| # taz.de -- Herbsttreffen von Attac: Zu zahm, zu brav, zu blass? | |
| > Am Wochenende will Attac seinen Kurs neu bestimmen. Die | |
| > Globalisierungskritiker suchen ein klareres Profil und ihre Haltung zu | |
| > Europa | |
| Bild: Attac war auch bei der Aktion „UmFAIRteilen“ dabei. | |
| BERLIN taz | Es ist inzwischen schon ein kleiner Sport, dass Peter Grottian | |
| diese Briefe schreibt. Der Politikprofessor aus Berlin ist Mitglied im | |
| Wissenschaftlichen Beirat von Attac und einer der kritischen Begleiter des | |
| Netzwerks. Grottian, ein glühender Verfechter von zivilem Ungehorsam aller | |
| Art, findet, dass Attac zu zahm geworden ist, zu brav, zu wenig | |
| wahrnehmbar. Deshalb schreibt er diese Briefe. | |
| Diesmal ist von „klassischen Bürokratisierungsschüben“, „intellektueller | |
| Magersucht“ und „stagnativen Tendenzen“ die Rede. Es ist wieder eine | |
| scharfe Selbstkritik geworden. Viele seiner Adressaten, das stimmt, | |
| reagieren darauf inzwischen gelangweilt. | |
| Am Wochenende kommen die Globalisierungskritiker in Düsseldorf zu ihrem | |
| Herbstratschlag zusammen. Die basisdemokratische Vollversammlung ist das | |
| höchste Entscheidungsgremium von Attac. Und auch wenn einigen dort die | |
| „wenig konstruktiven Einwürfe von der Seitenlinie“ nicht gefallen – am | |
| Wochenende stehen die Globalisierungskritiker vor der Herausforderung, | |
| ihren politischen und strategischen Kurs neu zu bestimmen. | |
| Denn das Netzwerk hat durchaus Probleme, die beredenswert sind: Attac wirkt | |
| in der öffentlichen Wahrnehmung zunehmend blasser. Die diesjährige | |
| Sommerakademie etwa war auffallend schlecht besucht, neue Mitglieder | |
| strömen nicht mehr wie früher herbei, und weil sich viele großkopferte | |
| Intellektuelle immer weniger auf Attac beziehen, kämpft das Netzwerk aktiv | |
| darum, neue aufstrebende Wissenschaftler an sich zu binden, die wieder für | |
| etwas mehr Strahlkraft sorgen können. Kurz: Attac muss sich fragen, was | |
| passiert, wenn nicht die Weltwirtschaft, sondern die Organisation selbst | |
| die Postwachstumsphase erreicht. | |
| ## Weiter Mitgliederzuwächse | |
| „Alarmismus passt dazu aber nicht“, sagt Attac-Geschäftsführerin Stephanie | |
| Handtmann. „Wir verzeichnen weiterhin Mitgliederzuwächse, bloß dass diese | |
| etwas schwächer ausfallen als in den letzten Jahren.“ Einen Grund sieht | |
| Handtmann in der zunehmenden Bündnisarbeit. „Im Bündnis ist man immer | |
| weniger sichtbar als allein.“ | |
| Auch Eberhard Heise, Mitglied im Attac-Koordinierungskreis, sieht kein | |
| spezifisches Attac-Problem: „Wir stehen vor den gleichen Herausforderungen | |
| wie andere Bewegungsakteure auch.“ | |
| Am Wochenende soll nun beraten werden, mit welchen zentralen Kampagnen sich | |
| das Netzwerk auch langfristig profilieren kann. Dazu ist etwa geplant, in | |
| einem mehrmonatigen Prozess zu einer basisdemokratischen Willensbildung zu | |
| kommen: Womit kann Attac 2015 punkten? | |
| Im vergangenen Jahr hatte sich das Netzwerk insbesondere auf zwei Themen | |
| fokussiert: Die auf die Bundestagswahl hin konzipierte Steuerkampagne | |
| „umFAIRteilen“, bei der die Globalisierungskritiker für eine neue | |
| Steuerpolitik auf Bundesebene kämpften. Mit den paritätischen | |
| Wohlfahrtsverbänden stand Attac an der Seite starker Verbände, die tief | |
| hinein ins bürgerliche Lager wirken. Doch der Zulauf zu den Protesten blieb | |
| gering. Die Kampagne wird voraussichtlich auf Eis gelegt. | |
| ## Meinungsverschiedenheiten | |
| Daneben organisierte Attac die „Blockupy“-Proteste in Frankfurt mit. Auch | |
| hier blieb der Zulauf überschaubar. Deswegen wollen die Aktivisten ihre | |
| Aktivitäten hier ausweiten und internationalisieren. Derzeit arbeitet Attac | |
| verstärkt an der Vernetzung mit anderen europäischen Bewegungen. Für das | |
| kommende Jahr soll in Frankfurt eine Großdemonstration von internationalem | |
| Format organisiert werden. | |
| Wie genau die europäische Position von Attac allerdings aussehen kann, dazu | |
| gibt es anhaltende Meinungsverschiedenheiten: Ist die Zustimmung zum | |
| europäischen Einigungsprozess ein notwendiger Grundkonsens linker Politik? | |
| Oder führt ein Europa unter dem Diktat des Sparzwangs in die Unterwerfung? | |
| Und: Wie lässt sich hier argumentieren, ohne schnell am rechten Rand | |
| einsortiert zu werden? Das sind die Fragen, die die AktivistInnen | |
| umtreiben. An diesem Wochenende soll es darauf neue Antworten geben. | |
| 12 Oct 2013 | |
| ## AUTOREN | |
| Martin Kaul | |
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