# taz.de -- Kubicki über Talk-Show-Debatten: „Mir sind Frauen lieber“ | |
> Der FDP-Politiker Wolfgang Kubicki sitzt am liebsten mit Frauen in | |
> Talkrunden. Bei den Männern sei der genetisch bedingte Konkurrenzdruck so | |
> hoch. | |
Bild: Wolfgang Kubicki diskutiert gern mit Frauen - vor allem im Fernsehen | |
sonntaz: Herr Kubicki, laut dem Branchendienst Meedia sind Sie der | |
Talkshowkönig 2012. Niemand war so häufig in Debattiersendungen wie Sie. | |
Bereiten Sie sich überhaupt noch auf eine Talkshow vor? | |
Wolfgang Kubicki: Inhaltlich kaum noch. Ich lasse mir zu dem Thema von der | |
Presseabteilung die Berichterstattung der letzten drei Tage heraussuchen. | |
Dann weiß ich, was wer wie gesagt hat. Sie können in Talkshows ohnehin | |
keine sehr differenzierten Ausführungen machen. | |
Wenn am Tag danach schmissige Zitate von Ihnen laufen, fragt man sich aber | |
doch: War das bei dem Kubicki nun gut vorbereitetes Kalkül oder | |
naturgegebene Schlagfertigkeit? | |
Ich überlege mir schon die Kernbotschaft, die ich bei dem Thema eigentlich | |
unterbringen will. Aber auf einen guten Spruch mit einem guten Spruch zu | |
reagieren, das können Sie nicht planen. | |
Was möchten Sie in den Sendungen platzieren? | |
Früher habe ich noch gedacht, es ginge um ausführliche Analysen. Das ist so | |
nicht. Entscheidend ist in erster Linie die Wirkung. Und Wirkung hängt von | |
vielen Faktoren ab. Von Ihrem Aussehen, von Mimik und Gestik, von Ihrer | |
Körperhaltung und davon, dass Sie möglichst keine Schachtelsätze | |
gebrauchen. Bei Fernsehsendungen funktioniert die Kommunikation zu 80 | |
Prozent nonverbal. Das können Sie feststellen, wenn Sie den Ton wegdrehen. | |
Sie sehen dann: Wenn einer unsympathisch ist, kann er noch so treffende | |
Erklärungen abgeben – es kommt bei Ihnen schlicht nicht an. | |
Haben Sie Medientrainings absolviert? | |
Nein. Mir ist das bei mir selbst aufgefallen nach einem Wahlkampf. Damals | |
habe ich mir anschließend meine Fernsehauftritte angeguckt: Ich hatte die | |
Wirkung eines Kühlschranks. Meine gesamte Körperhaltung, Mimik und Gestik | |
korrespondierte nicht mit dem, was ich sagte. Mein Gott, dachte ich, du | |
kommunizierst abweisend mit den Leuten, die dir zuhören sollen. | |
Und das haben Sie geändert? | |
Heute sehen Sie mich wesentlich häufiger lächeln als früher. Auch bei | |
ernsten Themen ist ein Lächeln immer noch gewinnender als ein grimmiges | |
Gesicht. | |
Vor einer Sendung, denken Sie da manchmal: Oh ja, das wird lustig. Oder | |
total nervig? | |
Total nervig habe ich noch nie gedacht. Aber es wird immer richtig lustig, | |
wenn Peer Steinbrück und ich gemeinsam auftreten. Weil wir uns lange und | |
gut kennen und beide sehr schlagfertig und sprachgewandt sind. Bei wem es | |
schon optisch schwierig wird, ist Ralf Stegner, meinem SPD-Kollegen aus dem | |
Kieler Landtag. Mit dem habe ich gerade hier im Lokalfernsehen diskutiert. | |
Und das sieht dann auch so aus wie: Wir mögen uns nicht. | |
Wollen Sie vorher wissen, wie viele Männer und Frauen jeweils auf dem | |
Podium sitzen? | |
Mir sind Frauen grundsätzlich lieber als Diskutantinnen. Es gibt eine | |
einzige Ausnahme. Namen nenne ich jetzt nicht, aber diese Frau hat mich | |
dauernd von der Seite angefaucht, da dachte ich: Mein Gott, was hab ich der | |
denn getan? Für sie war ich wahrscheinlich die Inkarnation des | |
Leibhaftigen. | |
Warum sind Ihnen Frauen lieber? | |
Weil sie eine angenehmere Diskussionsform haben. Selbst mit Claudia Roth | |
habe ich mich wider Erwarten richtig gut verstanden, auch hinterher. Wir | |
hatten unterschiedliche Auffassungen, aber wir haben uns als | |
Persönlichkeiten akzeptiert. Das geht mit Frauen leichter als mit Männern. | |
