# taz.de -- Cuvry-Brache in Berlin soll verschwinden: Bambule gegen Baupläne | |
> Und wieder soll die Cuvrybrache am Kreuzberger Spreeufer bebaut werden. | |
> Nun stellte der Investor seine Pläne vor – und erntete wütenden | |
> Widerspruch. | |
Bild: Bald kein Spreeblick mehr von der Cuvry-Brache? Der Investor verspricht e… | |
BERLIN taz | Schon der Anfang ist Tumult. „Die Brache bleibt Brache“, | |
schallt es durchs Zirkuszelt. „Wir lassen euch eh nicht bauen“, ruft ein | |
Zuhörer Investor Artur Süsskind entgegen. Der wird mit höhnischem Applaus | |
und Gelächter begrüßt. Das Setting ist klar: maximale Bambule gegen jede | |
Bebauung. | |
Geht es nach dem Berliner Immobilienunternehmer Süsskind, soll diese auf | |
dem Grundstück in der Kreuzberger Cuvrystraße erfolgen. Dort, zwischen | |
Schlesischer Straße und Spreeufer, liegt seit Jahren nur Brachland. Aktuell | |
campieren hier gut 20 Aussteiger, abends sitzen Touristen und Anwohner beim | |
Bier am Ufer. Ein Einkaufszentrum oder Hotel sollte auf der Fläche mal | |
entstehen. Nichts davon wurde realisiert. Vor einem Jahr scheiterte auch | |
eine temporäre Nutzung, diesmal am Protest der Kreuzberger: das BMW | |
Guggenheim Lab. | |
Süsskind, seit zwei Jahren Eigentümer des Areals, will dort nun Wohnblöcke | |
errichten, die „Cuvry-Höfe“. Zur Präsentation lädt er am Donnerstagabend | |
ins Zelt des Kinderzirkus Cabuwazi am Spreewaldplatz. Doch auch das | |
freundliche Ambiente hilft nicht: Als Süsskinds Architekt die | |
Projektentwürfe an die Leinwand wirft, buhen und pfeifen die gut 50 | |
Zuhörer, rufen dazwischen. Draußen stehen vorsorglich mehrere Polizeiwagen. | |
„Wir versuchen doch ein Einvernehmen zu finden“, beteuert Süsskind. Statt | |
des baurechtlich möglichen Hotels seien nur Wohnungen geplant, 250 auf | |
sechs Etagen, 10 Prozent davon im niedrigpreisigen Segment. Der | |
Uferstreifen bleibe öffentlich, eine Kita und Ladenflächen seien | |
vorgesehen. „Nur 10 Prozent Sozialwohnungen?“, ruft eine Frau. „Und was i… | |
mit den Leuten, die heute auf der Brache leben?“ | |
Prompt meldet sich einer der Camper zu Wort. „Warum muss überhaupt gebaut | |
werden?“, fragt der Mittdreißiger mit den langen blonden Haaren. Ein Jahr | |
lebe er auf dem Gelände. „Wir wollen eure Scheiße nicht, das ist unser | |
Zuhause.“ | |
Der Moderator versucht den Ärger weg von den Investoren zu lenken, bittet | |
die anwesende Senatsbaudirektorin Regula Lüscher und den grünen | |
Bezirksbürgermeister Franz Schulz zu Wort. „Wir brauchen Wohnungsneubau“, | |
verteidigt Lüscher das Projekt. „Und hier werden 250 Wohnungen geschaffen.“ | |
Schulz dagegen stellt sich klar gegen die Investoren. Der Stadtteil sei | |
schon heute „hoch verdichtet“. Käme es zur Räumung, orakelt Schulz, | |
demonstrierten die Leute wohl bald vor Süsskinds Haustür. „Ich glaube, dass | |
viel für eine Freifläche spricht. Nur müsste man dafür den Finanzsenator | |
überzeugen, das Grundstück zu kaufen.“ Süsskind verfolgt die Worte | |
fassungslos. | |
Für das Gelände ist Schulz’ Bezirk schon seit Ende der Neunziger Jahre | |
nicht mehr zuständig. Da zog das Land die Planungshoheit an sich, da das | |
Grundstück gesamtstädtische Bedeutung habe. In der Bauverwaltung wird nun | |
in den kommenden Monaten der neue Bebauungsplan aufgestellt. Kaufabsichten | |
für das Cuvry-Gelände lehnt der Senat ab. Dafür, sagte ein Sprecher der | |
Finanzverwaltung am Freitag der taz, sehe man „keine Anknüpfungspunkte“. | |
Im Cabuwazi-Zelt beklagt Lüscher denn auch die „fehlende Willkommenskultur“ | |
der Kreuzberger und verweist auf schriftliche Einwände, die noch bis | |
kommenden Freitag möglich seien. „Und dann?“, fragt eine Anwohnerin. „Was | |
kann man denn überhaupt noch ändern?“ | |
Wenig später endet die Vorstellung im Getöse. „Haut ab, haut ab“, schallen | |
letzte Sprechchöre durchs Zelt. Ein Mann schwenkt vor der Bühne eine | |
„Mediaspree Versenken“-Fahne, eine Frau ruft, „wegen solcher Projekte ist | |
in der Türkei gerade Revolution“. Investor Süsskind blickt erschöpft drein. | |
Die Bebauung der Cuvry-Brache, sie könnte noch dauern. | |
21 Jun 2013 | |
## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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