Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- US-Unterstützung für Ägypten: Militärhilfe steht auf der Kippe
> Der Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten in Ägypten durch das
> Militär könnte den Geldfluss aus den USA stoppen. Ein Dilemma – für beide
> Seiten.
Bild: Und jetzt? Obama samt Anhang im Situation Room
WASHINGTON dpa | Stundenlang bleibt US-Präsident Barack Obama nach der
Entmachtung des ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi stumm. Im
abhörsicheren „Situation Room“ im Keller des Weißen Hauses berät er über
die Lage in Kairo mit Verteidigungsminister Chuck Hagel, CIA-Chef John
Brennan, Generalstabschef Martin Dempsey und anderen ranghohen Mitgliedern
seines Sicherheitsstabes.
Erst nach gründlichem Abwägen wendet er sich kritisch ans ägyptische
Militär. „Zutiefst besorgt“ sei er über den Sturz eines demokratisch
gewählten Präsidenten, lässt er schriftlich verbreiten.
Das entscheidende Wort „Putsch“ vermeidet Obama bewusst. Denn sollten die
USA Mursis Sturz tatsächlich als Coup d'Etat definieren, könnte das
erhebliche finanzielle Konsequenzen haben: Ein US-Gesetz von 1961 schränkt
die Hilfe an die Regierung jedes Landes ein, „dessen ordnungsgemäß
gewählter Staatschef durch einen Militärputsch oder -erlass abgesetzt
wird“. Er habe seine Regierung angewiesen, zu prüfen, welche Konsequenzen
die Ereignisse auf die Hilfe für Ägypten hätten, sagt Obama.
Kairo gehört seit Jahrzehnten zu den größten Empfängern von
US-Militärhilfe: Rund 1,3 Milliarden Dollar (knapp eine Milliarde Euro)
flössen jährlich in die Verteidigungskasse nach Kairo, heißt es im jüngsten
[1][Bericht der Recherchestelle des US-Kongresses.]
Das ist einerseits Folge des 1979 geschlossenen Friedensplanes zwischen
Israel und Ägypten, andererseits ist es Geld, das die amerikanische
Rüstungsindustrie anfeuert. Daran, den Geldhahn zuzudrehen, dürfte beiden
Seiten nicht gelegen sein.
## Ägyptische Rüstung „made in USA“
Zwei Drittel des Geldes gibt Kairo für Waffenkäufe und Zubehör beim
Finanzier selbst aus. Allein der US-Rüstungskonzern Lockhead Martin
lieferte in den vergangenen zehn Jahren Kriegsgerät im Wert von 3,8
Milliarden Dollar an das ägyptische Militär. Die Teile für die M1-Panzer
auf dem Tahrir-Platz kamen aus dem Werk des Rüstungskonzerns General
Dynamics im Mittleren Westen der USA.
Durch die Aufträge aus Nordafrika können die Fließbänder am Standort Lima
(Ohio) weiterlaufen – Bestellungen aus dem eigenen Land sind dort erst
wieder 2017 zu erwarten. Kairo kauft auch Fregatten der Knox-Klasse,
F-16-Kampfjets und Apache-Hubschrauber „made in USA“.
Auch im Haushaltsjahr 2014 will Präsident Barack Obama die Militärhilfe von
1,3 Milliarden Dollar fortschreiben. US-Außenminister John Kerry betont:
„Eine starke Sicherheitspartnerschaft zwischen Ägypten und den USA,
unterlegt mit Militärhilfe, erhält uns einen Draht zur ägyptischen
Militärführung, die zu den Hauptmeinungsmachern des Landes gehört.“
Obendrein sollen 250 Millionen für die ökonomische Entwicklung überwiesen
werden.
## Beziehungen auf Autopilot
Doch zahlreiche US-Politiker kritisieren seit längerem den Deal mit dem
unberechenbaren Land, der vor allem auf die guten Beziehungen zwischen dem
ehemaligen US-Präsidenten Jimmy Carter und seinem ägyptischen Amtskollegen
Anwar el Sadat zurückgeht. „Ägyptens Militär ist unser Freund – aber Mur…
ist unser Feind“, sagte kürzlich etwa der konservative Senator James Inhofe
(Oklahoma), als er den Lieferstopp der F16-Kampfjets nach Kairo forderte.
