# taz.de -- Internationale Presse zu Ägypten: Was kommt nach der Gewalt? | |
> In den Kommentaren der großen internationalen Tageszeitungen wird | |
> einhellig das ägyptische Militär verurteilt. Aber die Schlussfolgerungen | |
> gehen auseinander. | |
Bild: Die ausgebrannte al-Adawiya Moschee in Rabaah. | |
Die Presse, Wien: Der Westen trägt Mitschuld | |
„Kairos neue Militärherrscher sind schlimmer als (der gestürzte Präsident | |
Husni) Mubarak. Die Indifferenz des Westens gegenüber dem Putsch haben die | |
Generäle als Freibrief für ein Blutbad verstanden. (...) Eine Mitschuld | |
trifft letztlich auch die Regierungen im Westen. Nicht nur, dass viele | |
nicht den Willen aufbrachten, den Putsch beim Namen zu nennen. | |
US-Außenminister John Kerry ging sogar so weit, das Vorgehen der Generäle | |
mit 'Wiederherstellung der Demokratie' zu umschreiben. Kann man es ihnen | |
übelnehmen, das als Freibrief zu interpretieren? (...) Hoch an der Zeit, | |
(...) die 1,3 Milliarden Dollar Militärhilfe einzufrieren, denn nur ein | |
Militärmanöver abzusagen, wird in Kairo herzlich wenig Eindruck machen.“ | |
Libération, Paris: Generäle zerstören Arabischen Frühling | |
„Demokraten und Nichtreligiöse, die heute diese Metzelei dulden, machen | |
sich Illusionen, wenn sie glauben, dass sie verschont werden, wenn sie den | |
Militärs in die Quere kommen. Die Armee ist zu allem bereit, um ihre Macht | |
und ihre Privilegien zu verteidigen, sie ist auch bereit, einen Bürgerkrieg | |
loszutreten, wie Assad in Syrien. Diese blinde Gewalt kann letztendlich nur | |
den Islamisten in Ägypten und in der gesamten muslimischen Welt nützen. Die | |
ägyptischen Generäle zerstören den Arabischen Frühling.“ | |
De Morgen, Brüssel: Friedensinitiative muss aus der arabischen Welt kommen | |
„Aus Angst vor den Muslimbrüdern und ihrem missglückten Experiment sind | |
säkulare und koptische Ägypter direkt in die Arme der Streitkräfte | |
gelaufen. Leider hat die Armee nichts vorzuweisen, wenn es um demokratische | |
Freiheit geht, doch genau danach sehnen sich Millionen von Ägyptern. Ist | |
nun jegliche Hoffnung verloren? Nein, aber es muss sofort gehandelt werden. | |
Da es den Ägyptern selbst nicht gelingt, muss die internationale | |
Gemeinschaft die Gegner an einen Tisch bekommen. Europa hat dies in den | |
letzten Wochen ernsthaft versucht, jedoch ohne Erfolg. Da vor allem die | |
Muslimbrüder überzeugt werden müssen, wäre es gut, wenn die Initiative nun | |
aus der arabischen Welt und von den Muslimen selbst käme.“ | |
Le Figaro, Paris: Was kommt nach der Gewalt? | |
„Die vorsätzliche und mörderische Stürmung der Protestlager und die | |
Verhängung des Notstandes können nur einem Zweck dienen: Die Armee stellt | |
damit klar, dass die Islamisten nicht mehr unter dem Vorwand der Revolution | |
in Ägypten die Macht der Armee infrage stellen können. Die Muslimbrüder | |
müssen diesen Schlag verkraften. Durch die Unterdrückung möchten sie zu | |
Märtyrern der Revolution werden. Sie haben sich jedoch als unfähig | |
erwiesen, das Land demokratisch zu regieren. Durch diesen Machtkampf wird | |
ihnen jetzt jede Beteiligung an eine Rückkehr zur Demokratie unter der | |
Führung der Militärs unmöglich gemacht. Man kann nur hoffen, dass sich auf | |
beiden Seiten Stimmen der Vernunft erheben, um einen Dialog zu fordern.“ | |
Wedomosti, Moskau: Armee kann keine Stabilität garantieren | |
„Die Lehren für Ägypten und die Türkei sind, dass keine Stabilität | |
garantiert ist, wenn ein Machtapparat (Armee, Polizei, Geheimdienst) für | |
den Staat verantwortlich ist. Die Armee ist nur eine der „Parteien“, eine | |
Macht mit eigenen Werten (Sicherheit) und Interessen (die Geschäfte der | |
Generäle), und das bedeutet, dass sie nicht jeden repräsentieren kann. Es | |
ist besser, wenn der Garant des Staatswesens eine Institution ist, die | |
mehrere Kräfte und Parteien umfasst, eine Institution, die einen häufigen | |
Machtwechsel sicherstellt – zum Beispiel das Parlament.“ | |
Dagsavisen, Oslo: Am Rande des Abgrunds | |
„Die ägyptischen Militärputschisten haben am Mittwoch definitiv eine Grenze | |
überschritten. Die wochenlangen Proteste der Muslimbruderschaft waren im | |
Großen und Ganzen friedlich und legitim. Der Angriff des Militär- und | |
Sicherheitsapparates auf das Protest-Camp war klar ein Massaker. Das | |
bedeutet nicht, dass die Anhänger der Muslimbruderschaft reine Helden in | |
diesem Drama sind. Doch es gibt es keinen Zweifel, dass die | |
Hauptverantwortung dafür, dass Ägypten am Abgrund steht, beim Militärregime | |
liegt. | |
Abgrund muss nicht Bürgerkrieg bedeuten, die Bruderschaft ist militärisch | |
zu schwach. Wahrscheinlicher sind die Fortsetzung der brutalen Kampagne | |
gegen die politische Organisation der Bruderschaft, Straßenkämpfe und eine | |
neue Periode unter militärischem Kriegsrecht. Das kann Tage, Wochen oder | |
Jahre dauern.“ (dpa) | |
16 Aug 2013 | |
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