# taz.de -- Femen-Gründerin über Aminas Austritt: „Wir verzeihen ihr“ | |
> Die Femen-Mitgründerin Alexandra Shewtschenko glaubt, dass Amina Sboui | |
> der Organisation den Rücken kehrte, weil sie unter „negativem Einfluss“ | |
> steht. | |
Bild: Femen-Gründerin über Amina Sboui: „Sie war eine unserer radikalsten A… | |
taz: Frau Schewtschenko, die Tunesierin Amina Sboui ist bei Femen | |
ausgetreten. Sind Sie enttäuscht über ihren Weggang? | |
Alexandra Shewtschenko: Wir haben leider aus den Medien von Aminas Austritt | |
erfahren, es gab vorher keinerlei Anzeichen dafür, dass sie mit Femen | |
nichts mehr zu tun haben will – im Gegenteil: Amina war eine unserer | |
radikalsten Aktivistinnen. | |
Sboui wurde wegen einer Oben-ohne-Protestaktion verurteilt und saß im | |
Gefängnis, momentan wartet sie auf den Beginn eines weiteren Prozesses. | |
Wenn man wie Amina ständig solchem Druck ausgesetzt ist, dann ist es sehr | |
schwierig, Widerstand zu leisten. Sie ist nicht stark genug für unsere | |
Taktik, den „Sextremismus“. Amina ist nicht stark genug, der islamischen | |
Gesellschaft Widerstand zu leisten | |
„Mein Name soll nicht mit einer islamfeindlichen Organisation in Verbindung | |
gebracht werden“, begründet Sboui ihren Austritt. Es gelte, die Religion | |
eines jeden zu respektieren. | |
Es ist traurig, dass gerade Amina so etwas sagt. Dies zeigt, dass sie unter | |
falschen Einflüssen steht, ich mache mir Sorgen um sie. Zu Beginn hat sie | |
uns erzählt, sie sei Antiislam-Aktivistin, sie war radikaler als wir | |
anderen. Wir sind auch radikal, aber nicht so wie Amina. Deswegen zeigt mir | |
ihre Kritik jetzt, dass sie unter dem Einfluss von irgendwem steht, | |
vielleicht sogar Drogen nimmt. | |
Wer sollen denn diese ominösen Einflüsterer sein? | |
Es gibt in Tunesien momentan viele Strömungen, die Femen ablehnen. Ich | |
denke, es sind Freunde von ihr. In der jetzigen Situation ist es schwierig | |
zu unterscheiden, wer wirklicher Freund ist und wer in Wirklichkeit für die | |
Regierung arbeitet. | |
Musliminnen auf der ganzen Welt fühlen sich von Femen bevormundet. | |
Es gibt auch Musliminnen, die uns unterstützen. Diejenigen, die uns | |
Islamophobie unterstellen, leiden unter dem Stockholm-Syndrom. Sie denken, | |
sie würden ihre Herkunft, ihre Tradition, ihren Glauben verteidigen. Aber | |
was soll Unterdrückung mit Religion und Kultur zu tun haben? | |
Wer gibt ihnen das Recht, mit ihrem Oben-ohne-Aktivismus für alle | |
Musliminnen sprechen zu wollen? | |
Femen ist nicht nur gegen den Islam, Femen ist gegen jede Religion. Denn | |
jede Religion unterdrückt Frauen – und Amina weiß das ganz genau, wir waren | |
uns da immer einig. Deswegen zeigt mir ihr plötzlicher Meinungswechsel, | |
dass irgendwer sie negativ beeinflusst. Es ist beschämend, dass unsere | |
Aktivistinnen ihr Leben für Amina riskiert haben, ihretwegen im Gefängnis | |
saßen und sie jetzt so etwas über Femen sagt. Aber natürlich würden wir | |
niemals etwas machen, was ihr schaden könnte, wir verzeihen ihr und | |
akzeptieren ihre Meinung. | |
Sboui kritisiert auch, dass sie trotz mehrerer Nachfragen keine | |
befriedigenden Antworten darauf bekommen habe, wie sich Femen finanziere. | |
Sie wolle nicht Mitglied einer Bewegung sein, die mit Geldern zweifelhafter | |
Herkunft arbeite. | |
Amina hat uns immer wieder nach Geld gefragt, wir konnten ihr keines geben. | |
Immer wieder haben wir ihr gesagt, dass wir ihr Leben nicht finanzieren | |
können, dass wir kein Geld haben. Ich, eine der Femen-Mitbegründerinnen, | |
lebe in einer kleinen Wohnung in Kiew, ich fahre mit der U-Bahn. Wir leben | |
von Spenden, alles ist transparent. | |
21 Aug 2013 | |
## AUTOREN | |
Cigdem Akyol | |
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