| # taz.de -- Grüne und Pädophilie: So komisch-seifige Männer | |
| > Wie war das damals, beim Gründungsparteitag der Grünen 1980? Warum | |
| > beschäftigten die Befürworter von Sex mit Kindern die Fantasien der | |
| > Schwulen? | |
| Bild: Stadtindianer beim Grünen-Parteitag 1980 in Saarbrücken | |
| Weiß das wirklich noch jemand ganz genau, wie das damals lief, im Januar | |
| 1980 in Karlsruhe, also vor 33 Jahren? Verdienstvoll die Geschichte, die | |
| Franz Walter und seine Mitarbeiter nun recherchierten – wie es denn so war | |
| mit dem Pädo-Ding bei den Grünen. | |
| Ich weiß es nicht mehr präzise, obwohl ich es erlebt habe. Als die | |
| organisierten Pädos den Grünen zu Leibe rückten, um ins Programm zu | |
| lancieren, dass sogenannte einvernehmliche Sexualität von Erwachsenen mit | |
| Kindern unbedingt erlaubt gehört. Das war, als die Grünen sich zu | |
| etablieren begannen. Als Antiparteienpartei, wie Petra Kelly damals immer | |
| wieder betonte. Warum sollten nicht auch die Pädos ihren Platz finden? Die | |
| Grünen waren prädestiniert für die Lobbymühen der Pädos. | |
| Eine Halle in Karlsruhe, das Durchschnittsalter der Delegierten dürfte so | |
| niedrig gewesen sein wie nie mehr wieder. Aber das erinnern alle, die ich | |
| in den letzten Stunden sprach: Dass es eng war. Dass eine gewisse | |
| Nervosität, ein Missmut überhaupt das Plenum durchwirkte. | |
| Eine Atmosphäre, in der es weniger um Demos vor AKWs, | |
| Flugblattverteilungen, Straßenagitationen oder anderes Nichtbürokratisches | |
| ging. Sondern um Satzungsfragen. Man wollte eine Partei in einem Akt der | |
| Ekstase gebären, scheint mir heute, nicht als Klauberei um Spiegelstriche. | |
| Nur ein Faktor nervte – der nannte sich später Indianerkommune, und deren | |
| Mitglieder eroberten die Mikrofone. Sie schrien, grölten – und ihre | |
| Stimmen, so will es meine Erinnerung, klangen verzweifelt. So als wehrten | |
| sich Betroffene gegen drohende Schläger. Kinder, die ihren Peinigern sich | |
| entwinden wollen, Eltern, Erziehern oder Lehrern, rufen so. | |
| ## Appeal der unmittelbaren Betroffenheit | |
| So beschäftigten sie unsere Fantasien. Wir, eine Gruppe von schwulen | |
| Männern, die dafür sorgen wollten, dass erstmals eine politische Partei in | |
| der Bundesrepublik sich offen den politischen Wünschen homosexueller Männer | |
| geneigt zeigt, hatten diesen Appeal der unmittelbaren Betroffenheit nicht | |
| anzubieten. Was wir wollten, interessierte weitgehend null. | |
| Aber klar, natürlich wollte man die Schwulen integriert wissen – aber dass | |
| die Abschaffung des Paragrafen 175, der homosexuelle Handlungen mit Männern | |
| unter 18 verbot, dass überhaupt Diskriminierungen Thema waren? Nein. War es | |
| nicht, auch später nie. | |
| In Karlsruhe, als die Indianerkommunarden die Versammlung mit ihrer | |
| zelebrierten Hysterie erpressten, war das Homoding so randständig, trotzdem | |
| selbstverständlich mit im Spiel. Aber Pädo? Unter den schwulen | |
| Politikinteressierten aus der alternativen und linken Szene gab es meist | |
| kein besonders lobbyistisches Interesse, dem Werben von Pädogruppen zu | |
| folgen. Nicht einmal aus einer ausdifferenzierteren Überzeugung heraus. | |
| Pädos, das waren so komisch-seifige Männer, die irgendwie immer besonders | |
| lieb und gewaltfrei wirkten. Olaf Stüben etwa, ein Hamburger Aktivist, der | |
| sich aus seiner eigenen Biografie, aufgewachsen als Heimkind, besonders um | |
| jugendliche Treber kümmerte – und sein erotisches Interesse nicht | |
| verhehlte. | |
| Aber der hatte mit „Mitschnackern“, bösen, geilen Männern hinterm Gebüsch | |
| nichts zu tun. Stüben, der vor ein paar Jahren an den Folgen seiner | |
| Aidserkrankung starb, war ein ziemlich netter Kerl. Er wäre der Erste, der | |
| das Engagement von Antimissbrauchsinitiativen wie Wildwasser mit | |
| unterstützen würde. | |
| ## Fragen der Macht | |
| Man traut sich das kaum zu schreiben, aber es war eine andere Zeit. Kinder | |
| waren zu züchtigende Wesen. Wohlgemerkt: Von elterlicher Gewalt ist hier | |
| die Rede. Gegen diese sahen die Pädos, die wir damals sahen, eher wie die | |
| Gegenmodelle aus. Dass die (im Übrigen meist heterosexuelle) Wirklichkeit | |
| des sexuellen Missbrauchs in Familien gelebt wird, lernten wir schließlich | |
| durch die Frauen, die dieses Thema auf die Agenda auch der Grünen setzten. | |
| Fragen der Macht, der Ohnmacht also. | |
| Dass einige schwule Männer immer noch glauben, Pädos gehörten zur Community | |
| der Regenbogens, dass diese sogar meinen, Strafrecht schütze vor Missbrauch | |
| nicht, weil das Problem besser ausdiskutiert werde, steht auf einem anderen | |
| Blatt. Die Tonalität der Indianerkommunarden, ihr Drängen, in den | |
| Mainstream des Grünalternativen zu dürfen, klang so schrill und | |
| unbehaglich, dass von ihnen nichts blieb. Nur Underground, wenn überhaupt. | |
| ■ Jan Feddersen, 56, war Teil der schwulen Gruppe, die in der Bunten | |
| Liste/Wehrt Euch in Hamburg, Vorläufer der Grünen, einen eigenständigen | |
| Homoprogrammteil formulierten. Am Karlsruher Gründungsparteitag 1980 nahm | |
| er teil. | |
| 13 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Feddersen | |
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