# taz.de -- Kommentar Pflege: Wette auf das schlechte Gewissen | |
> Die Zeiten sind gut für höhere Beiträge zur Pflegeversicherung. Denn | |
> viele Nachkommen sorgen sich um die Versorgung der gebrechlichen Eltern. | |
Bild: Pflege ist aufwendig und teuer. | |
Es gibt politische Diskussionen, in denen ideologisches Geschwätz | |
schmerzhafte Verteilungsdebatten über Jahre hin verschleiert. Die Pflege | |
ist ein solcher Bereich, in dem es gerne um Gefühle, um Familie und | |
Nachbarschaftshilfe geht, dabei sind Fakten hilfreicher. | |
Erstens: In einer zunehmend ökonomisierten Gesellschaft wird die Versorgung | |
der Senioren durch bezahlte Kräfte zunehmen, denn mehr Frauen sind | |
berufstätig und haben für die private Pflege keine Zeit. | |
Zweitens: Die Pflege wird aufwändiger, denn die Zahl der Demenzkranken | |
nimmt zu. Demenzkranke machen mehr Arbeit. Das weiß jede Pflegekraft, die | |
täglich SeniorInnen im Pflegeheim versorgt, die Kontinenzprobleme haben, | |
Essen und Trinken verweigern und nachts über die Gänge schleichen. | |
Mit dem Aufwand in der Pflege steigt auch die Zahl der Angehörigen, die ein | |
schlechtes Gewissen haben. Sie kriegen mit, wenn der ambulante Pflegedienst | |
Mutter oder Vater in der fernen Stadt nicht ausreichend versorgt, wenn ein | |
Elternteil in ein personell unterbesetztes Heim muss und kein Geld für | |
andere private Lösungen da ist. | |
Die Zeichen stehen daher gut für eine neue Verteilungsdebatte. Das | |
Kuratorium Deutsche Altershilfe und die Friedrich-Ebert-Stiftung legten am | |
Montag ein Konzept vor, das eine Aufstockung des | |
Pflegeversicherungsbeitrags um 0,5 Prozentpunkte erfordert, also eine | |
höhere Belastung von ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern. Auch | |
SPD-Spitzenkandidat Peer Steinbrück ist für mehr Leistungen und höhere | |
Beiträge. | |
Nachkommen, die nicht selbst pflegen können oder wollen, werden sich dem | |
nicht verschließen. Der Ruf nach höheren Leistungen und Beiträgen im | |
Kollektivsystem ist auch eine Wette auf das schlechte Gewissen. Könnte | |
politisch funktionieren. Und das ist gut. | |
6 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Barbara Dribbusch | |
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