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# taz.de -- Kolumne Darum: Hai gegen Bär? Briegel gegen Götze!
> Es beginnt die fußballfreie Zeit. Ein guter Moment, um Kindern die
> Geschichte des deutschen Rumpelgekicke und Fernseh-Fremdschämens
> nahezubringen.
Bild: Hans-Peter Briegel, „die Walz aus der Pfalz“, im Einsatz.
Wenn ein Hai gegen einen Braunbären kämpft, wer gewinnt da? Wer hat mehr
Macht, Darth Vader oder Angela Merkel? Sind Deutsch-Hausaufgaben schlimmer
als das, was Assad in Syrien anrichtet? Es ist noch nicht lange her, dass
uns ständig Fragen umschwirrten, in denen sich Äpfel und Birnen am
gleichberechtigten Dasein erfreuten.
Auf eine Frage aber warte ich bis heute. Wer gewänne im Duell des alten
Fußballs mit dem neuen? Wie also sähe Mario Götze nach einem 90-minütigen
Duell mit Hans-Peter Briegel aus? Meine Kinder sind verwöhnt, was den
deutschen Fußball angeht – auf Vereins- wie auf Nationalmannschaftsebene.
Das deutsche Champions-League-Finale. Barcelona deklassiert. Real mehrfach
besiegt. Halbfinal- oder Finalteilnahme bei allen Welt- und
Europameisterschaften der letzten Jahre. Dass Spieler wie Götze, Reus,
Gündogan, Müller und Özil auf eine Art Fußball spielen, die schön und
effizient zugleich ist, erscheint ihnen als das normalste der Welt.
Mir geht es anders. Ich bin aufgewachsen mit Hans-Peter Briegel, Horst
Hrubesch und den Förster-Brüdern. In einer Zeit, als der 1. FC Köln
deutscher Meister wurde, [1][Bayer Uerdingen im Europapokal der Pokalsieger
Dynamo Dresden bezwang] und der SV Darmstadt 98 in der Bundesliga spielte.
Bei einer EM-Qualifikation zitterte sich der deutsche Rumpelfußball bzw.
rumpelte sich der deutsche Zitterfußball zu einem 2:1 gegen Albanien.
In den Achtzigern rechnete man selbst als Kind regelmäßig damit, dass einem
beim Fußballgucken im Fernsehen schlecht wird, bei großen Turnieren hatte
ein Eimer neben der Glotze zu stehen. Damals gab es das Wort Fremdschämen
noch nicht. Das ist gut, denn die Fußballjahre zwischen 1978 und 1986 sind
als kurzes Fremdschämjahrzehnt viel zu positiv bezeichnet.
Wir glaubten lange, dass es schlechter nicht ginge, aber da kannten wir die
Europameisterschaften der Jahre 2000 und 2004 noch nicht und konnten nicht
ahnen, dass die größte Hoffnung des deutschen Fußball einmal [2][Carsten
Jancker] heißen würde. Jancker und Briegel – diese Namen sagen meinen
Kindern nichts. Deswegen muss ich mir die Götze-Briegel-Frage selbst
stellen.
Alle Endspiele sind nun vorbei, es beginnt die lange fußballfreie Zeit, von
der es heißt, die Menschen sprächen wieder mehr miteinander. Dann lasst uns
über Fußball sprechen. Für Kinder ist es wichtig zu wissen, was gestern
war. In der Schule gibt es das Fach Geschichte, beim Besuch der Großeltern
hören sie von Urgroßeltern, in Fotoalben sehen sie sich selbst vor vielen
Jahren. Nur der Fußball hat für sie keine Vergangenheit. Das soll sich
ändern.
Baut einer Mist, gibt's eine Strafe. Die aber ändert meistens nichts. Ein
neues Strafsystem muss her: Wer abends rumstreitet, hat am nächsten Tag mit
mir das 0:3 gegen Portugal anzuschauen, nach dem Deutschland in der
Vorrunde der EM 2000 ausschied. Zimmer nicht aufgeräumt? Antreten zur 1.
Runde in der DFB-Pokal-Saison 1990/91, in der [3][Bayern München gegen den
FV 09 Weinheim] mit 0:1 verliert. Vergammelte Brote der letzten drei Tage
noch im Schulranzen? Da hilft nur [4][„Die Schande von Gijon“] in voller
Länge.
10 Jun 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=d__RkpJhfJQ
[2] http://de.wikipedia.org/wiki/Carsten_Jancker
[3] http://www.fussballdaten.de/dfb/1991/runde1/fv09weinheim-bmuenchen/
[4] http://www.faz.net/aktuell/sport/fussball/wm-1982-die-schande-von-gijon-fus…
## AUTOREN
Maik Söhler
## TAGS
FC Bayern München
Schande von Gijon
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