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# taz.de -- Politische Krise in Ägypten: Erneut Schüsse in Kairo
> Während in Ägypten ein neuer Übergangspräsident im Gespräch ist, ziehen
> sich die Salafisten aus den Verhandlungen zurück. Die Gewalt auf der
> Straße geht weiter.
Bild: Soldaten der ägyptischen Armee vor dem Tahrir Platz.
KAIRO afp | Nach Bedenken gegen den säkularen Oppositionsführer Mohammed
ElBaradei soll der Technokrat Siad Bahaa Eldin der Chef der ägyptischen
Übergangsregierung werden. Bahaa Eldin werde am Montag „sehr
wahrscheinlich“ mit dem Posten betraut, sagte der Medienberater von
Übergangspräsident Adli Mansur am Sonntag. Derweil gingen erneut
hunderttausende Gegner und tausende Anhänger des gestürzten islamistischen
Staatschefs Mohammed Mursi auf die Straße.
Die Gruppierungen, die hinter Mursis Entmachtung durch das Militär stehen,
hätten sich auf Bahaa Eldin als neuen Chef der Übergangsregierung geeinigt,
sagte Mansurs Medienberater Ahmed al-Muslimani dem Fernsehsender ONTV.
Der 48-jährige Bahaa Eldin ist der Sohn eines bekannten Schriftstellers und
hat für verschiedene Finanzinstitutionen gearbeitet, unter anderem in
Washington. 1997 wurde er Berater im ägyptischen Wirtschaftsministerium. In
die aktive Politik trat der verheiratete Vater zweier Kinder aber erst 2011
nach dem Sturz des langjährigen Machthabers Husni Mubarak ein.
## ElBaradei nicht bei allen beliebt
Zunächst war der frühere Chef der Internationalen Atomenergiebehörde
(IAEA), ElBardei, als Übergangsregierungschef gehandelt worden. Das
Vorhaben stieß jedoch auf den Widerstand der einflussreichen salafistischen
Al-Nur-Partei. „Wir können nicht von nationaler Versöhnung sprechen und
dann Mursis ärgsten Gegner zum Ministerpräsidenten machen“, sagte der
ranghohe Al-Nur-Funktionär Nader Bakkar.
Allerdings meldeten die Salafisten auch gegen Bahaa Eldin Bedenken an. „Wir
haben nichts gegen ihn persönlich, er ist eine wirtschaftliche Stütze“,
sagte Al-Nur-Funktionär Junis Machjun dem Fernsehsender Al-Arabija. Seine
Partei lehne Bahaa Eldins Kandidatur jedoch ab, weil er ElBaradeis
Nationaler Heilsfront angehört habe.
Al-Muslimani hatte gesagt, Mansur werde zwar auf Einwände hören, er könne
aber nicht alle mit seiner endgültigen Entscheidung zufriedenstellen. Die
Entscheidung über den künftigen Regierungschef sollte am Montag bekannt
gegeben werden. ElBaradei soll laut al-Muslimani zu Mansurs Stellvertreter
ernannt werden.
## Weitere Demonstrationen im Land
Unterdessen gingen erneut hunderttausende Gegner und Anhänger Mursis auf
die Straße. In der Hauptstadt Kairo versammelten sich am Sonntagabend etwa
250.000 Mursi-Gegner insbesondere auf dem Tahrir-Platz, vor dem
Präsidentenpalast gab es eine weitere Versammlung. „Wir sind auf der
Straße, um der Welt zu zeigen, dass es eine Revolution des Volkes war und
kein Putsch“, der Mursi entmachtet habe, sagte eine Demonstrantin namens
Magda.
Auch in anderen Landesteilen, insbesondere in der nordägyptischen Metropole
Alexandria, gab es Kundgebungen. Mancherorts waren Schüsse zu hören. Das
Gesundheitsministeriums teilte mit, bei den Demonstrationen vom Sonntag
seien 29 Menschen verletzt worden.
Zehntausende Anhänger Mursis versammelten sich derweil zu
Gegendemonstrationen in der Nähe der Universität von Kairo, im Viertel
Giseh und vor einer Moschee im Vorort Nasr City. Sie blockierten die
Hauptzufahrtsstraße zum internationalen Flughafen von Kairo und
kritisierten Mursis Entmachtung als Putsch, der das Ergebnis freier Wahlen
missachte.
## Schüsse der Sicherheitskräfte
Bei einem bewaffneten Angriff unweit des Hauptquartiers der
Republikanischen Garde in Kairo wurden mindestens 34 Menschen getötet. Das
teilte ein Sprecher des ägyptischen Gesundheitsministeriums am Montag mit.
Bei den Todesopfern handele es sich um Anhänger des abgesetzten Staatschefs
Mohammed Mursi, teilte ein Sprecher der Streitkräfte am Montag mit. Demnach
fielen die Schüsse, als die Gruppe das Gebäude stürmen wollte. Auch bei den
Armeetruppen habe es Opfer gegeben. Details nannte der Militärsprecher aber
nicht. Das Staatsfernsehen berichtete von mindestens einem getöteten
Soldaten.
Infolge dessen zog sich die einflussreiche salafistische Al-Nur-Partei aus
den Verhandlungen über eine Übergangsregierung in Ägypten zurück. Dieser
Schritt sei eine Reaktion auf das "Massaker" vor dem Sitz der
Republikanischen Garde in Kairo, erklärte Parteisprecher Nader Bakkar am
Montag im Internetdienst Twitter.
Am Freitag waren bei Zusammenstößen von Gegnern und Anhängern Mursis
mindestens 37 Menschen getötet und mehr als 1400 weitere verletzt worden.
Die Armee hatte Mursi am Mittwoch nach Massenprotesten abgesetzt. Als
Übergangspräsident wurde der oberste Verfassungsrichter Mansur eingesetzt.
Mursi hatte vor einem Jahr die ersten freien Präsidentschaftswahlen in
Ägypten gewonnen. Seine Gegner warfen ihm vor, nur die Interessen der
islamistischen Muslimbrüder zu vertreten und Ägyptens kriselnde Wirtschaft
nicht in Gang zu bringen.
8 Jul 2013
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