| # taz.de -- Talkshows im Quotenkampf: Islamisten zum Jahrestag | |
| > 20 Jahre nach dem rassistischen Anschlag von Solingen zeigt „Anne Will“ | |
| > bei der Themenauswahl wenig Sensibilität und viel Quotengeschick. | |
| Bild: Moderatorin im Gruselkabinett: Anne Will zwischen einer Niqab-Fundamental… | |
| Kein Mitarbeiter im Redaktionsteam von „Anne Will“ hat einen | |
| Migrationshintergrund. Einen muslimischen Kollegen hat die Moderatorin | |
| offenbar auch nicht oder sonst jemanden mit interkultureller Kompetenz. | |
| Sonst hätte sie vielleicht jemand darauf hingewiesen, dass es fragwürdig | |
| sein könnte, ausgerechnet zum 20. Jahrestag des rassistischen Anschlags von | |
| Solingen ihre Talkshow unter das Motto „Allahs Krieger im Westen. Wie | |
| gefährlich sind radikale Muslime?“ zu stellen. | |
| Dafür hagelte es seit Mittwoch in den sozialen Netzwerken Kritik und Häme. | |
| „Mensch Titanic, am 20. Jahrestag des Solinger Brandanschlags macht man | |
| doch nicht solche Witze. Ist gar kein Witz? Ach, so!“, ätzte die | |
| Journalistin Hatice Akyün, noch bevor die Sendung begonnen hatte. Nicht | |
| alle nahmen es mit so viel Humor. „Wann diskutieren wir über Rassismus?, | |
| fragte die Bloggerin und taz-Kolumnistin Kübra Gümüsay per Twitter. | |
| Und „taktlos“ schrieb die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor in einem | |
| Brief, der auf Facebook bis Donnerstag über 250-mal geteilt wurde. Darin | |
| fragte sie, warum Muslime von Talkshow zu Talkshow immer wieder mit Terror | |
| und Gewalt in Verbindung gebracht würden, während „der mörderische | |
| Rassismus innerhalb der Mehrheitsgesellschaft“ kein Thema sei, so Kaddor. | |
| Die Runde bei „Anne Will“ selbst verlief recht vorhersehbar. Mit dem | |
| bayrischen CSU-Innenminister Joachim Herrmann und dem SPD-Politiker Thomas | |
| Oppermann, der sich im Kompetenzteam von Peer Steinbrück gerade für das Amt | |
| des Bundesinnenministers warmläuft, saßen zwei Wahlkämpfer dabei, mit der | |
| Publizistin Necla Kelek eine bekannte Populistin. | |
| Hinzu geladen hatte man aus der Schweiz die Konvertitin Nora Illi, die im | |
| Ganzkörperschleier mit Sehschlitz auftrat. Vor einigen Monaten war Illi | |
| bereits bei Sandra Maischberger zu Gast gewesen und hatte um Verständnis | |
| für die männliche Polygamie geworben. Es ist dieses erwartbare Setzen auf | |
| schrille Charaktere, das zur Angleichung der öffentlich-rechtlichen | |
| Talkshows auf Trash-Niveau geführt hat. | |
| Erst vor Kurzem hatte Wills Kollege Günther Jauch mit dem Thema Salafismus | |
| eine [1][Bruchlandung] hingelegt, die Sendung ging in Gezeter und Geschrei | |
| unter. Der Verdacht liegt nahe, dass sich auch Anne Will durch so | |
| polarisierende Themen ein Quoten-Hoch verspricht. Schließlich ist sie nur | |
| knapp dem Schicksal ihres Kollegen Reinhard Beckmann entgangen, dessen Talk | |
| spätestens Ende 2014 ausläuft. Immerhin, die Quoten ihrer Sendung waren | |
| gut, nicht zuletzt dank der vorherigen Fußballübertragung sahen rund 2,4 | |
| Millionen Menschen zu. | |
| „Wie immer bei Themen wie diesen“ habe man „sehr unterschiedliche, zum Te… | |
| sehr emotionale und auch diffamierende Reaktionen“ erhalten, erklärte Anne | |
| Wills Sprecherin am Donnerstag auf Anfrage der taz. Man habe sich, mit | |
| Blick auf die Attentate in Boston und London, „für eine aktuelle politische | |
| Debatte entschieden“. Der Jahrestag der Anschläge von Solingen sei aber „im | |
| Sendungsablauf selbstverständlich berücksichtigt“ worden. Tatsächlich hatte | |
| Thomas Oppermann daran erinnert, dass auch die Radikalisierung rechter | |
| deutscher Jugendlicher eine Gefahr darstelle. | |
| 31 May 2013 | |
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| ## AUTOREN | |
| Daniel Bax | |
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