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# taz.de -- Gewalt in Ägypten: Anführer der Muslimbrüder verhaftet
> Mohammed Badie, Chef der Bruderschaft, sowie zwei hochrangige Mitglieder
> wurden in Kairo festgenommen. Die internationale Gemeinschaft fühlt sich
> machtlos.
Bild: Mohammed Badie, Chef der ägyptischen Muslimbrüder, im Juli. Nun ist er …
KAIRO afp/dpa | Im Machtkampf mit den Islamisten haben die ägyptischen
Sicherheitskräfte in der Nacht zum Dienstag den Chef der Muslimbrüder,
Mohammed Badie, festgenommen. Der 70-Jährige wurde nach Angaben des
Innenministeriums unter dem Vorwurf der „Anstachelung zur Gewalt“ in Kairo
festgenommen.
Angesichts der Gewalteskalation, durch die in den vergangenen Tagen fast
900 Menschen starben, will Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die
Zusammenarbeit mit Ägypten überprüfen.
Ein Vertreter der Sicherheitskräfte sagte Badie habe sich in der Hauptstadt
Kairo in einer Wohnung unweit des Rabaa-al-Adawija-Platzes aufgehalten.
Dort waren am vergangenen Mittwoch mehr als 280 Anhänger der Muslimbrüder
und des gestürzten Präsidenten Mohammed Mursi getötet worden, als
Sicherheitskräfte den Platz gewaltsam räumten. Zusammen mit Badie wurden
nach Angaben des Innenministeriums zwei weitere hochrangige Mitglieder der
Muslimbruderschaft festgenommen. Zunächst war nur von einer weiteren
Festnahme die Rede.
Das Fernsehen zeigte in der Nacht Aufnahmen von Badie, wie er von
Polizisten abgeführt wird. Gegen den 70-Jährigen und weitere führende
Vertreter der Muslimbrüder war am 10. Juli, eine Woche nach dem Sturz
Mursis durch die Armee, Haftbefehl erlassen worden. Dieser lautet auf den
Vorwurf der „Anstachelung zur Gewalt“. Die Prozesse gegen die
Führungsmitglieder der Muslimbrüder, darunter Badie, sollen ab dem 25.
August stattfinden.
Ägypten wird seit dem Sturz des aus der Muslimbruderschaft stammenden Mursi
von Protesten seiner Anhänger erschüttert. Immer wieder kam es dabei zu
Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften, die am vergangenen Mittwoch
eskalierten. Seitdem wurden landesweit fast 900 Menschen getötet, unter
ihnen auch Badies Sohn. Mehr als tausend Muslimbrüder und Mursi-Anhänger
wurden festgenommen.
Allein am Sonntag und Montag waren dutzende Sicherheitskräfte und
Islamisten getötet worden. Auf der Sinai-Halbinsel wurden bei einem Angriff
auf zwei Kleinbusse am Montag 25 Polizisten getötet, das Innenministerium
machte eine „bewaffnete Terroristengruppe“ dafür verantwortlich. Am Sonntag
waren in der Hauptstadt Kairo 37 Muslimbrüder bei einem mutmaßlichen
Fluchtversuch aus einem Gefangenentransport an von der Polizei abgefeuerten
Tränengas erstickt.
## Merkel fordert nationale Versöhnung
Angesichts der Gewaltspirale stellte Bundeskanzlerin Merkel die
Zusammenarbeit mit Kairo in Frage. „Wir stellen unsere Zusammenarbeit mit
Ägypten im Lichte der weiteren Entwicklung auf den Prüfstand“, sagte sie
der [1][Passauer Neuen Presse] am Dienstag.
„Die Verantwortlichen auf allen Seiten dort, beim Militär ebenso wie bei
den Muslimbrüdern und anderen Gruppierungen, müssen die Gewalt unverzüglich
beenden und den Weg einer nationalen Versöhnung einschlagen“, forderte die
Kanzlerin. Auch nach dem bisher vergeblichen Einsatz Deutschlands und
anderer Staaten für eine friedliche Lösung dürfe in den diplomatischen
Bemühungen nicht nachgelassen werden.
Allerdings hat die internationale Gemeinschaft derzeit relativ wenig
Einfluss auf die Ereignisse in Ägypten, wie auch US-Verteidigungsminister
Chuck Hagel eingestand. „Unsere Fähigkeit, das Ergebnis in Ägypten zu
beeinflussen, ist begrenzt“, sagte Hagel am Montag in Washington. „Es hängt
von der ägyptischen Bevölkerung ab.“
## Muslimbrüder wollen weiter kämpfen
Die ägyptischen Muslimbrüder wollen ihren Kampf gegen die neuen Machthaber
auch nach der Verhaftung ihres Oberhauptes fortsetzen. Ein Sprecher der
Bewegung erklärte am Dienstag, Mohammed Badia sei letztlich auch nur eines
von vielen Mitgliedern der Bruderschaft, die tief in der ägyptischen
Gesellschaft verankert sei. Die Kampagne der Bewegung gegen den
„Militärputsch“ werde weitergehen, erklärte Ahmed Aref.
Mitglieder und Sympathisanten der Muslimbruderschaft starteten nach der
Verhaftung eine Kampagne im Kurznachrichtendienst Twitter unter dem Motto
„Ich bin der [2][Murschid]“. „Murschid“ ist der Titel des Oberhauptes d…
Muslimbrüder.
Die Gegner der islamistischen Regierung hatten während ihrer
Protestaktionen, die am 30. Juni in einer Massenkundgebung mit Millionen
von Teilnehmern endete, „Nieder mit der Herrschaft des Murschid“ gerufen,
weil Badia aus ihrer Sicht der Strippenzieher war und Mursi seine
Marionette.
20 Aug 2013
## LINKS
[1] http://www.pnp.de/nachrichten/politik/919193_Bundeskanzlerin-im-PNP-Intervi…
[2] http://twitter.com/search?q=%23murshid&mode=realtime&src=typd
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