| # taz.de -- Kommentar Rolle der USA in Ägypten: Zusammenbruch der Außenpolitik | |
| > Seit Beginn des Arabischen Frühlings ist die US-Politik gegenüber | |
| > arabischen Ländern ein Eiertanz. Nun hat Obama ihren Bankrott erklärt. | |
| Bild: Das Blut vom Mittwoch klebt auch an den Händen von US-Außenminister Joh… | |
| Das Massaker, das Ägyptens Polizei und Militär am Mittwoch auf den Straßen | |
| Kairos und anderer ägyptischer Städte angerichtet haben, ist nicht nur eine | |
| menschliche und menschenrechtliche Katastrophe. Dieser Mittwoch ist auch | |
| der Tag, an dem die US-amerikanische Ägyptenpolitik offiziell ihren | |
| Bankrott erklärt hat. | |
| Das kurze Statement, das Präsident Barack Obama aus seinem Urlaubsort | |
| Martha’s Wineyard einen Tag später abgab, bestätigt das: Er wiederholte die | |
| Verurteilung der Gewalt, forderte zu Frieden und Demokratie auf – und, | |
| immerhin, er sagte das gemeinsame Militärmanöver ab, das in rund vier | |
| Wochen auf dem Sinai beginnen sollte. Das ist der erste und bislang einzige | |
| ernsthafte Versuch, sich jenseits rhetorischer Floskeln vom Vorgehen der | |
| ägyptischen Militärs zu distanzieren. Aber er bleibt halbherzig: Eine | |
| vollständige, nicht einmal eine vorübergehende Aussetzung der Militärhilfe | |
| sprach der Präsident nicht an. | |
| Seit dem Militärputsch vom 3. Juli hatte sich die US-Regierung darum | |
| gedrückt, diesen Putsch als solchen zu benennen. Aber die Idee dahinter, | |
| Gesprächslinien zu den neuen alten Machthabern aufrechtzuerhalten und so | |
| Einfluss zu bewahren, ist gescheitert. Die Appelle zur Zurückhaltung liefen | |
| ins Leere. | |
| Und schlimmer noch: Als US-Außenminister John Kerry vor wenigen Wochen in | |
| Pakistan davon sprach, Ägyptens Militär habe „die Demokratie | |
| wiederhergestellt“, da konnten die Militärs, die auch zu diesem Zeitpunkt | |
| bereits Dutzende Mursi-Anhänger in Kairo niedergemetzelt hatten, das | |
| durchaus als grünes Licht für weitere Gewaltanwendung empfinden. Das Blut | |
| vom Mittwoch klebt auch an den Händen von John Kerry. | |
| ## 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe | |
| Jedes Jahr stellen die USA Ägypten Militärhilfe in Höhe von 1,3 Milliarden | |
| Dollar zur Verfügung – ein Klacks im Vergleich zu den Milliarden, die seit | |
| dem Militärputsch von den Nachbarländern Ägyptens zugesagt wurden. Zumal | |
| diese Hilfe den ägyptischen Militärs nicht zur freien Verfügung steht, | |
| sondern direkt an die US-Waffenindustrie geht, von denen insbesondere | |
| Kampfjets und Panzer geliefert werden – auch wenn sich das Militär selbst | |
| andere Ausrüstung wünschen würde. Der Einfluss, den diese Hilfe den USA | |
| gibt, ist offensichtlich nur noch denkbar gering. Tatsächlich scheint es, | |
| als wäre Ägypten – als Partner im Hinblick auf Israels Sicherheit – für … | |
| USA wesentlich wichtiger als umgekehrt. | |
| Schon seit Beginn des Arabischen Frühlings ist die US-Politik gegenüber der | |
| Region ein großer Eiertanz. Fast bis zuletzt hielt Washington an Präsident | |
| Husni Mubarak fest, um heute zu behaupten, wie sehr man vom Wunsch des | |
| Volkes nach Veränderung inspiriert worden sei. Und nicht nur die Weigerung, | |
| den Putsch einen Putsch zu nennen, auch die Anerkennung der zivilen Fassade | |
| der Militärregierung wirkte wie Orwellscher Neusprech. | |
| Wenn Obama jetzt sagt, dass die USA im innerägyptischen Konflikt nicht | |
| Partei ergreifen, sondern lediglich auf den Grundsätzen von Freiheit, | |
| Demokratie und Menschenrechten bestehen würden, dann ist das entweder eine | |
| Umschreibung kompletter Hilflosigkeit oder dreist gelogen. Genau genommen: | |
| beides. | |
| 15 Aug 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Bernd Pickert | |
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