# taz.de -- Sonntaz-Streit: Braucht Obama Deutschland? | |
> Nächste Woche kommt Barack Obama zum Staatsbesuch nach Berlin. Vor dem | |
> Brandenburger Tor wird der US-Präsident eine Rede halten. Warum? | |
Bild: Freundschaft? Sympathie? Nur auf dem Foto! | |
US-Präsident Barack Obama wird am 19. Juni auf dem Pariser Platz am | |
Brandenburger Tor auftreten. Ein historisch bedeutender Ort, der ihm für | |
eine Rede als Präsidentschaftskandidat 2008 von Angela Merkel noch | |
verweigert worden war. Damals redete Obama am Fuße der Siegessäule. Nun | |
darf er in die Fußstapfen seiner Vorgänger treten. | |
Wo Ronald Reagan 1987 den Abriss der Mauer gefordert hatte, wird sich Obama | |
nun an das deutsche Volk wenden. Dass er aber ein Berliner sein will, wie | |
dereinst John F. Kennedy, kann man sich kaum vorstellen. Obamas Vorredner | |
kamen, wenn es in Deutschland schwerwiegende Krisen gab. Sie galten als | |
Heilsbringer und zeigten in Zeiten des Kalten Krieges, dass sie den | |
Deutschen beistehen. Bei diesem Staatsbesuch fehlt der historische Rahmen. | |
Laut Meldungen aus dem Weißen Haus wird Obama über „die tiefen und | |
dauerhaften Beziehungen zwischen den USA und Deutschland“ sprechen und die | |
gemeinsamen Werte beider Länder betonen. Das klingt wie ein Loblied auf die | |
deutsch-amerikanische Freundschaft. | |
Dabei ist das atlantische Jahrhundert nicht erst gestern für beendet | |
erklärt worden. Der Präsident des Europäischen Rates, Herman van Rompuy, | |
kündigte schon Anfang November 2011 an, das nächste Jahrhundert werde ein | |
pazifisches. Asien sei ein rasch wachsendes Kraftwerk der Forschung und | |
Wissenschaft, die Konkurrenzfähigkeit der Region der neue globale Standard. | |
Die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton sah das ähnlich - und auch | |
Obama selbst bezeichnete sich mehrfach als „Amerikas erster pazifischer | |
Präsident“. | |
## Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik | |
Handelszahlen und Truppenbewegungen im asiatischen Raum sprechen für einen | |
Paradigmenwechsel in der US-Außenpolitik. Während sich die Exporte nach | |
Deutschland auf einem gleich bleibenden Niveau befinden, ist der | |
Absatzmarkt in China zwischen 2007 und 2011 um fast 70 Prozent gewachsen. | |
Das erste Mal nach Vietnam verstärkte Obama die militärische Präsenz im | |
Pazifik, im australischen Parlament sagte er: „Hier sehen wir die Zukunft. | |
Als die am schnellsten wachsende Region der Welt ist der asiatische Pazifik | |
entscheidend zur Erreichung meiner höchsten Ziele.“ | |
Die EU mit Deutschland als eine der wichtigsten und mächtigsten Nationen | |
scheint abgeschrieben. China und Indien werden nicht nur die neuen Global | |
Player sein, sie sind auch die größten Gläubiger der USA. Politologen wie | |
Harvard-Professor Stephan Walt mahnen dementsprechend, es werde bald schwer | |
sein für Europa, sich noch Gehör auf der anderen Seite des Atlantiks zu | |
verschaffen. | |
Barack Obama mied in seiner ersten Amtszeit Deutschland. Es wird sein | |
erster Staatsbesuch sein. Von Freundschaft oder besonderer Sympathie | |
füreinander ist bei Obama und Merkel nichts zu spüren. Sieht man mal davon | |
ab, dass der Besuch eines Friedensnobelpreisträgers kein so schlechter | |
Auftakt im Wahlkampf sein könnte. | |
## Wildschweingrillen mit Angela Merkel | |
Bei ihrem ersten persönlichen Treffen 2009 in Dresden sollen die beiden | |
über Klimapolitik gestritten haben. Frau Merkel wollte sich nicht belehren | |
lassen. Auch diesmal sind Dissonanzen zu erwarten. Die Kanzlerin hat | |
angekündigt, mit Obama über den Abhörskandal der NSA zu sprechen. 2006 | |
hatte die Bundeskanzlerin den damaligen Präsidenten George W. Bush zum | |
Wildschweingrillen in ihren Wahlkreis nach Trinwillershagen eingeladen und | |
ihm später einen Gegenbesuch auf seiner Ranch abgestattet. Wenn Obama nach | |
Berlin kommt, lädt Frau Merkel ihm zu Ehren ins Schloss Charlottenburg ein. | |
Was eben so üblich ist, wenn hoher Besuch kommt. | |
Obama möchte sich also persönlich an die Deutschen wenden. Wird seine Rede | |
eine Retrospektive, eine Rückblende auf das gemeinsam Erreichte, um | |
endgültig Abschied zu nehmen? Oder sind die USA noch immer auf gute | |
Beziehungen mit der BRD angewiesen? Braucht Barack Obama Deutschland an | |
seiner Seite? | |
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11 Jun 2013 | |
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## AUTOREN | |
Elisa Heidenreich | |
Sören Musyal | |
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