# taz.de -- Klimapolitik in Indonesien: Missglückter Waldschutz | |
> Australien stellt eines der ersten REDD+-Pilotprojekte in Indonesien ein. | |
> Umweltschützer fordern transparente Informationen über die Finanzen. | |
Bild: Umweltschützer vor abgestorbenen Setzlingen im Aufforstungsgebiet | |
JAKARTA taz | Den Bewohnern des Dorfes Katunjung, [1][die die taz im | |
November 2011 besuchte,] kam das Kommen und Gehen der internationalen | |
Berater schon damals suspekt vor. Katunjung liegt in Zentralkalimantan, der | |
Pilot-Provinz für REDD+ in Indonesien. | |
REDD+ steht für „Reducing Emissions from Deforestation and Degradation“ – | |
Verringerung von Emissionen aus Abholzung und zerstörerischer Waldnutzung. | |
Dabei erwerben Staaten und Unternehmen das Recht zum CO2-Ausstoß durch die | |
Finanzierung von Waldschutzprojekten. In Zentralkalimantan versuchte die | |
australisch-indonesische Kalimantan Forest and Climate Partnership (KFCP) | |
auf einer Fläche von 120.000 Hektar REDD+-Pilotprojekte umzusetzen. | |
Auf Torfmoorflächen im Landkreis Kapuas wollte die KFCP für wichtige | |
Erkenntnisse im Kampf gegen den Klimawandel sorgen. 100 Millionen Bäume | |
sollten über einen Zeitraum von 30 Jahren gepflanzt werden und damit 700 | |
Millionen Tonnen Kohlendioxidausstoß ausgeglichen werden. Außerdem sollten | |
Entwässerungskanäle, mit denen Indonesiens ehemaliger Diktator Suharto in | |
den 90er Jahren die Torfmoore für ein Mega-Reisanbauprojekt hatte | |
durchziehen lassen, in großem Stil blockiert werden. | |
Die Bewohner von Katunjung, überwiegend Angehörige des indigenen | |
Dayak-Volkes, leben ohne Strom aus der Steckdose. Ihr fließendes Wasser | |
kommt aus dem Kapuas-Fluss vor ihren Pfahlbauten. Es gibt keinen Landweg, | |
der zu ihrem Dorf führt. Seit 2007 hatten sie die teuren Schnellboote mit | |
an- und abreisenden Klimawandel-Experten vorbeiziehen sehen, hatten sich | |
deren Vorträge darüber angehört, warum es so wichtig ist, gerade da, wo sie | |
wohnen das Weltklima zu retten. Bekannte Politiker hatten die Provinz | |
besucht und mit viel Optimismus in Sachen REDD in die Fernsehkameras | |
gelächelt. | |
## Planung ohne Dorfbewohner | |
Doch die Dorfbewohner zeichneten ein anderes Bild. Das Projekt war an ihnen | |
vorbei geplant worden. Wichtige Informationen hatte man ihnen vorenthalten. | |
Das Ergebnis: Nur 50.000 Bäume wurden gepflanzt. Noch weniger wuchsen an | |
der ausgesuchten Aufforstungsfläche wirklich an. Auch das Blockieren der | |
Kanäle scheiterte vielerorts am Widerstand der Anwohner, da diese seit | |
Jahren den Wasserweg zu ihren Kautschukbäumen darstellten. | |
Nach wachsender, internationaler Kritik wurde das Vorzeigeprojekt Ende Juni | |
eingestellt – ohne dafür die [2][Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit zu | |
suchen.] Auf der [3][Website der KFCP heißt es,] „das Projekt werde in | |
seiner derzeitigen Form nicht weiter geführt“. Indonesien und Australien | |
suchten aber nach Wegen, um „mit zusätzlicher Arbeit in den nächsten 12 | |
Monaten bessere Erfolge zu erzielen“. | |
Transparente Information sieht nach Meinung von Umweltschützern anders aus. | |
Nach der Verkündung derart ambitionierter Ziele solle sich die australische | |
Regierung „auf offene und ehrliche Art“ der Öffentlichkeit stellen, fordert | |
die Organisation Friends of the Earth (FoE) in einem offenen Brief. „Sich | |
aus einer Investition in Höhe von 47 Millionen Dollar zurück ziehen, ohne | |
Rechenschaft abzulegen, wofür dieses Geld verwendet wurde und welche | |
Ergebnisse damit erzielt wurden ist völlig inakzeptabel“, so Nick McClean, | |
Koordinator für Klimagerechtigkeit bei FoE Australien. | |
## Konkrete Probleme in der Praxis beschreiben | |
Klärungsbedarf sieht FoE unter anderem bei der Frage, welche Probleme der | |
Ansatz, die Lokalbevölkerung mit finanziellen Anreizen für das Pflanzen von | |
Setzlingen und Blockieren von Kanälen zu „belohnen“, in der Praxis mit sich | |
brachte. | |
Unklar ist nach Aussage von FoE auch, warum ein geplanter Weltbank-Fonds | |
für das Projekt nicht realisiert wurde und warum eine angedachte | |
Ko-Finanzierung durch die finnische Regierung nicht zustande kam. Und warum | |
im Rahmen von KFCP bei der Beachtung von Indigenen-Rechten eine | |
Weltbank-Leitlinie angewendet wurde und nicht das UN-Prinzip der freien, | |
vorherigen und informierten Zustimmung (free, prior and informed consent, | |
FPIC). | |
„Der Widerwillen der REDD-Partner, die Rechte von Indigenen anzuerkennen, | |
macht REDD in vielen Teilen der Welt problematisch.“, so Isaac Rojas von | |
FoE International. „Detailliert zu erörtern, warum das immer wieder der | |
Fall ist, würde helfen, Partnerschaften entwickeln, die zu wirklich | |
nachhaltigen Umweltschutzprogrammen führen. | |
25 Aug 2013 | |
## LINKS | |
[1] /Klimawandel-in-Indonesien/!82842/ | |
[2] http://www.redd-monitor.org/2013/07/04/australia-shuts-down-the-kalimantan-… | |
[3] http://www.iafcp.or.id/content/page/44/KFCP | |
## AUTOREN | |
Anett Keller | |
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