# taz.de -- ARD-Dokumentation „Der Chefankläger“: Ein eitler Menschenfäng… | |
> Ein ARD-Team hat über Jahre den Juristen Luis Moreno Ocampo begleitet. | |
> Herausgekommen ist ein unkritisches Porträt des Den Haager Chefanklägers. | |
Bild: Luis Moreno Ocampo war von 2003 bis 2012 Chefankläger am Internationalen… | |
„Ich habe das Gefühl, einen Jet-Fighter zu fliegen. Ich kann nicht | |
entspannen“, sagt Luis Moreno Ocampo. Und wenn man die Dokumentation „Der | |
Chefankläger“ von Marcus Vetter („Mein Vater, der Türke“, 2006) und Mic… | |
Gentile gesehen hat, glaubt man das dem Argentinier durchaus. | |
Doch so spannend ein Porträt des ersten „First Prosecutor“ am | |
Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu werden verspricht – Vetter | |
und Gentile enttäuschen mit einem sehr zahmen und langatmigen Werbefilm für | |
den Protagonisten. | |
Der Film ermüdet durch die Fülle an Material. Drei Jahre lang haben beide | |
den eloquenten Juristen Ocampo begleitet. Es ist ihnen aber nicht gelungen, | |
daraus ein packendes, dichtes Porträt zu komponieren. Sie geben zwar einen | |
guten Einblick in Ocampos Büroalltag: Er empfängt internationale | |
Delegationen und Promis wie Hollywood-Schauspielerin Angelina Jolie, gibt | |
etliche Interviews, arbeitet auch zu Hause eifrig am Laptop und jettet | |
durch die Welt – so 2011 nach Libyen, als ein Haftbefehl gegen Muammar | |
al-Gaddafi und seinen Sohn Saif al-Islam ausgestellt wird. | |
Doch Vetter und Gentile fehlt die Distanz zu ihrem Protagonisten Ocampo. | |
Weder kommentieren sie sein Handeln noch stellen sie die nötigen kritische | |
Fragen. Ihr Film enttäuscht durch seine Oberflächlichkeit. | |
Deutlich wird das am Prozess gegen Thomas Lubanga Dyilo, dessen | |
Vorbereitung und Verlauf einen großen Raum in der Dokumentation einnimmt. | |
Das Verfahren gegen den Exmilizenführer aus dem Kongo wegen der | |
Rekrutierung von Kindersoldaten wird im Genre des Justizthrillers | |
aufgezogen. Um Emotionen auszulösen, werden schockierende Aufnahmen | |
eingesetzt, in denen gefoltert und gemordet wird. Es gelingt, den Zuschauer | |
zu verstören. Aber Hintergründe werden nicht beleuchtet, und der eitle, | |
selbstgerechte Ocampo wird als unparteiischer Chefankläger und Verteidiger | |
der Menschenrechte stilisiert. | |
Aber wer ist der 1952 in Buenos Aires geborene Mann? Außer dem Mitwirken | |
beim Prozess gegen die argentinische Militärjunta 1985 bleibt seine | |
Biografie in den fast neunzig Minuten Filmdauer im Dunkeln. So gibt es auch | |
keine Antwort auf die Frage, wie Ocampo eigentlich zu dem Posten in Den | |
Haag gekommen ist. Dafür erfahren die Zuschauer, was nach seinem | |
Ausscheiden 2012 passiert: Der Jurist wird Partner in einer großen New | |
Yorker Kanzlei und berät die Weltbank. | |
„Der Chefankläger“, Dienstag, 22.45 Uhr, ARD | |
9 Jul 2013 | |
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