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# taz.de -- Polizeiübergriff in Bremen: Bilder an die Macht
> Nicht mal Polizisten hält Überwachung von Gewalt ab. Diese Bilder gehören
> in die Öffentlichkeit. Vor ihr muss sich die Polizei verantworten.
Bild: Sehen viel, wissen nichts: Überwachungskameras im öffentlichen Raum.
Die Bilder der Überwachungskamera sind brutal. Ein junger Mann wird im
Eingangsbereich einer Bremer Disothek [1][von bis zu sieben Polizisten in
die Mangel genommen.] Sie drängen ihn in eine Ecke. Ein Beamter geht ihm an
die Gurgel. Vier Polizsten drücken ihn zu Boden. Ein Fünfter tritt den
Discobesucher und schlägt ihn mit einem Stock.
Das in dieser Woche öffentlich gewordene Bremer Video ist bereits das
zweite binnen kurzer Zeit, das Polizisten bei der Arbeit zeigt – und für
Aufregung sorgt. Erst Ende Juni hatte ein über Facebook und Youtube
[2][verbreiteter Handyfilm dokumentiert,] wie ein Polizist in Berlin einen
nackten Messerträger in einem Brunnen erschießt. Beide Filmchen bringen
einen neuen Dreh in die langjährige Diskussion über Videoüberwachung, weil
nicht Sicherheitskräfte das Volk filmen, sondern umgekehrt.
Überwachungsfans nannten bisher stets zwei Hauptgründe für Kameras:
Abschreckung und Aufklärung. Der erste dürfte spätestens durch die Bilder
aus Bremen widerlegt sein. Schließlich lassen sich nicht einmal Polizisten
durch Kameras von Gewalt abhalten.
Überraschender aber ist, dass nun ausgerechnet die Anhänger einer
flächendeckenden Kamerainstallation die Aussagekraft der Bilder in Frage
stellen. An vorderster Front die Vorsitzenden der Polizeigewerkschaften GdP
und DPolG. Beide warnen vor einer Vorverurteilung der Beamten in Bremen,
weil man ja die Vorgeschichte der Prügelei auf dem Video nicht sehe. Mit
dem gleichen Argument wurde die Beweiskraft der Bilder vom tödlichen Schuss
in Berlin angezweifelt.
## Nur grobe Bilder möglich
Und tatsächlich: Sie haben recht! Videos sind mächtig, bildmächtig. Sie
setzen sich fest im Kopf, sie drängen dem Betrachter eine Sichtweise auf –
aber eben immer nur eine. Und die kann falsch sein. Schön, wenn sich diese
Erkenntnis auch bei Überwachungsfans durchsetzt.
Umgekehrt darf nicht vergessen werden, dass ein Bild von einem prügelnden
Polizisten nicht unbedingt eine Straftat zeigt. Polizisten dürfen und
müssen manchmal Gewalt anwenden. Das sieht selten schön aus. Entscheidend
ist: War ein Schlag, ein Schuss angemessen? Dank Video kann man sich ein
grobes Bild machen. Mehr aber auch nicht.
Und was heißt das jetzt für die Überwachungsdiskussion? Brauchen wir mehr
Kameras, damit wir uns ein besseres Bild machen können? Die Frage stellt
sich nicht mehr. Kameras sind allgegenwärtig. Der Staat filmt. Unternehmer
wie der Bremer Discobetreiber filmen. Der Rest filmt mit dem Handy. Und
alle wissen: Im Zweifel landen die Bilder in den Händen staatlicher
Ermittler.
Wichtiger ist: Wer kommt noch an die Videos? Gerade Bilder von –
mutmaßlicher – staatlicher Gewalt gehören in die Öffentlichkeit. Denn vor
der muss sich die Polizei verantworten. Und nur wer Zugriff auf die Bilder
hat, hat auch die Macht sie zu interpretieren. Die Polizei scheint das zu
wissen. In Bremen gibt es den Verdacht, dass sie versucht hat, das
Prügelvideo verschwinden zu lassen.
11 Jul 2013
## LINKS
[1] http://www.youtube.com/watch?v=LIvRVw4ardg
[2] /Tod-vor-dem-Roten-Rathaus/!118985/
## AUTOREN
Gereon Asmuth
## TAGS
Bremen
Polizei
Kameras
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Schwerpunkt Polizeigewalt und Rassismus
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