| # taz.de -- NSU-Prozess: Der Hamburger Mordfall: Ein traumatisierter Vater | |
| > In München sagte der Vater des dritten Opfers Süleyman Taskröpü aus. Er | |
| > hatte kurz nach der Tat zu Protokoll gegeben, zwei „deutsche“ Männer | |
| > gesehen zu haben. | |
| Bild: Ort des Verbrechens: Trauer um Süleyman Tasköprü. | |
| MÜNCHEN taz | „Er wollte noch was sagen, aber er konnte nicht mehr. Er | |
| starb in meinen Armen.“ Im Saal A 101 des Oberlandesgerichts klangen die | |
| Sätze von Ali Taskröpü nach. Langsam sprach der Vater über die Ermordung | |
| seines Sohnes vor knapp zwölf Jahren. Keine zwei Meter entfernt saßen dem | |
| 67-Jährigen die mutmaßlichen Unterstützter der Mörder gegenüber. Am Montag | |
| setzte sich das Gericht in München erstmals im NSU-Verfahren mit dem Mord | |
| in Hamburg auseinander. | |
| Bereits am Vormittag hatte der Anwalt des Vaters, Andreas Thiel, dem | |
| LKA-Beamten Thorsten H. vorgehalten, Indizien, die einen rechtsextremen | |
| Tathintergrund andeuteten, nicht nachgegangen zu sein. Bei einer weiteren | |
| Befragung einer LKA-Beamtin wurde die Schwester des ermordeten Süleyman | |
| Tasköprü, Aysen, kurz laut. Sofort bat der Vorsitzende Richter Manfred | |
| Götzle energisch um Ruhe. Bei der Befragung am Nachmittag dann fasste er | |
| dann selbst eher vorsichtig nach. | |
| Schon als Bilder des Tatortes, des ehemaligen Lebensmittelladens „Tasköprü | |
| Market“, in der Schützenstraße begutachtet wurden, warnte er die anwesenden | |
| Familienmitglieder vor: „Wenn Sie das jetzt nicht sehen möchten, schauen | |
| Sie nicht hin.“ Bilder von einer großen Blutlache mit Gehirnresten auf dem | |
| Boden hinter der Kassentheke wurden links und rechts an die Wände | |
| projiziert. | |
| Auch eine andere schaute nicht hin: Beate Zschäpe, die Hauptverdächtige in | |
| dem Verfahren. Sie blickte starr in ihr Notebook. Als der Vater des dritten | |
| NSU-Opfers dem Richter antwortete, schaute sie ihn ebenfalls nicht an. „Ich | |
| möchte nichts Falsches sagen“, antwortete dieser oft. | |
| Doch er bestätigte, was sein Anwalt den Ermittlern vorhielt. Am 27. Juni | |
| 2001 hatte der Vater auf Wunsch seines Sohnes den Laden verlassen, um | |
| Oliven zu holen. Kurz nach elf Uhr war er wieder zurück. „Ich war keine | |
| halbe Stunde oder 45 Minuten weg“, ließ er über einen Dolmetscher sagen. | |
| „Sie haben doch zwei Männer gesehen“, fragte Götzle nach. „Ja, ich wuss… | |
| nicht, ob das Passanten oder Kunden waren“, antwortete Tasköprü. | |
| Zur Unterstützung hielt der Vorsitzende Richter ihm seine erste Aussage vom | |
| Tag des Mordes vor. Wenige Stunden mach der Tat hatte er zu Protokoll | |
| gegeben, auf dem Weg vom Wagen zum Geschäft zwei Männer gesehen zu haben: | |
| groß, schlank, zwischen 25 und 30 Jahren. Erneut sagte er, sie seien | |
| „Deutsche“ gewesen, hätten keine dunklen Haare, waren nicht „südländis… | |
| Wenige Minuten vor der Begegnung könnten diese Männer den 31-jährigen | |
| Tasköprü erschossen haben. „Er hatte keinen Blutstropfen mehr im Körper, | |
| alles war rausgelaufen“, berichtete der Vater weiter. | |
| Von dem Mord hat sich die Familie nie wieder erholt. Den Laden mussten sie | |
| schließen, selbst wenn er „Gold gebracht“ hätte, „ich konnte den Laden | |
| nicht mehr betreten“, sagte Tasköprü. Die Tochter seines Sohnes, die bei | |
| ihm und seiner Frau aufwuchs, war lange in Therapie. „Sie haben mir mein | |
| Herz genommen“, sagte er und fragte in Richtung Anklagebank: „Was wollten | |
| sie von uns?“ | |
| 23 Sep 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
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