# taz.de -- Booker-Prize-Nominierte aus Afrika: Der Zauber der „Müllentsorgu… | |
> Mit NoViolet Bulawayo ist erstmals eine schwarze Afrikanerin für den | |
> Booker Prize nominiert worden. Ihr Roman handelt vom Leben zwischen zwei | |
> Ländern. | |
Bild: „Ich schreibe, was mich bewegt“: NoViolet Bulawayo verarbeitet in ihr… | |
HARARE ap | Mit ihren Freunden zusammen klaut Darling Früchte aus den | |
Gärten der Reichen in Simbabwe. Ihr Leben spielt sich weitgehend auf der | |
Straße ab, die Kinder sind trotz der Armut fröhlich. Als sich die Lage | |
verschlechtert, kommt Darling zu ihrer Tante nach Detroit. Ein Sechser im | |
Lotto, glauben alle. Doch für das Mädchen ist das Leben in der Fremde alles | |
andere als einfach. | |
„We Need New Names“ – eine Anspielung darauf, dass Kindern von Einwandere… | |
in den USA oft andere Namen gegeben werden – ist der Titel des Buches von | |
NoViolet Bulawayo, das in der engeren Auswahl für den renommierten | |
britischen Man Booker Prize steht. Der Name des Gewinners wird am 15. | |
Oktober bekanntgegeben. | |
Die 31-jährige Bulawayo hat das Leben zwischen den zwei Welten selbst | |
erlebt: In Simbabwe aufgewachsen, kam sie 1999 in die USA, um dort Jura zu | |
studieren. Derzeit hat sie ein Forschungsstipendium an der | |
Stanford-Universität in Kalifornien. In der Heimat „überwinden die Kinder | |
die Armut, sind lustig und haben Mut“, sagt die Schriftstellerin. Im | |
amerikanischen Exil verändere sich Darlings Charakter. „Sie ist fern ihrer | |
Heimat, und sie ist unglücklich.“ | |
In Bulawayos Buch werden viele Probleme ihrer simbabwischen Heimat | |
angesprochen. Die armseligen Hütten, in denen Darlings Freunde Chipo, | |
Godknows, Bastard und Sbho wohnen, werden eines Tages niedergewalzt - eine | |
Beschreibung der Operation „Murambatsvina“ (zu Deutsch: Müllentsorgung), | |
die die Regierung von Robert Mugabe im Jahr 2005 durchführte: Zahlreiche | |
Armenviertel wurden dem Erdboden gleichgemacht. Nach Angaben der Vereinten | |
Nationen wurden bei der Operation „Murambatsvina“ etwa 700.000 Menschen | |
obdachlos. | |
In einer anderen Szene wird Darling in einem Telefongespräch mit daheim von | |
einem Freund vorgeworfen, sie sei gegangen und habe damit den einfacheren | |
Weg gewählt, anstatt sich mit den Problemen in Simbabwe | |
auseinanderzusetzen. Dies ist ein Vorwurf, der vielen Simbabwern, die sich | |
ins Ausland abgesetzt haben, gemacht wird. „Ich schreibe, was mich bewegt“, | |
sagt Bulawayo. „Es drängt mich zum Schreiben.“ | |
## Der Name der verstorbenen Mutter | |
Die Schriftstellerin wurde 1980 als Elizabeth Zandile Tshele geboren, | |
Violet war der Name ihrer Mutter, die starb, als die Tochter 18 Monate alt | |
war. NoViolet bedeutet auf SinNdebele – einer der beiden Hauptsprachen in | |
Simbabwe – „Mit Violet“. Bulawayo ist der Name ihrer Heimatstadt, sie lie… | |
im Südwesten des Landes im südlichen Afrika. In ihrem Roman schildere sie | |
die „Farben und den Zauber“ der Heimat, erzählt Bulawayo, die wegen einer | |
Lesetour nach Harare reiste und sich dort außerdem mit ihrem Verleger traf. | |
In Simbabwe wurde ihr Buch sehr gut aufgenommen, ebenso in Großbritannien | |
und den USA. | |
Seit sie in den USA lebe, versuche sie die politische Gewalt und die | |
wirtschaftliche Krise in Simbabwe zu verstehen, berichtet die Autorin, die | |
bereits eine Reihe von Essays und Kurzgeschichten veröffentlicht hat. Sie | |
ist nicht nur die erste schwarze Afrikanerin, sondern auch die erste | |
simbabwische Schriftstellerin, die für den Man Booker Prize nominiert | |
wurde. Der Preis wird jährlich verliehen, in der letzten Runde, in der | |
Bulawayo nun ist, stehen jeweils sechs Autoren. | |
„Jede anständige Regierung sollte für ihr Volk sorgen“, sagt Bulawayo. Ein | |
unzufriedenes Volk sei für eine Gesellschaft gefährlich. „Ich bin nur eine | |
Schriftstellerin. Ich mache keine Politik, um etwas auf einer höheren Ebene | |
zu verändern. Ich habe nur eine Stimme“, betont sie. | |
Bulawayo wuchs auf dem Land auf und verbrachte ihre Kindheit ohne | |
Fernsehen. Dafür las sie quasi pausenlos. Die Buchhandlung, in der sie sich | |
früher billige Bücher besorgte, ist inzwischen pleite. Sie hoffe, dass | |
Lesen eines Tages wieder fester Bestandteil der Kultur werde, sagt | |
Bulawayo. „Es ist auch eine wirtschaftliche Frage: Was kannst du dir | |
leisten – etwas zu essen oder auch etwas zu lesen?“ | |
27 Sep 2013 | |
## AUTOREN | |
Angus Shaw | |
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