# taz.de -- Flüchtlinge in Berlin: Fluchtpunkt Westend | |
> Bis Ende des Monats werden die ersten 125 syrischen | |
> Bürgerkriegsflüchtlinge von insgesamt 250 in der Stadt aufgenommen. | |
Bild: Gerettet vom Krieg und nun? Syrische Bürgerkriegsflǘchtlinge in Jordani… | |
Das Land Berlin wird bis Monatsende 125 syrische Kontingentflüchtlinge | |
empfangen, die vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat geflohen sind. | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat den Nachbarstaaten | |
Syriens, in denen diese Menschen derzeit in Notlagern unter miserablen | |
hygienischen Verhältnissen ausharren, die Aufnahme von 5.000 SyrerInnen in | |
diesem Jahr zugesagt – insgesamt 250 von ihnen kommen nach Berlin. | |
„Es handelt sich überwiegend um Christen, die einer besonderen Verfolgung | |
ausgesetzt sind“, sagte Sozialsenator Mario Czaja (CDU) der taz. Die Syrer | |
dürfen in Berlin Arbeit und Wohnung suchen. Vorerst werden sie in einem neu | |
einzurichtenden Heim am Rande des Charlottenburger Westends aufgenommen. | |
Für die zweite Gruppe sucht Czaja ein Heim in Marzahn-Hellersdorf. Die | |
dortige Sozialstadträtin Dagmar Pohle (Linke) bereite derzeit ein Quartier | |
vor, so der Senator. Ein Ankunftsdatum für diese Gruppe gibt es noch nicht, | |
vieles spricht für September. | |
## Bringschuld der Bezirke | |
Dabei sind Charlottenburg-Wilmersdorf und Marzahn-Hellersdorf Bezirke, die | |
bei der Bereitstellung von Flüchtlingsunterkünften ohnehin vorangehen. | |
Andere Bezirke haben eine größere Bringschuld: Im April fasste der Rat der | |
Bürgermeister einen Beschluss, wonach Steglitz-Zehlendorf 800, Pankow 650, | |
Neukölln 450 und Treptow-Köpenick 400 Plätze schaffen müssen. Von | |
Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Spandau werden | |
rund 200 zusätzliche Plätze erwartet. Auch Mitte ist in der Pflicht: Alle | |
1.200 Plätze im Bezirk haben Vertragslaufzeiten, die dieses Jahr enden. | |
Überhaupt gelten die Zahlen nicht für eine ferne Zukunft, sondern für | |
dieses Jahr. Und Zeit bis Dezember wird nicht sein: Berechnet wurde der | |
Bedarf im Februar, auf der Grundlage damaliger Flüchtlingszahlen. Seitdem | |
ist die Einreise stark gestiegen. Im April kamen dreimal so viele | |
Flüchtlinge wie im Vorjahresmonat – vor allem aus Tschetschenien, dem Iran | |
und Syrien. | |
Reinickendorf war vom Rat der Bürgermeister zur Bereitstellung von knapp | |
600 zusätzlichen Plätzen verpflichtet worden. Weil der Bezirk dem nicht | |
nachkam, akquirierte Czajas Verwaltung dort im April und Mai rund 600 | |
Plätze – gegen erbittertsten Widerstand der Bezirksverwaltung. Auch in | |
Treptow-Köpenick hat der Senat schon Orte für neue Unterkünfte im Visier. | |
Anders als andere Bundesländer wolle Berlin keine Flüchtlinge in | |
Sporthallen wohnen lassen, so Czaja. Auch Zeltstädte auf dem Tempelhofer | |
Feld oder im Köpenicker Forst seien nicht geplant. Prekär ist die Situation | |
der Asylbewerber, die in Berlin zum Teil seit Monaten in Notunterkünften | |
schlafen müssen. Als solche dienen ehemalige Schulen oder | |
Verwaltungsgebäude, in denen sanitäre Einrichtungen und Spielmöglichkeiten | |
für Kinder fehlen. In einer früheren Schule in Mitte dienen Stoffdecken als | |
Trennwände zwischen den Räumen für verschiedene Familien – bauliche | |
Veränderungen dürfen wegen der vorübergehenden Nutzung nicht vorgenommen | |
werden. Die Duschen der Turnhalle können nur vormittags genutzt werden, | |
weil nachmittags Vereinssport stattfindet. Etliche Toiletten sind defekt. | |
Eine Schließung solcher Notunterkünfte ist dennoch nicht realistisch: Die | |
Alternative wäre Obdachlosigkeit. | |
23 May 2013 | |
## AUTOREN | |
Marina Mai | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Rassismus | |
Berlin | |
Flüchtlinge | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Asylbewerberheim in Hellersdorf: Ein Bezirk ringt um sein Image | |
Nach der Eskalation eines Infoabends zu einem Flüchtlingsheim versucht der | |
Bezirk Hellersdorf zu beruhigen. Die NPD mobilisiert für Samstag erneut. | |
Interview zu Flüchtlingsheim Hellersdorf: „Es gibt keine Pogromstimmung“ | |
Der Bezirksbürgermeister von Marzahn-Hellersdorf, Stefan Komoß (SPD), will | |
keine Fehler erkennen und zeigt Verständnis für die aufgebrachten Bürger. | |
Asylbewerberheim in Hellersdorf: Lichtenhagen lässt grüßen | |
Politiker verurteilen die rechte Stimmungsmache gegen ein Asylbewerberheim | |
in Hellersdorf und fordern, sich von den Neonazis zu distanzieren. | |
Notunterkunft für Flüchtlinge: Rechter Mob stört in Hellersdorf | |
Fragen zur Notunterkunft für Flüchtlinge in Berlin-Hellersdorf sollten bei | |
einem Infoabend beantwortet werden. Dazu kam es nicht. Sprechchöre störten. | |
Lageso-Chef Allert im Interview: „Es geht um ein Dach über dem Kopf“ | |
Franz Allert, als Präsident des Landesamts für Gesundheit und Soziales für | |
die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig, kritisiert die | |
Blockadehaltung mancher Bezirke. | |
Neues Asylbewerberheim: Strafe für ungezogenen Bezirk | |
Mitte will den Betrieb eines Heimes verhindern. Die Konsequenz: Der Bezirk | |
soll deshalb bald nicht mehr dafür zuständig sein. | |
Rassismus in Berlin: Kein herzliches Willkommen | |
Im Mai soll ein Asylbewerberheim in Berlin-Wittenau öffnen. Die Bürger | |
haben viele Vorurteile und äußern sie ungeniert. | |
Flüchtlinge suchen Obdach: Schlafplatz auf den Gängen | |
Die Zahl der Asylbewerber in Berlin liegt deutlich höher als in den | |
Vorjahren. Viele Unterkünfte sind überbelegt – und werden wohl trotzdem | |
bald geschlossen. |