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# taz.de -- Teure Kinderbetreuung: Eine Nanny für zwei Knirpse
> Zwei Familien teilen sich die Tagesmutter und stocken deren Lohn mit
> Schwarzgeld auf. Eine der Mütter erzählt und warnt vor jeder
> „Nanny-Romantik“.
Bild: Im Regen: Die Suche nach einem Kitaplatz ist schwierig, eine private Tage…
BERLIN taz | Als Gitte und Martin Steinfeld ihr zweites Kind bekamen,
wollten weder Mutter noch Vater beruflich kürzertreten. Gitte Steinfeld
hatte schon beim ersten Kind ein Erziehungsjahr absolviert und befürchtete,
als Journalistin den beruflichen Anschluss zu verlieren, wenn sie erneut
pausierte. Die Familie, die in Wirklichkeit anders heißt, tat sich mit
Nachbarn zusammen, die ein ähnliches Problem hatten.
„Mir war wichtig, dass Robby bei einer Tagesmutter genug Wärme, Zuwendung
und Körperkontakt bekommt. Außerdem erlaubte es weder mein Honorarjob in
der Redaktion noch Martins Arbeit als Freiberufler, um 17 Uhr zu gehen, um
Robby in einer Krippe abzuholen.
Glücklicherweise hatten unsere Nachbarn genau das gleiche Problem mit ihrer
kleinen Tochter. Wir machten also eine einfache Rechnung auf – die, so gebe
ich zu, ohne etwas Schwarzarbeit nicht funktioniert hätte: Wir stellten an
vier Tagen in der Woche Margarete ein, um unsere beiden Kleinen zu Hause zu
betreuen.
Margarete war gelernte Erzieherin, schon etwas älter, und brauchte einen
freien Tag in der Woche, um eine Fortbildung als Shiatsu-Behandlerin zu
machen. An diesem Tag kümmerte ich mich um die Kinder.
## „Mein Honorar ging für die Tagesmutter drauf“
Wir zahlten Margarete ein Bruttogehalt und Sozialabgaben. Allerdings lag
das Bruttogehalt unter dem Erziehertarif und wir packten noch ein paar
hundert Euro als Schwarzlohn obendrauf, eine halblegale Mischkonstruktion.
Margarete ging so mit etwa 1.500 Euro netto nach Hause.
Insgesamt kostete das jede der beiden Familien mehr als 1.100 Euro im
Monat. Mein Honorar ging damit für die privat bezahlte Tagesmutter drauf,
ohne Martins Einkommen wäre das niemals gegangen. Aber die beiden Kleinen
fanden es super, eine Bezugsperson zu Hause zu haben, die ihnen ihre
Lieblingsgerichte kochte und mit ihnen kuschelte, spielte, sang und so
lange auf den Spielplatz ging, wie sie wollten. Sie fuhr mit ihnen sogar
für zwei Tage auf einen Bauernhof.
Die Suche nach Margarete war nicht ganz einfach gewesen. Es ist
unglaublich, wer da so auftaucht, wenn man über eine Anzeige in einer
Tageszeitung eine private Tagesmutter sucht. Jede Frau, die irgendwann
schon mal selbst Nachwuchs aufgezogen hat und eine berufliche
Neuorientierung sucht, fühlte sich offenbar berufen, es mal als private
Kinderfrau bei einer Familie zu versuchen.
Mit drei Jahren kamen Robby und seine kleine Freundin dann in den
Kindergarten. Mein Mann und ich hatten unsere Arbeitszeiten inzwischen so
angepasst, dass wir die Kinder dort abwechselnd abholen konnten.
## Keinen Vorteil für die Tagesmutter
Abgesehen davon, dass die private Betreuung natürlich eine Geldfrage ist,
würde ich aber vor jeder Nanny-Romantik warnen. Margarete hatte zum
Beispiel anschließend Probleme, wieder in einer normalen Tagesstätte Fuß zu
fassen, weil sie aufgrund ihres Alters in einer hohen Tarifgruppe hätte
eingestuft werden müssen. Aus ihrer Shiatsu-Ausbildung wurde nichts. Und
durch das niedrige Bruttogehalt verringerte sie ihre Rentenansprüche, die
kaum über der Grundsicherung liegen dürften. Wir haben zu ihr keinen
Kontakt mehr.
Heute fände ich es okay, die Kinder im Alter von ein oder zwei Jahren
vielleicht nur ein paar Stunden in eine Krippe zu geben und die eigenen
Arbeitszeiten dem anpassen zu können. Aber ob das funktioniert, ist dann
wiederum eine Frage des Arbeitgebers.“
16 Jul 2013
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
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