| # taz.de -- Lageso-Chef Allert im Interview: „Es geht um ein Dach über dem K… | |
| > Franz Allert, als Präsident des Landesamts für Gesundheit und Soziales | |
| > für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig, kritisiert die | |
| > Blockadehaltung mancher Bezirke. | |
| Bild: Im syrisch-türkischen Grenzgebiet leben viele tausend Menschen in provis… | |
| taz: Hunderttausende Syrer vegetieren derzeit unter katastrophalen | |
| Bedingungen in den Nachbarstaaten Syriens. Bundesinnenminister Hans-Peter | |
| Friedrich (CSU) hat internationalen Partnern die Aufnahme von 5.000 dieser | |
| Syrer ab Juni zugesagt. Wann kommen wie viele von ihnen nach Berlin? | |
| Franz Allert: Die Zahl wird sich um die 250 bewegen. Wann sie kommen, hat | |
| die Bundesregierung uns noch nicht mitgeteilt. | |
| Ihr Amt ist für die Unterbringung und Versorgung dieser Menschen zuständig. | |
| Wie sind Sie darauf vorbereitet? | |
| Voraussichtlich werden die Menschen eine Aufenthaltserlaubnis erhalten. Das | |
| heißt, sie dürfen eigene Wohnungen beziehen und arbeiten, sofern sie | |
| Wohnungen und Arbeit finden. Bis dahin werden sie in | |
| Gemeinschaftsunterkünften für Flüchtlinge wohnen, wie Asylbewerber. Sobald | |
| wir wissen, wann sie kommen, werden wir die Unterbringungsmöglichkeiten | |
| schaffen. | |
| Alle Flüchtlingsunterkünfte in Berlin sind hoffnungslos überfüllt. Laut | |
| amtlicher Statistik fehlen aktuell 140 Plätze. Manche Bezirke weigern sich, | |
| neue Unterkünfte zu akzeptieren. Besteht die Gefahr, dass die Syrer in | |
| Berlin unter freiem Himmel wohnen müssen? | |
| Wir wollen niemanden in die Obdachlosigkeit schicken. In der Tat wird es | |
| aber immer schwieriger, das Okay der bezirklichen Bauämter für neue Heime | |
| zu bekommen. Einige Bezirke sind da sehr restriktiv. Sie legen ihren | |
| Ermessensspielraum anders aus, als es sinnvoll wäre. Wir brauchen in diesem | |
| Jahr gut 1.000 neue Plätze, damit die Menschen, die gegenwärtig noch in | |
| Notunterkünften wohnen, dauerhaft untergebracht werden. Hinzu kommen | |
| weitere voraussichtlich 1.000 Plätze, weil mehr Asylbewerber nach Berlin | |
| kommen. | |
| Die Opposition kritisiert, dass Ihre Behörde sich zu wenig um die | |
| Unterbringung in Wohnungen kümmere. So hat der Senat mit den landeseigenen | |
| Wohnungsbaugesellschaften vor zwei Jahren vereinbart, dass diese pro Jahr | |
| 275 Wohnungen an Asylbewerber vermieten. Das Kontingent wurde noch nie | |
| erfüllt. Wer blockiert da? | |
| Niemand. Ich wünschte mir von den Wohnungsbaugesellschaften zwar schon mehr | |
| Engagement. Aber der Hauptgrund ist, dass preiswerte Wohnungen auf dem | |
| Markt fehlen. Wer in so einer Wohnung wohnt, zieht da nicht aus. | |
| Von 2010 bis heute ist die Zahl der Flüchtlinge in Heimen von 1.500 auf | |
| 5.600 gestiegen. Sind die Bedingungen dort menschenwürdig? | |
| Wir haben Qualitätsstandards formuliert. In den dauerhaften Unterkünften | |
| sind diese gesichert. In einigen Notunterkünften können wir das aber leider | |
| nicht garantieren. Hier geht es schlicht und einfach um ein Dach über dem | |
| Kopf. Oft sind das ja frühere Verwaltungsgebäude, in denen es keine Küchen | |
| und Duschen gibt. Wenn bezirkliche Bauämter die Unterkünfte nicht haben | |
| wollen, sind sie sehr kreativ, Investitionen und auch Standorte zu | |
| verhindern. | |
| Welche Bezirke blockieren da? | |
| Es geht nicht darum, bestimmte Bezirke an den Pranger zu stellen. Aber ich | |
| gebe Ihnen gerne ein paar Beispiele. Im Bezirk Mitte haben wir eine | |
| Notunterkunft in einer ehemaligen Schule eingerichtet. Der Bezirk forderte | |
| uns wegen des Bauplanungsrechts mehrfach auf, zu räumen. Das geht wegen der | |
| drohenden Obdachlosigkeit natürlich nicht. Im Falle einer anderen | |
| Unterkunft will Mitte der privaten Betreiberin die Unterbringung von | |
| Asylbewerbern untersagen. Auch in Reinickendorf wurden wir mehrfach | |
| aufgefordert, eine ehemalige Schule zu räumen, in der Flüchtlinge wohnen. | |
| In Neukölln wird uns immer wieder ein früheres Krankenhaus angeboten, | |
| dessen Eigentümer kein Interesse an einer Flüchtlingsunterkunft hat. Diese | |
| Beispiele ließen sich vielfältig fortsetzen. | |
| Manche Bezirke sind sehr kreativ, das Planungsrecht so auszulegen, dass | |
| Asylbewerberheime gerade nicht bei ihnen angesiedelt werden dürfen. Sollten | |
| Sie da nicht Einheitsrecht schaffen statt Kleinstaaterei? | |
| Ich würde es begrüßen, wenn es die Möglichkeit gäbe, hinsichtlich der | |
| Unterbringung von Flüchtlingen eine für alle Bezirke rechtlich bindende | |
| Regelung zu schaffen. Berlin hat aber die Fachaufsicht und damit auch das | |
| Weisungsrecht des Senates gegenüber den Bezirken abgeschafft. Wollte man | |
| das wieder umdrehen, beträfe das alle politischen Felder, nicht nur | |
| Asylbewerberheime. Das ist sicher auch nicht zielführend. | |
| Berlin wirbt gern damit, Hauptstadt der Kreativen zu sein. Doch in puncto | |
| kreative Ideen für die Unterbringung von Asylbewerbern machen uns andere | |
| Städte etwas vor. In Augsburg etwa entsteht das „Grandhotel Cosmopolis“, in | |
| dem Künstler, Reisende und Asylbewerber unter einem Dach wohnen und | |
| Projekte miteinander gestalten. Gab es in Berlin noch nie solche | |
| Initaitiven? | |
| Solche nicht. In der Motardstraße haben Künstler vor wenigen Jahren | |
| gemeinsam mit Flüchtlingen die tristen Baracken bemalt. Ich bin für Ideen | |
| ansprechbar. Meine Verwaltung ist allein aus Zeitgründen noch nicht auf | |
| diese Szene zugegangen. | |
| 8 May 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Marina Mai | |
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