Zwischen Männern ist der genetisch bedingte Konkurrenzdruck wesentlich | |
größer. | |
Wie talkt es sich besser: satt oder hungrig? | |
Ich muss vorher noch eine Kleinigkeit zu mir nehmen. Wenn Sie unterzuckert | |
sind, können Sie nicht klar denken. Aber kein fulminantes Mahl, denn dann | |
kann es passieren, dass Sie die Müdigkeit überkommt. | |
Hilft Alkohol? | |
Vorher? Um keinen Preis. | |
Vorher noch ein Schläfchen? | |
Dazu komme ich gar nicht. Ich reise ja meist aus Kiel nach Köln oder Berlin | |
an, da schaffe ich das gerade so mit der Anreise. | |
Wird nach einer Sendung weitergestritten, oder befindet man sich dann in | |
einer Art kommunikativem Abklingbecken? | |
Das kommt drauf an. Bei Frank Plasberg neulich haben wir alle nach der | |
Sendung zweieinhalb Stunden weiter diskutiert. | |
Ein gemeinsames Essen danach ist obligatorisch? | |
Unterschiedlich. Bei Anne Will steht man vorher und hinterher in einem Raum | |
zusammen, da gibt’s kleine Snacks und auch was zu trinken. Bei Maybritt | |
Illner ist es auch so, dass man hinterher noch zusammensteht. Bei Günther | |
Jauch ist es aber am schönsten. Unmittelbar daneben gibt es ein | |
italienisches Restaurant, wo es herausragend gute Pizza und guten Wein | |
gibt. Mit Norbert Walter-Borjans, dem NRW-Finanzminister, habe ich da mal | |
bis halb zwei gesessen. | |
Bringen Sie wie andere Politiker Mitarbeiter mit, die dann im Publikum an | |
den richtigen Stellen applaudieren? | |
Ganz wenig. Ich kann ja aus Kiel nur meine Pressesprecherin oder meinen | |
Fahrer oder die Fahrerin mitbringen. | |
Ihre Frau war aber auch schon im Publikum zu sehen. | |
Ja, bei Markus Lanz, die Sendung wird in Hamburg produziert. Der Aufwand, | |
nach Berlin zu reisen, ist ihr zu groß. | |
An welche Ihrer Talkshows erinnern Sie sich am genauesten? | |
Besonders herausgefordert hat mich die Talkshow bei Günther Jauch, als die | |
Hoeneß-Affäre begann. Es war klar, wenn ich als Anwalt versuche zu | |
erklären, was strafbefreiende Selbstanzeigen sind und diese dann auch | |
verteidige, setze ich mich bei den politischen Meinungsträgern und anderen | |
unter Umständen dem Vorwurf aus, ich würde Steuerhinterzieher schützen | |
wollen, was selbstverständlich nicht der Fall ist. Das war schon eine | |
Gratwanderung. | |
Haben Sie sich auf diese Sendung anders vorbereitet als sonst? | |
Vorher habe ich versucht, einem Laien einen komplizierten | |
steuerstrafrechtlichen Sachverhalt zu erklären. Als ich merkte, er hat es | |
begriffen, war klar, dass ich das auch in der Sendung kann. | |
Ehrlich, denken Sie manchmal nach der Sendung: Mensch, das hätte es jetzt | |
nicht gebraucht? | |
Es gibt eine Reihe von Sendungen, wo Sie sich fragen: Was hast du denn | |
jetzt gemacht? Ich erinnere mich an eine Sendung mit Maybritt Illner, wo | |
jemand von Abgeordnetenwatch war. Einer privaten Einrichtung mit eigenen | |
Mitarbeitern, die für sich in Anspruch nehmen, für die Gesellschaft zu | |
sprechen. Es regt mich auf, wenn kleine Gruppierungen mit einem großen | |
Namen glauben, sie bildeten jetzt den Willen der Gesellschaft ab. Mit dem | |
jungen Mann da bin ich sehr böse geworden. Ich habe gemerkt, wie ich | |
innerlich gebebt habe. Ich habe mir gesagt: Komm, Kubicki, beruhige dich! | |
Das war dann irgendwie … na ja. | |
Was bringen denn Talkshows der Demokratie? | |
Talkshows bringen sicherlich keine Problemlösungen. Aber sie können dazu | |
anregen, sich mit den Fragestellungen intensiver auseinanderzusetzen und | |
sich eine eigene Meinung zu bilden. | |
8 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Anja Maier | |
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