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# taz.de -- Verhältnis zwischen Israel und Syrien: Verbale Eskalation
> Nach Abwehrraketen will Moskau jetzt auch noch Kampfflugzeuge an Assad
> liefern. Das erhöht die Spannungen in der Region.
Bild: Syriens Präsident Assad im Interview mit Al-Manar
JERUSALEM taz | In Israel herrscht Rätselraten über die russischen
Raketenlieferungen an Syrien. Mehrmals warnten die Medien des Landes vor
dem Luftabwehrsystem S-300, das Moskau Damaskus verkaufen will. Als am
Donnerstag aus Syrien die Nachricht kam, die Raketen seien längst
eingetroffen, unternahmen Israels Medien wie auf Kommando eine
Vollbremsung.
„Nicht vor 2014“ sei mit der russischen Rüstungshilfe an Syrien zu rechnen,
schriebt die liberale Zeitung Haaretz am Freitag in ihrer Online-Ausgabe.
Der Artikel verwies dabei auf russische Berichte. Selbst wenn die Raketen
geliefert würden, dauere es noch „mindestens sechs Monate“, bis die
komplizierten Anlagen einsatzbereit seien, hieß es weiter. Auch Experten
und Politiker zeigen sich plötzlich unisono überzeugt davon, dass mit einer
Lieferung der russischen Raketen an Syrien vorerst nicht zu rechnen sei. Am
Freitag kündigte die russische Führung zusätzlich die Lieferung von „mehr
als zehn“ Kampfflugzeugen an.
Moskau habe sich verpflichtet, so erklärte umgekehrt Syriens Präsident
Baschar al-Assad im Interview mit dem libanesischen Hisbollah-Sender Al
Manar, sämtlichen Verträgen nachzukommen. Er werde in der Öffentlichkeit
jedoch nicht dazu Stellung nehmen, über welche Rüstung Syrien verfüge und
über welche nicht.
Die S-300 würden Luftangriffe, sei es im Falle israelischer Angriffe oder
einer internationalen Flugverbotszone, deutlich erschweren. „Seit drei
Jahrzehnten“, so berichtet Amos Harel, militärischer Korrespondent von
Haaretz, „hat Israel vollständige Dominanz über die nördlichen Himmel“. …
russische Raketenabwehrsystem könnte „die Handlungsfreiheit der
israelischen Luftwaffe einschränken“.
Verteidigungsminister Mosche Jaalon suggerierte noch vor wenigen Tagen
Angriffsbereitschaft. In Jerusalem wisse man, wie auf den Handel zu
reagieren sei. Dass mit Israel nicht zu Spaßen ist, beweisen die
wiederholten Angriffe auf Waffenlieferungen für Hisbollah. Ohne
Beschönigung stellte der Nationale Sicherheitsberater Jakob Amidror ein
israelisches Einschreiten in Aussicht, noch bevor das russische
Flugabwehrsystem einsatzbereit ist.
## Eine neue rote Linie der Regierung in Jerusalem?
Jerusalems rote Linien galten bislang nur für zwei Fälle: Waffenlieferungen
an die Hisbollah und Eskalationen in der Grenzregion auf den Golanhöhen.
Ein Angriff auf die russischen Raketenanlagen würden nicht nur die Syrer
unmittelbar treffen, sondern auch für Moskau zumindest ein Affront sein.
Die rote Linie der Waffenlieferungen an die Hisbollah wiederum ist immer
schwerer auszumachen, denn Tausende der libanesischen Extremisten kämpfen
längst auf der Seite Assads in Syrien und haben verstärkt Zugang auch zu
modernen Waffensystemen. Der syrische Despot will nicht länger die Hände in
den Schoß legen. „Wir reagieren auf jede zukünftige Attacke mit einer
ähnlichen“, erklärte er gegenüber Al Manar. Art und Zeitpunkt des
Vergeltungsschlages hinge ab vom Umfang eines eventuellen israelischen
Angriffs. Mit derart klaren Feststellungen bringt sich Assad selbst in
Zugzwang. Die öffentliche Meinung in Syrien dränge ihn dazu, eine „Front
gegen Israel zu eröffnen“, setzte er hinzu. Die Hoffnung seines Volkes sei,
dass eine „Befreiung der Golanhöhen“ das Regime in Damaskus stärken würd…
## Schutzübungen in Israel
Verteidigungsminister Jaalon rechnet indes nicht damit, dass Syrien Israel
mit unkonventionellen Waffen herausfordern wird. Und obschon in Israel kaum
die Sorge besteht, dass man einen mit konventionellen Waffen geführten
Krieg verlieren könnte, wappnet sich die Zivilbevölkerung für den
Ernstfall. Zweimal gingen diese Woche landesweit die Sirenen los. Die
Bevölkerung war aufgefordert, die Bunker aufzusuchen. Parallel modernisiert
die Armee stetig ihre Anti-Raketensysteme, vor allem im Norden des Landes.
Militärs rechnen damit, dass „Arrow“ und „Iron Dome“, die Abwehrsysteme
made in Israel, im Ernstfall rund 90 Prozent der feindlichen Geschosse
abfangen werden.
Offiziell hält sich Israel aus den innersyrischen Kämpfen heraus. Die
Politiker nehmen behutsam Abstand davon, sich für das Assad-Regime oder die
Rebellen zu positionieren. Offenbar ist man sich in Jerusalem selbst noch
uneins darüber, welches die bessere Ausgangsperpektive für die Zeit nach
dem Bürgerkrieg wäre. Oded Eran vom Tel Aviver Thinktank INSS ( Institute
for National Security Studies) glaubt, dass es für Israel letztendlich
keinen Unterschied macht, wer in Damaskus die Oberhand gewinnt: „Mit oder
ohne Assad wird das Chaos noch lange andauern.“
31 May 2013
## AUTOREN
Susanne Knaul
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