# taz.de -- U-Ausschuss zum „Euro Hawk“: Absehbare Risiken | |
> Im Drohnen-Untersuchungsausschuss hat der erste Zeuge die gescheiterte | |
> Beschaffung des „Euro Hawks“ verteidigt. Die Oppositon fordert den | |
> Rücktritt de Maizières. | |
Bild: Sitzen. Fragen. Reden. Fragen. | |
BERLIN dpa | Der frühere Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan | |
hat eingeräumt, dass Risiken bei der Beschaffung der Aufklärungsdrohne | |
„Euro Hawk“ von Anfang an absehbar waren. Allerdings seien die Probleme in | |
der Konzeptionsphase von allen Beteiligten als lösbar eingeschätzt worden, | |
sagte der 66-Jährige am Montag als erster Zeuge vor dem | |
Drohnen-Untersuchungsausschuss des Bundestags. | |
„Es war niemand zu diesem Zeitpunkt da, der uns in irgendeiner Form gesagt | |
hätte: nein.“ Von Geburtsfehlern könne deshalb nicht die Rede sein. | |
Schneiderhan zeigte Unverständnis über den Abbruch des Projekts. „Ich habe | |
keine Alternativen bisher gesehen, diese Fähigkeitslücke zu decken“, sagte | |
er. Es sei die richtige Technologie. „Deswegen wäre ich bis zur Stunde | |
nicht auf den Gedanken gekommen: Dann lassen wir es bleiben.“ | |
Das milliardenschwere Drohnen-Projekt „Euro Hawk“ war vor zwölf Jahren von | |
einer rot-grünen Bundesregierung in die Wege geleitet worden, 2007 wurde | |
der Kaufvertrag unterzeichnet. Im Mai 2013 stoppte das | |
Verteidigungsministerium das Projekt wegen massiver Probleme bei der | |
Zulassung für den europäischen Luftraum und einer drohenden | |
Kostenexplosion. Zu diesem Zeitpunkt war schon mehr als eine halbe | |
Milliarde Euro investiert worden. | |
Schneiderhan war von 2002 bis 2009 Generalinspekteur und damit ranghöchster | |
Soldat der Bundeswehr und wichtigster militärischer Berater des | |
Verteidigungsministers. Vor dem Ausschuss sagte er, dass sich in der | |
Konzeptionsphase jeder bewusst gewesen sei, dass der „Technologiesprung“ | |
einer Drohnen-Anschaffung ein Risiko bedeute. | |
## Schneiderhan belastete de Maizière | |
Das sei aber kein Hinderungsgrund gewesen, die Beschaffung voranzutreiben. | |
„Wir waren der Meinung, dass wir uns diesem Trend nicht einfach entziehen | |
können“, sagte Schneiderhan. „Da waren wir uns alle einig, dass die | |
Bundeswehr diese Fähigkeit braucht.“ | |
Schneiderhan äußerte sich auch zur Informationspraxis innerhalb des | |
Ministeriums und belastete damit Verteidigungsminister Thomas de Maizière. | |
Der CDU-Politiker hatte beklagt, dass er von den zuständigen Stellen in | |
seinem Ministerium nur unzureichend schriftlich über die „Euro | |
Hawk“-Probleme informiert worden sei. | |
Schneiderhan sagte, wenn er immer auf schriftliche Vorlagen gewartet hätte, | |
wäre er vielleicht noch kürzer im Amt gewesen. Ein Generalinspekteur würde | |
„hohe Gefahr“ laufen, wenn er aus jedem Sachverhalt eine schriftlichen | |
Vorlage machen würde. Auf Nachfrage sagte er dazu, es bestehe das Risiko, | |
dass solche Vorlagen eher bei der Presse als beim Minister landeten. | |
Bis Ende Juli sollen in sechs Sitzungen 19 Zeugen darüber Auskunft geben, | |
wie das Projekt zur Beschaffung der Aufklärungsdrohne so katastrophal | |
scheitern konnte. Am Montag sollten auch noch die Ex-Verteidigungsminister | |
Rudolf Scharping (SPD) und Franz Josef Jung (CDU) vor dem Ausschuss | |
aussagen. Scharping war im Amt, als das Projekt in die Wege geleitet wurde, | |
Jung bei Vertragsunterzeichnung. Bis Ende Juli sollen in sechs Sitzungen | |
insgesamt 19 Zeugen befragt werden. | |
## Parlament und Öffentlichkeit belogen | |
Der jetzige Verteidigungsminister Thomas de Maizière soll den Abgeordneten | |
am 31. Juli Rede und Antwort stehen. Die Opposition wirft dem CDU-Politiker | |
vor, das Projekt zu spät gestoppt zu haben. Sie fordert seinen Rücktritt. | |
„Ein Minister, der lügt, muss zurücktreten. De Maizière hat sich in sein | |
eigenes Lügengebäude verstrickt“, sagte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles | |
am Montag in Berlin. | |
Der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold sagte am Montag im | |
ZDF-Morgenmagazin: „Nachdem sichtbar wurde, dass der Minister das Parlament | |
und die Öffentlichkeit belogen hat, bin ich der Auffassung, dass er nicht | |
mehr haltbar ist.“ De Maizière habe anfangs sogar noch erklärt, er habe von | |
allem nichts gewusst. Inzwischen wisse man, dass er mehrere schriftliche | |
Dokumente mit Hinweisen auf die Probleme gehabt habe. | |
Der Ausschuss will bis Ende August seinen Abschlussbericht vorlegen. Anfang | |
September will sich der Bundestag kurz vor der Wahl in einer Sondersitzung | |
damit befassen. „So darf ein Minister mit der Wahrheit nicht umgehen.“ | |
22 Jul 2013 | |
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