# taz.de -- Zahlen zum EU-Grenzregime: Flüchtlingsansturm fällt aus | |
> EU-Mitglieder sollen ihre Grenzen dichtmachen können. Die Zahlen zu | |
> Flüchtlingen, die über Griechenland hierherkommen, sind aber nicht | |
> alarmierend. | |
Bild: Flüchtlinge am Strand von Kato Zacro auf der griechischen Insel Kreta. | |
BERLIN taz/afp/dpa | Neue Zahlen belegen: Den angeblichen Ansturm von | |
Flüchtlingen, die über Griechenland in die EU und von dort aus nach | |
Deutschland einreisen, gibt es nicht. Das geht aus der Antwort der | |
Bundesregierung auf eine kleine Anfrage der Linkspartei hervor, die der taz | |
vorliegt. | |
Demnach sind im vergangenen Jahr ganze 3.617 Flüchtlinge über Griechenland | |
nach Deutschland gekommen. Im Jahr davor waren es noch 4.630 Menschen | |
gewesen, im ersten Quartal dieses Jahres 1.226. Die meisten von ihnen | |
stammen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. | |
Der EU-Ministerrat hatte vergangenen Donnerstag bekannt gegeben, dass die | |
Mitgliedstaaten des Schengen-Raums ihre Grenzen künftig für bis zu zwei | |
Jahren schließen dürfen, wenn sie einen massenhaften Andrang von | |
Flüchtlingen befürchten. Die neue „Notfallklausel“ soll greifen, wenn ein | |
Staat seine innere Sicherheit „massiv bedroht“ sieht, weil ein anderer | |
Schengen-Staat seine Außengrenzen nicht mehr gut genug kontrolliert. | |
Bisher sind solche Kontrollen nur für 30 Tage bei Groß-Events wie einer | |
Fußball-WM möglich – oder für zehn Tage nach einem Terroranschlag. | |
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) begrüßte die Einigung, die | |
nicht zuletzt auf deutschen Druck zustande gekommen war. | |
Wenn es um die EU-Außengrenzen geht, dann hat Friedrich vor allem die Lage | |
in Griechenland im Blick, das mit den Grenzkontrollen überfordert ist. | |
Aufgrund eines „Überstellungsstopps“ werden Flüchtlinge aus Griechenland | |
seit 2011 nicht mehr dorthin zurückgeschickt, sondern dürfen ihren | |
Asylantrag in Deutschland stellen. | |
„Soll das etwa die massive Bedrohung der inneren Sicherheit Deutschlands | |
sein?“, fragt die Linken-Politikerin Ulla Jelpke nun angesichts der | |
gesunkenen Einreisezahlen. Sie wirft dem Innenminister vor, Furcht vor | |
Flüchtlingen zu schüren, indem er sie „zum potenziellen Katastrophenfall“ | |
erklärt. | |
"Anstatt die Freizügigkeit innerhalb Europas einzuschränken, sollte sich | |
die Bundesregierung für ein gerechtes Asylsystem der EU einsetzen“, findet | |
sie. Aus der Antwort der Bundesregierung geht auch hervor, das fast jeder | |
zweite Asylantrag, der inhaltlich bewertet wird, derzeit als begründet | |
eingestuft wird. | |
## Drohnen zur Überwachung | |
Beinahe zwei Jahre lang haben die EU-Staaten mit der EU-Kommission und dem | |
EU-Parlament gerungen. Aufgekommen war die Debatte vor zwei Jahren, als | |
wegen der Aufstände in Tunesien, Ägypten und Libyen zahlreiche Flüchtlinge | |
in Südeuropa gestrandet und Richtung Norden weiter gereist waren. | |
Am meisten umstritten war, wie viele Mitspracherechte die EU-Kommission bei | |
künftigen Grenzkontrollen bekommen sollte. Viele EU-Staaten, auch | |
Deutschland, wollten sich in ihre Entscheidungen nicht reinreden lassen. | |
Den Kompromiss verbuchen jetzt nicht nur Innenminister Friedrich, sondern | |
auch EU-Kommission EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström und die | |
Sozialdemokraten im Europaparlament als Erfolg für sich. | |
Das geplante Gesetz sieht vor, dass die EU-Kommission das Heft in der Hand | |
behält. Wenn ein EU-Staat sie bittet, soll sie entsprechende Maßnahmen | |
vorschlagen und die Umsetzung kontrollieren. Damit soll gewahrt bleiben, | |
dass es zu keinen nationalen Alleingängen kommt. Die neuen Regeln könnten | |
im Herbst 2014 in Kraft treten. Sie müssen noch vom EU-Parlament und den | |
EU-Staaten angenommen werden - das ist aber wohl nur noch eine Formsache. | |
Die EU-Delegationen verständigten sich auch darauf, mit Hilfe modernster | |
Technik ein neues Grenzkontrollsystem ("Eurosur") einzurichten. Drohnen und | |
Satelliten sollen der EU-Grenzagentur Frontex helfen, insbesondere die | |
Grenzen im Mittelmeer zu überwachen. Die EU-könnte damit auch Flüchtlinge | |
in Seenot damit orten. In erster Linie will sie aber illegale Einwanderer | |
abfangen. | |
2 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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