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# taz.de -- Nach Putsch in Ägypten: Haftbefehle gegen Muslimbrüder
> Nach Mursis Absetzung führt der 67-jährige Richter Adli Mansur die
> Staatsgeschäfte. Es ist wenig über ihn bekannt. Indes werden Haftbefehle
> gegen Muslimbrüder erlassen.
Bild: Muslimbrüder protestieren am Donnerstag in Kairo.
KAIRO afp/ap | Bei den Großkundgebungen der ägyptischen Opposition wurde
niemals sein Bild hochgehalten, auf dem Tahrir-Platz hätte er bis zu diesem
Donnerstag unerkannt durch die Menge laufen können, doch nun steht er
plötzlich an der Spitze des Staates: Der Richter Adli Mansur wurde vom
Militär als Nachfolger des abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi
eingesetzt.
Die Militärführung benötigte eine möglichst neutrale Figur, um im
komplizierten Machtpoker in Kairo allen Beteiligten eine Atempause zu
gewähren und dem Ruf nach Demokratie und Rechtsstaatlichkeit eine Chance
einzuräumen.
Der 67-jährige Richter Mansur, gerade erst zwei Tage als Präsident des
Verfassungsgerichts im Amt, ist im Gerangel zwischen den islamistischen
Muslimbrüdern und den säkularen und modernen Kräften ein nahezu
unbeschriebenes Blatt. Ironie des Schicksals: Mursi selbst ernannte Mansur
Mitte Mai zum neuen obersten Verfassungsrichter – ein Amt, das dieser
turnusmäßig am 1. Juli antrat.
Über den neuen Staatschef ist in der ägyptischen Öffentlichkeit nur wenig
bekannt. Die Opposition sammelte sich hinter ganz anderen Persönlichkeiten
– etwa hinter dem Friedensnobelpreisträger und ehemaligen Chef der
Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Mohammed ElBaradei, und hinter
dem früheren Chef der Arabischen Liga, Amr Mussa. Von Mansur ist bekannt,
dass er drei Kinder hat und dass er früher einmal ein Stipendium erhielt,
um in Paris die Elite-Hochschule Ecole Nationale d'Administration (ENA) zu
besuchen.
## Unausfällige Karriere
Mansur durchlief eine unauffällige Richterkarriere. Er war lange Jahre an
staatlich geförderten religiösen Gerichten tätig, um nach muslimischen
Normen Recht zu sprechen – aber auch an weltlichen Gerichten, wo es um
Zivil- und Strafrechtsprozesse ging.
Mansurs prominenteste richterliche Tätigkeit vor der Berufung an die Spitze
des Verfassungsgerichts – und dann des Staates – war die Mitgestaltung des
rechtlichen Rahmens für die Präsidentschaftswahl im vergangenen Jahr, aus
der Mursi als Sieger hervorging.
Nun soll er die gewaltige Aufgabe meistern, in einem zutiefst zerrissenen
Land, das auf tödliche Auseinandersetzungen zwischen den verfeindeten
politischen Lagern zurückblickt, den Übergang in eine neue Phase der
Demokratie zu gewährleisten.
Indes haben die ägyptischen Behörden Haftbefehle gegen zwei führende
Funktionäre der islamistischen Muslimbruderschaft erlassen, aus der Mursi
kommt. Mohammed Badia, dem spirituellen Führer der Organisation, und
Chairat al-Schater, ihrem organisatorischen Hirn und Finanzier, werde die
Anstiftung zu tödlicher Gewalt gegen Demonstranten vorgeworfen, berichtete
die staatliche Nachrichtenagentur Mena am Donnerstag.
Die Türkei hat den Sturz von Ägyptens Präsident Mohammed Mursi durch das
Militär unterdessen verurteilt. Mursis Absetzung sei „nicht hinnehmbar“,
sagte Außenminister Ahmet Davutoglu am Donnerstag und forderte Mursis
Entlassung aus dem Hausarrest. Mursi sei auf illegale Weise gestürzt
worden, sagte Davutoglu. Zuvor hatte bereits die parteiübergreifende
türkische Menschenrechtskommission die Vorgänge am Nil verurteilt.
Mursi und seine islamistische Regierung waren mit der türkischen
Staatsspitze verbündet.
4 Jul 2013
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