| # taz.de -- NSU-Skandal: Der nette Geheimdienst | |
| > Das rot-grüne Bremen will seinem Verfassungsschutz mehr Rechte geben. | |
| > Beim Einsatz von V-Leuten soll das Parlament bald mitreden dürfen. | |
| Bild: Reformbedarf festgestellt: Der Untersuchungsausschuss zu den NSU-Morden t… | |
| BREMEN taz | Der Bremer Verfassungsschutz soll etwas mächtiger und ein | |
| bisschen demokratischer werden. Das ist das Ziel des neuen | |
| Verfassungsschutzgesetzes, das der rot-grüne Senat am Dienstag beschlossen | |
| hat. Mit ihm will das Land als Erstes auf den NSU-Skandal und die | |
| Empfehlungen des parlamentarischen Untersuchungsausschusses reagieren. | |
| Für den Einsatz von V-Leuten sollen künftig verbindliche Standards gelten, | |
| auf die sich die Innenminister der Länder verständigt haben. In Bremen | |
| seien diese Regeln auch bisher schon eingehalten worden, behauptet | |
| Hans-Joachim von Wachter, Chef des Landesamtes für Verfassungsschutz (LFV). | |
| In anderen Bundesländern jedoch wollen die Grünen ganz auf V-Leute | |
| verzichten – in Bremen nicht. | |
| Neu ist indes, dass nicht von Wachter allein über den Einsatz von V-Leuten | |
| entscheidet. Statt dessen soll künftig die Bremische Bürgerschaft zustimmen | |
| müssen – aber nur wenige Abgeordnete: Die Aufsicht liegt bei der | |
| dreiköpfigen Parlamentarischen Kontrollkommission sowie der von ihr | |
| bestellten G 10-Kommission. Diese kümmert sich um den Eingriff ins | |
| verfassungsmäßig geschützte Brief- und Fernmeldegeheimnis. Beide Gremien | |
| unterliegen der Geheimhaltungspflicht. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer | |
| (SPD) bezeichnet das als „parlamentarischen Genehmigungsvorbehalt“. Der ist | |
| bislang nicht Konsens unter den Innenministern. Bremen ist hier Vorreiter. | |
| Zu den neuen Standards gehört, dass künftig weder Minderjährige noch jene | |
| als V-Leute arbeiten dürfen, die wegen schwerer Straftaten vorbestraft | |
| sind. Ferner müssen sie noch andere Einkünfte haben als solche vom | |
| Geheimdienst. Und um „Abhängigkeiten oder eine zu große Nähe“ zu vermeid… | |
| müssen die Ansprechpersonen im Verfassungsschutz „regelmäßig wechseln“. | |
| Außerdem dürfen die V-Leute ihre „extremistischen“ Organisationen weder | |
| ideologisch noch finanziell wesentlich beeinflussen. | |
| Genau geregelt wird zudem, welche Delikte man den V-Leuten durchgehen lässt | |
| (siehe Kasten). Bisher gab es für all das nur Dienstvorschriften, sagt von | |
| Wachter, doch die seien nicht verbindlich gewesen und bundesweit überall | |
| anders gehandhabt worden. So wurden wiederholt hohe Funktionäre der rechten | |
| Szene angeworben. | |
| Nachholbedarf sieht von Wachter bei den „besonderen Befugnissen“ des | |
| Verfassungsschutzes. Dementsprechend werden sie nun ausgeweitet, verglichen | |
| mit dem alten, zuletzt 2006 novellierten Gesetz. Künftig sollen sie für | |
| „gewaltbereiten Extremismus“ jedweder Art gelten, also für internationalen | |
| und islamistischen Terrorismus ebenso wie für Rechte und Linke hierzulande. | |
| Dabei geht es um personenbezogene Daten, die im Vorfeld eines | |
| Straftatverdachts und ohne richterliche Kontrolle erfasst und weitergegeben | |
| werden, vor allem um Auskünfte bei Banken, Fluglinien, Post-und | |
| Telekommunikationsdiensten, um Informationen zu Geldanlagen, Konten- und | |
| Reisebewegungen oder Telefonverbindungen. | |
| Diese „besonderen Befugnisse“, die nun teilweise mit Auflagen versehen | |
| werden, dürften prinzipiell nur der Polizei zustehen, nicht aber einem | |
| Geheimdienst, sagt der Anwalt, Menschenrechtler und parteilose Deputierte | |
| der Linksfraktion in Bremen, Rolf Gössner, der selbst jahrzehntelang vom | |
| Verfassungsschutz überwacht wurde. Gössner spricht von „Notstandsgesetzen | |
| für den Alltag“. | |
| Die rot-grüne Reform des Geheimdienstes ist aus seiner Sicht ohnehin | |
| ungenügend, der Versuch, das „reichlich ramponierte“ Image des | |
| Geheimdienstes zu verbessern und dessen Effizienz zu steigern. Die Idee | |
| einer parlamentarischen Kontrolle von V-Leuten sei „ein Widerspruch in | |
| sich“. Gössner nennt sie „Kriminelle im Dienste des Staates“. Das geheime | |
| V-Leute-System werde sich „nie“ demokratisch kontrollieren lassen. | |
| Von Wachter indes will seinen Geheimdienst jetzt als „Dienstleister“ | |
| verstanden wissen. Und nicht als „klandestine Truppe“. | |
| 3 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Jan Zier | |
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