Auch der republikanische Senator John McCain (Arizona) dringt darauf, die
Militärhilfe zu überdenken. Statt mit Kampfjets und Panzern solle die
US-Regierung Ägypten besser mit Technik zur Bekämpfung von Aufständen und
Terrorismus ausrüsten.
Befürworter sehen in den Überweisungen nach Ägypten eine Möglichkeit,
Einfluss zu nehmen: auf den Demokratisierungsprozess etwa oder auf die
Wahrung des israelisch-ägyptischen Friedensvertrags. Für manche Kritiker
ist das nicht genug. „Die Regierung hat ihre militärischen Beziehungen (zu
Ägypten) auf Autopilot gestellt“, kritisiert Michelle Dune vom Thinktank
„Atlantic Council“ [2][in der Washington Post]. Washington habe die
diplomatischen Beziehungen zu Mursi einfach so weiter unterhalten wie zu
seinem Vorgänger Husni Mubarak. „Diese Politik ist eine Art Schlamassel.“
4 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.pdfdownload.org/pdf2html/view_online.php?url=http%3A%2F%2Fwww.fa…
[2] http://articles.washingtonpost.com/2013-03-02/world/37388565_1_military-aid…
## AUTOREN
Antje Passenheim
Marco Mierke
## TAGS
Ägypten
USA
Militär
Barack Obama
Ägypten
Rüstungsindustrie
Ägypten
Ägypten
Muslimbrüder
Ägypten
Tahrir-Platz
Mursi
Mohammed Mursi
## ARTIKEL ZUM THEMA
US-Unterstützung für Ägypten: Lieferung von Kampfjets eingestellt
Ohne US-Militärhilfe sähe es für die ägyptischen Militärs mau aus. Jetzt
stoppt Washington die Lieferung von vier Kampfjets. Was wird aus dem Geld
an Kairo?
Menschen mit Behinderung: Britisches Militär nutzt Lebenshilfe
Eine britische Rüstungsfirma hat tausende Bauteile in einer Cuxhavener
Werkstatt herstellen lassen. Die Lebenshilfe ging davon aus, dass es zivile
Teile waren.
Staatsstreich in Ägypten: Muslimbrüder rufen zu Protest auf
Ägyptens Muslimbrüder wollen sich mit dem Staatsstreich des Militärs nicht
abfinden. Nach dem Freitagsgebet droht es unruhig zu werden.
Wie geht es nach Mursis Sturz weiter?: Vereint im Hass auf die Brüder
Revolutionäre und Konterrevolutionäre haben Mohammed Mursi aus dem Amt
gejagt. Ein gemeinsames Zukunftsmodell fehlt jedoch.
Nach dem Putsch in Ägypten: „Kein Zutritt für Brüder“
Hunderttausende feiern den Abtritt von Präsident Mursi. Doch trotz aller
Wut gegen die Muslimbrüder: Religion gehört zum politischen Leben.
Nach Putsch in Ägypten: Haftbefehle gegen Muslimbrüder
Nach Mursis Absetzung führt der 67-jährige Richter Adli Mansur die
Staatsgeschäfte. Es ist wenig über ihn bekannt. Indes werden Haftbefehle
gegen Muslimbrüder erlassen.
Kommentar Ägypten: Welcher Militärputsch?
In Ägypten hat die Armee bereits den zweiten Präsidenten verjagt. Sie hat
nie aufgehört, zu regieren. Trotzdem muss das Militär nun die Muslimbrüder
mit einbeziehen.
Putsch in Ägypten: Bye bye, Mursi!
Das Militär putscht, Kairo jubelt: Die Armeeführung hat den umstrittenen
Präsidenten Mohammed Mursi entmachtet. Seine Gegner feiern eine
Riesenparty.
Staatskrise in Ägypten: Das Militär setzt Präsident Mursi ab
Die ägyptische Armee hat den Staatschef Mohammed Mursi seines Amtes
enthoben. Auch die Verfassung wurde außer Kraft gesetzt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.