# taz.de -- Frauenhäuser in Geldnot: Bedrohte Schutzräume | |
> Deutschlands Frauenhäuser sind unterfinanziert. Denn gefördert werden sie | |
> nur, wenn die hilfesuchenden Frauen Sozialleistungen bekommen. | |
Bild: Finanzierung ungewiss: Frau im Frauenhaus Nienburg (Niedersachsen) | |
BERLIN taz | Deutschlands 356 Frauenhäuser sind unterfinanziert – und das | |
soll anders werden. Das fordern nun unisono alle dieser Einrichtungen im | |
Land. Der Dachverband der 135 autonomen Frauenhäuser, die Zentrale | |
Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser (Zif), demonstriert deswegen am | |
Donnerstag in Magdeburg. Dort stimmt sich die Gleichstellungs- und | |
FrauenministerInnenkonferenz der Länder (GFMK) über ihre Politik ab – und | |
die Finanzsituation der Frauenhäuser steht explizit auf der Tagesordnung. | |
Egal ob autonome Frauenhäuser oder solche in karitativer Trägerschaft: | |
allen geht es schlecht. Seit knapp 40 Jahren ringen die Anlaufstellen für | |
Frauen, die von häuslicher Gewalt bedroht sind, um die Finanzierung, sagt | |
die Sprecherin der Zif, Stefanie Föhring. Kleine Fortschritte hätte es | |
gegeben, aber die reichten nicht aus. | |
Bisher werden die meisten Frauenhäuser nach Leistungen des Zweiten | |
Sozialgesetzbuchs (SGB II) durch die Länder und Kommunen finanziert. Wenn | |
eine Frau keinen Anspruch auf die Grundsicherung für Arbeitssuchende hat, | |
erhalten die Häuser keinen entsprechenden Tagessatz. „Für Frauen, die durch | |
das SGB-II-Raster fallen, müssen die Frauenhäuser oder die Frauen selbst | |
zahlen“, sagt Föhring. | |
Sie erinnert sich an einen Fall aus Stuttgart, bei dem eine Frau, die | |
Zuflucht suchte, für zwei Nächte 200 Euro bezahlen musste. „So etwas | |
entspricht nicht dem Schutzcharakter der Häuser.“ Die Zif fordert deshalb, | |
die Häuser müssten als Institution gefördert werden und Festbeträge | |
erhalten. | |
## Ein paar Spenden und wenige Bundesmittel | |
Das wollen auch Michaela Rönnefahrt und Beate Schädler vom autonomen | |
Neuruppiner Frauenhaus. Zu ihnen kommen Frauen jeden Alters und aus allen | |
sozialen Schichten. „Die gemeinsame Schnittmenge ist die physische, | |
psychische oder sexuelle Gewalterfahrung“, sagt Rönnefahrt. Drei | |
Mitarbeiterinnen betreuen die Schutzsuchenden, 20 Plätze gibt es. Momentan | |
wohnen dort zehn Frauen und zwei Kinder. | |
Die Situation sei schwierig, sagen Rönnefahrt und Schädler. Dringend | |
bräuchten sie mehr Platz und Personal. Das Haus bietet fünf Zimmer, „da | |
müssen schon mal drei bis vier Frauen inklusive Kinder in ein Zimmer“, | |
erzählt Rönnefahrt. Und das, wo die Zahl hilfesuchender Frauen steige. | |
Kamen 2012 44 gewesen, seien es bis September schon 37. | |
Laut Rönnefahrt bekommt das Haus jährlich über die SGB-II-Ansprüche | |
insgesamt 85.000 Euro vom Land Brandenburg und dem Landkreis für die | |
Arbeit. Dazu kommen noch ein paar Spenden und wenige Bundesmittel. „Damit | |
kommt man nicht weit, denn wir haben Ausgaben von mindestens 118.000 Euro“, | |
sagt Rönnefahrt. Allein das Personal schlägt mit 88.000 Euro zu Buche, dazu | |
kommen 30.000 Euro Sachausgaben. | |
Die Vorsitzende der GFMK, Sachsen-Anhalts Ministerin für Justiz und | |
Gleichstellung, Angela Kolb (SPD), kann „den angekündigten Protest | |
nachvollziehen“ und unterstützt teilweise die Argumente der Zif. Sie wolle | |
sich mit den Frauen vor der Konferenz unterhalten, sagte Kolb. Dass eine | |
einheitliche Regelung verabschiedet wird, hält sie aber zum jetzigen | |
Zeitpunkt für unwahrscheinlich. | |
Zudem sehe sie „den Bund in der Pflicht, rechtliche Grundlagen zu schaffen | |
und die Finanzierung mit zu verantworten“. Die Problematik sei aber sehr | |
präsent, betonte Kolb. Möglicherweise könne die GFMK im nächsten Jahr die | |
nötigen Weichen für eine andere, langfristige Finanzierung stellen. | |
4 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Laura Esslinger | |
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