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# taz.de -- Kolumne Die eine Frage: Who the hell knows
> Werden die USA den Klimawandel jemals ernsthaft angehen, Professor Szasz?
> Beim Treffen in Kalifornien malt der Soziologe eine düstere Zukunft.
Bild: Komplementär zu Überschwemmungen in Illinois und Florida: Dürre in Okl…
In Kelly’s French Bakery sitzt man schön draußen. Mit tollem
Parkplatz-Blick. Das gilt in Kalifornien als normal. Andrew Szasz hatte mir
gesagt, er sei ein grau gewordener Babyboomer, ich würde ihn dann schon
erkennen. Und so ist es auch. Obwohl die Stadt, ehrlich gesagt, voller grau
gewordener Hippies und Babyboomer ist.
Szasz, 65, ist Soziologie-Professor an der University of California in
Santa Cruz und Experte für die Frage, warum sich Politik und Gesellschaft
in den USA dem Klimawandel gegenüber so verhalten, wie sie sich verhalten.
Also noch apathischer als wir. Ich habe nur eine Frage, Professor Szasz:
Werden die USA den Klimawandel jemals ernsthaft angehen?
Szasz trägt Sonnenbrille, Vollbart – und sieht jetzt fast amüsiert aus.
Dann sagt er sehr freundlich: „Who the hell knows?“ Wer, zum Teufel, kann
das wissen? Wie sich herausstellt, ist das seine eher optimistische
Variante. Obamas aktueller Klimaplan? Na ja, Obama hat bekanntlich schon
einiges geplant.
Szasz spricht davon, wie eine topfinanzierte Lobby die von Al Gore
initiierte Klima-Aufklärung in die Steinzeit zurückgeworfen habe. Es
funktioniert. Der (republikanische) Gouverneur von Florida, zum Beispiel,
„glaubt nicht“ an Klimawandel, weshalb sich für ihn das Problem nicht
stellt, dass Miami Beach und Teile Südfloridas demnächst wohl dauerhaft
überflutet sein werden. Wahnsinn? Ja, aber offenbar schätzen seine Bürger
das mehr, als wenn er Deiche bauen würde.
Die Ökobürger? In seinem Standardwerk „Shopping Our Way to Safety“
beschreibt Szasz den Konsum von Produkten mit ökosozialen Qualitäten nicht
als Teil einer gesellschaftlichen Bewegung, sondern als Rückzug aus der
Gesellschaft.
In den letzten Monaten hat Szasz in religiösen Milieus geforscht, auf der
Suche nach Dynamik jenseits des dysfunktionalen Rechts-links-Denkens. Die
Idee: Menschen, die ihre politischen Haltungen aus der Religion ableiten,
nehmen in ihr Werteportfolio offensiv den Kampf gegen den Klimawandel auf,
hier Bewahrung der Schöpfung genannt. Womöglich neben Rassismus,
Waffenobsession oder Homophobie, aber man kann in der Frage nicht mehr
wählerisch sein.
Leider deuten Szasz’ Studien darauf hin, dass das wohl auch nichts wird.
Und damit sind wir bei der Katastrophe. „Die Wahrscheinlichkeit ist hoch,
dass kaum etwas getan wird, bis etwas ganz Furchtbares geschieht und ein
Geschrei losgeht, dass sofort etwas passieren muss.“ Was? Da wir es mit
US-Amerikanern zu tun haben, wird dann wohl geschossen. Geo-Engineering,
denkt Szasz. Da schießt man, etwa, mit einer Silberkugel Wolken aus
Sulfatnanopartikeln in die Stratosphäre. Könnte fatal sein, aber was
soll’s, wenn die Katastrophe eh schon da ist?
Die Klimaanlagen surren. Die Whirlpools dampfen. Der Beach ist einen
Kilometer Luftlinie entfernt. Der Professor hat seinen Kaffee ausgetrunken
und geht Richtung Parkplatz. „Kein schlechtes Leben“, brummt er.
1956 ist Andrew Szasz vor den Kommunisten aus Ungarn geflohen. Ende der
60er demonstrierte er als aktiver Teil der Protestbewegung gegen den
Vietnamkrieg. „Damals dachten wir, dass wir die Welt ändern könnten“, sagt
Szasz. „Es war eine Illusion“.
23 Jul 2013
## AUTOREN
Peter Unfried
## TAGS
USA
Schwerpunkt Klimawandel
Kalifornien
Peter Altmaier
Fernsehen
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