sie ein Kritiker der Agenda 2010 sind, für die | |
Steinbrück steht? | |
Ich will den Menschen ihre alte SPD mit klarer sozialpolitischer | |
Orientierung wiedergeben. Ich kann aber unterscheiden zwischen Dingen, die | |
in der Vergangenheit gelaufen sind, und dem, was ist. Steinbrück | |
unterstützt uns hier in Frankfurt massiv. In der Frage der Mietendeckelung | |
hat er die radikalste Position. | |
Also keine Kritik an Hartz IV? | |
Doch, das ist ein problematisches Modell, weil es Menschen über einen Kamm | |
schert. Auch die Sanktionspolitik stört mich. | |
15 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Timo Reuter | |
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