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# taz.de -- Kolumne Ich meld' mich: Vor Einbruch der Nacht
> Im Yasuni Nationalpark in Ecuador lebt der Dschungel. Noch. Denn unter
> dem Boden liegen ergiebige Erdölfelder.
Bild: Hinterm Gebüsch lauert ...
Es wird Abend im Yasuni-Nationalpark. Von einem Moment zum anderen setzt
Lärm ein, ein Keckern und Zilpen, Schnarren und Flöten, als müsse sich
jedes Wesen vor Einbruch der Nacht noch einmal melden, um nicht vergessen
zu werden.
Den ganzen Nachmittag sind wir durch das Labyrinth namens Dschungel
gepaddelt. Wir haben Schlangenhalsvögel entdeckt, lärmende Papageien an
einer Salzlecke und Totenkopfäffchen, die wie Kamikaze-Akrobaten durch
einen Guavenbaum tobten. Hoatzins, die Urzeitvögel, bellten, und stahlblaue
Morphofalter taumelten wie besoffen übers Wasser.
In einem Seitenarm hatte unser Führer plötzlich den Finger auf den Mund
gelegt. Schon tauchte ein schwarzer Kopf aus dem Wasser, ein glitschiger
Körper folgte. Und plötzlich prusteten und planschten gleich fünf
Riesenotter wie Schuljungen miteinander. Jetzt gleiten wir zurück durch die
Kanäle. Der schwarze Spiegel des Wassers verdoppelt Palmen, Helikonien und
Mangroven.
Ein Glucksen und Gurgeln dringt aus der amphibischen Welt, immer wieder
hört man ein Wälzen im Wasser, einen Schwall, ein zu Tode erschrockenes
Fiepen. Große Fledermäuse sind unterwegs, die Frösche huldigen den ersten
Sternen. Das Gebiet der Napo-Wildlife-Lodge ist eines der wundersamsten
Stückchen Erde.
Doch unter seinem Boden liegt auch eines der ergiebigsten Erdölfelder
Ecuadors. Schon heute wird im Nationalpark nach Öl gebohrt. Noch nicht
angezapft sind drei große Felder. Präsident Correa hat der Welt angeboten,
diesen Schatz nie anzurühren – wenn sie ihm die Hälfte des Werts ersetzt.
Tolle Sache, fand die Welt. Aber zahlen – zahlen sollen die anderen. Der
Vorschlag hat sich wohl erledigt.
Irgendwann, befürchten die achtzig Familien vom Stamm der Kachwa, die in
der Lodge vom Tourismus leben, rücken dort die Bohrer an. Die Bungalows am
Ufer der Lagune kommen in Sicht. Ein letztes Mal grollen von fern die
Brüllaffen. Es klingt wie ein Rückzug. Wie Krieger, die einen Kampf
verloren haben.
20 Jul 2013
## AUTOREN
Franz Lerchenmüller
## TAGS
Ecuador
Erdöl
Yasuni Nationalpark
Buddhismus
Yasuni Nationalpark
Norwegen
Südafrika
Tropen
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