# taz.de -- Emissionshandel der EU: Klimaschutz nicht ganz tot | |
> Der CO2-Ausstoß soll für die Industrie teurer werden. Das EU-Parlament | |
> hat einer Reform zugestimmt. Jetzt warten alle auf die Deutschen. | |
Bild: Das freut sich Vattenfall: Der Strom aus dem Braunkohlekraftwerk Jänschw… | |
BERLIN taz | Das EU-Parlament hat zugestimmt, das wichtigste Instrument der | |
Staatengemeinschaft zum Klimaschutz, den Emissionshandel, wenigstens | |
notdürftig zu reparieren. Damit muss die Industrie künftig wieder mehr | |
zahlen, wenn sie CO2 in der Atmosphäre entsorgt. Die dafür notwendigen | |
Zertifikate sollen verknappt und damit verteuert werden. | |
„Gute Neuigkeiten“, freute sich Bundesumweltminister [1][Peter Altmaier] | |
(CDU), „Klimareaktionäre jetzt zumindest einmal geschlagen“, teilte die | |
Grüne EU-Abgeordnete [2][Rebecca Harms] mit, „Yes!“, entfuhr es der | |
dänischen EU-Klimaschutzkommissarin [3][Connie Hedegaard] und dem | |
zuständigen Berichterstatter im EU-Parlament, Matthias Groote (SPD), | |
unisono per Twitter: Die Reform war [4][im April] im EU-Parlament zunächst | |
abgelehnt worden, entsprechend groß war jetzt unter Befürwortern die | |
Erleichterung. | |
Liberale Abgeordnete und Teile der Industrie zeigten sich hingegen | |
enttäuscht. Nach Ansicht des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) | |
„verunsichert und irritiert die Vorgehensweise der EU die Industrie“. | |
Allerdings ist die Reform noch lange nicht beschlossen. Noch muss der | |
Europäische Rat, also die Mitgliedstaaten, in Verhandlungen mit der | |
Kommission und dem Parlament zustimmen. Allerdings glaubt in Brüssel | |
niemand, dass Deutschland noch vor der Bundestagswahl dazu bereit ist. | |
## Zertifikate nach Reform immernoch zu billig | |
Die Bundesregierung hat schlicht keine einheitliche Position – | |
Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt den Eingriff ab. „Die | |
europäische Umweltpolitik krankt daran, dass Deutschland als stärkstes | |
Wirtschaftsland der EU selten mit einer Stimme spricht“, kritisiert Groote. | |
„Die Enttäuschung über das deutsche Versagen in der EU-Klimapolitik ist bei | |
den europäischen Nachbarn inzwischen mit Händen zu greifen“, sagte der | |
politische Geschäftsführer von Germanwatch, Christoph Bals. | |
Konkret geht es darum, der EU-Kommission das Recht einzuräumen, 955 | |
Millionen CO2-Zertifikate verspätet auf den Markt zu werfen. Das soll sie | |
verteuern: Unternehmen müssen pro ausgestoßener Tonne des Klimagases ein | |
entsprechendes Zertifikat vorweisen. Teilweise werden sie kostenlos | |
verteilt, teilweise von den Mitgliedstaaten versteigert und, das ist | |
entscheidend: Unternehmen können sie untereinander handeln. | |
Dadurch entsteht, wie bei Aktien, ein Marktpreis, in dem Fall für CO2. Der | |
war allerdings in den letzten Jahren eingebrochen, weil die Unternehmen | |
aufgrund der Wirtschaftskrise ohnehin weniger CO2 ausgestoßen haben. Statt | |
in Klimaschutz zu investieren, kauften sie besser die billigen Zertifikate. | |
Ob die wirklich teurer werden, ist allerdings unklar. Die EU-Kommission | |
listet in einer Analyse unterschiedliche Preiskorridore von Marktanalysten | |
auf: Thomson Reuters sieht sie, trotz Reform, bei 8 bis 10 Euro pro Tonne, | |
Bloomberg New Energy Finance bei 2,60 bis 11 Euro. Um Unternehmen wirklich | |
zu Klimaschutz zu animieren, müsste der Preis, so sind sich verschiedene | |
Experten einig, bei mindesten 30 Euro pro Tonne liegen. | |
3 Jul 2013 | |
## LINKS | |
[1] http://twitter.com/peteraltmaier/status/352381121784315904 | |
[2] http://twitter.com/RebHarms/status/352381363804057600 | |
[3] http://twitter.com/CHedegaardEU/status/352378505041952768 | |
[4] /!114659/ | |
## AUTOREN | |
Ingo Arzt | |
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