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# taz.de -- Nach tödlichen Schüssen in Kairo: Aufrufe zum Volksaufstand
> Nach dem blutigen Gewaltausbruch vor einem Militärgelände in Kairo rufen
> Muslimbrüder zu neuer Gewalt auf. Ägypten rutscht weiter ins Chaos.
Bild: Unterstützen weiter Mohammed Mursi: Muslimbrüder in der Nähe der Unive…
KAIRO dpa/afp | Nach den [1][gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Militär
und Mursi-Anhängern vor dem Gelände der Republikanischen Garde] in Kairo,
bei denen am Montag nach Angaben aus Sicherheits- und Medizinerkreisen
mindestens 42 Menschen getötet und 322 weitere verletzt wurden, ist die
Stimmung in Ägypten weiter gereizt. Die Partei der Muslimbruderschaft rief
nach dem Vorfall zu einem „Aufstand des ägyptischen Volkes“ auf.
Übergangspräsident Adli Mansur ordnete eine Untersuchung der Gewalt an.
Die radikal-islamischen Salafisten kündigten an, sich mit sofortiger
Wirkung aus den Verhandlungen über die politische Zukunft des Landes
zurückzuziehen. Die Verhandlungen über die Übergangsregierung erschweren
sich damit. Wer dessen Chef wird, steht noch nicht fest. Nachdem die
Salafisten dei Wahl des Säkulären Oppositionsführers Mohammed ElBaradei
blockiert hatten, ist nun der Technokrat Siad Bahaa Eldin im Gespräch.
Im Ausland wurde der Vorfall kritisch bewertet. Die türkische Regierung
veruteilte das Vorgehen als „Massaker“. „Ich übermittle dem ägyptischen
Brudervolk mein Beileid“, teilte Außenminister Ahmet Davutoglu am Montag
über Twitter mit.
Die radikal-islamische Hamas, die als Ableger der Muslimbruderschaft gilt,
veruteilte ebenso den Gewaltausbruch und drückte ihr Beileid für die
betroffenen Familien aus. Musris Präsidentschaft hatte auch sie gestärkt.
Seit dem Sturz Mursis vergangene Woche hat Ägypten jedoch einen wichtigen
Grenzübergang zum Gazastreifen auf unbestimmte Zeit geschlossen. Als Grund
dafür wurden Sicherheitsbedenken genannt.
## Unterschiedliche Versionen
Nach Militärangaben kam es zu den Zusammenstößen, als Angreifer versuchten,
den Offiziersclub der Republikanischen Garde zu stürmen. Zuvor hatte es in
Kairo Gerüchte gegeben, dass sich der vom Militär gestürzte Präsident
Mohammed Mursi dort aufhalten könnte. Das Militär nahm nach eigenen Angaben
etwa 200 Bewaffnete fest. Sie hätten unter anderem Schusswaffen und
Brandsätze bei sich gehabt, hieß es in der Stellungnahme der Armee.
Die Muslimbruderschaft hingegen erklärte, dass ihre Unterstützer bei einer
Protestveranstaltung während des Morgengebets attackiert worden seien. Der
Sprecher der Organisation, Gehad al-Haddad, schrieb im
Kurznachrichtendienst Twitter, Polizei und Armee hätten versucht, einen
Sitzstreik der Mursi-Anhänger mit Gewalt aufzulösen. In einer Mitteilung
betonten die Muslimbrüder, das ägyptische Volk wolle nicht wieder unter
einer Militärdiktatur leben und werde den Kampf dagegen fortsetzen.
Augenzeugen berichteten ebenfalls, die Armee habe lediglich Tränengas
eingesetzt und Warnschüsse abgegeben. „Schläger“ in Zivil seien für die
Gewalt verantwortlich. Unter den Augenzeugen waren auch Unterstützer der
Muslimbruderschaft. Über dem betroffenen Stadtteil von Kairo flogen
Helikopter, ein massives Aufgebot an Ordnungskräften war im Einsatz.
## Rückzug aus politischen Gesprächen
Die radikal-islamischen Salafisten zogen sich aus den politischen
Gesprächen zur Regierungsbildung zurück. Der Sprecher der Nur-Partei
(Partei des Lichts), Nader al-Bakkar, erklärte über Twitter: „Wir haben als
Reaktion auf das Massaker vor dem Club der Republikanischen Garde
beschlossen, uns mit sofortiger Wirkung aus allen Verhandlungen
zurückzuziehen.“ Die Salafisten hätten sich zur Teilnahme an den Beratungen
bereiterklärt, um Blutvergießen zu verhindern. „Nun fließt das Blut in
Strömen“, fügte er hinzu.
Die ultra-konservative Nur-Partei hatte sich ursprünglich an der Suche nach
einer neuen Führung in Ägypten beteiligt. Die Gespräche verliefen bislang
jedoch erfolglos, weil sich die Salafisten laut Medienberichten gegen
Favoriten wie den Friedensnobelpreisträger Mohammed ElBaradei und den
Sozialdemokraten Siad Bahaa El-Din gestellt hatten und eine politisch
neutrale Persönlichkeit verlangten.
## Schließung der Zentrale der Islamisten
Nach dem Fund von Waffen hat die ägyptische Justiz die Schließung der
Zentrale der islamistischen Partei für Freiheit und Gerechtigkeit
angeordnet. In dem Gebäude in der Hauptstadt Kairo seien Messer, brennbare
Flüssigkeit und andere Waffen gefunden worden, die gegen Demonstranten
eingesetzt werden sollten, erklärte ein Vertreter der Sicherheitskräfte am
Montag. Die Partei für Freiheit und Gerechtigkeit ist der politische Arm
der islamistischen Muslimbruderschaft, der der vergangene Woche gestürzte
Präsident Mohammed Mursi entstammt.
ElBaradei forderte unterdessen eine unabhängige Untersuchung der tödlichen
Zusammenstöße. „Gewalt erzeugt Gegengewalt und sollte scharf verurteilt
werden“, warnte er über den Kurznachrichtendienst Twitter. Ein friedlicher
Übergang sei der einzige Weg für Ägypten. Die Staatsanwaltschaft nahm am
Montagnachmittag die Ermittlungen auf.
Am Sonntagabend hatten in Kairo erneut Zehntausende Anhänger wie auch
Gegner des gestürzten Präsidenten Mursi demonstriert. Gegner der durch das
Militär beendeten Herrschaft der Islamisten strömten in großer Zahl auf dem
Tahrir-Platz im Zentrum Kairos zusammen. Die Militärführung hatte den
Präsidenten nach tagelangen Massenprotesten am vergangenen Mittwoch nach
nur einem Jahr im Amt abgesetzt.
8 Jul 2013
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