# taz.de -- Wirtschaftlicher Umbau: Billiges Made in China war gestern | |
> Exportweltmeister China will seine Wirtschaft jetzt mit hochwertigen | |
> Produkten voranbringen. Das geschieht nicht ohne Nebenwirkungen. | |
Bild: Höher, schneller, dreckiger: In China sind nicht nur die Baustellen gewa… | |
PEKING taz | Um China ist es nicht mehr ganz so gut bestellt: Die | |
Produktionskosten in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt steigen. | |
Firmen wandern ab. Die Exportzahlen gehen zurück. Und auch wenn die am | |
Freitag veröffentlichte Wachstumsrate mit 7,8 Prozent im dritten Quartal | |
besser ausfällt als befürchtet – mit zweistelligen Zuwachsraten wie in den | |
letzten Jahren ist es vorbei. Doch unzufrieden wirkt Chinas Führung nicht. | |
Sie betont, diese Entwicklung sei gewollt. | |
Vergangene Woche verkündete Premierminister Li Keqiang, dass sich die | |
Wirtschaft auf dem richtigen Weg befinde. Tatsächlich steht sie an einem | |
Wendepunkt: Sie hat in den letzten 30 Jahren eine beispiellose Entwicklung | |
hingelegt, allein in den vergangenen fünf Jahren hat sich der Wohlstand | |
noch einmal nahezu verdoppelt. | |
Doch nicht ohne Nebenwirkungen: Überall gibt es Überinvestitionen, die | |
Lagerhallen quillen über. Wegen der vielen Fabrikschlote leidet die Umwelt. | |
Und in kaum einem Land ist der Unterschied zwischen Arm und Reich so groß | |
wie in China, das sich formal nach wie vor als kommunistisch bezeichnet. | |
„Die neue politische Führung hat die wirtschaftlichen Ungleichgewichte | |
offenbar erkannt“, heißt es in der jüngsten Publikation des Deutschen | |
Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW): Statt billig für den Export zu | |
produzieren, will man höherwertige Jobs schaffen und den bislang schwachen | |
Binnenkonsum ankurbeln. | |
## Keine Jobs für qualifizierte Absolventen | |
Doch dieser Umbau ist leichter gesagt als getan. Zwar machen im Süden des | |
Landes am Perlflussdelta, der bisherigen Werkbank der Welt, immer mehr | |
Fabrikhallen dicht. Sie werden ersetzt durch Forschungseinrichtungen von | |
Hightechkonzernen und Bürohäuser. Diese neuen Arbeitsstellen können aber | |
bei Weitem nicht kompensieren, was verloren geht. | |
Jedes Jahr sind 10 Millionen Hochschulabsolventen auf Arbeitssuche, für die | |
qualifizierte Jobs fehlen. Eine Studie der Europäischen Handelskammer in | |
Peking kam im August zu dem Ergebnis, dass es in China vor allem an | |
Innovation fehle. Von den vielen Patenten, die angemeldet würden, sei nur | |
ein Bruchteil zu gebrauchen. | |
Ökonomen aus aller Welt weisen darauf hin, dass China zudem sein | |
Finanzsystem öffnen muss. Hat es in den westlichen Industrieländern in den | |
vergangenen Jahren an Regulierung im Bankensektor gefehlt, so gibt es in | |
China zu viel davon. Die Banken sind staatlich, für sie gilt ein | |
festgelegter Einheitszinssatz. | |
## Keine ausländischen Geldinstitute | |
Ausländischen Geldinstituten ist es bislang nicht erlaubt, Fuß zu fassen. | |
So gibt es für die chinesischen Sparer kaum Anlagemöglichkeiten, weshalb | |
sie vermehrt in Immobilien investieren – was wiederum die Preise anheizt. | |
Zudem sind die Banken zu ineffizienten Giganten herangewachsen, weil sie | |
Kredite vorwiegend Staatsunternehmen und Lokalregierungen vergeben. Viele | |
davon erweisen sich als faul. „Entscheidend für die Neuausbildung des | |
chinesischen Wachstumsmodells ist die weitere Liberalisierung der | |
Finanzmärkte“, heißt es im DIW-Bericht. | |
Premier Li Keqiang hat Anfang des Monats im Schanghaier Stadtteil Pudong | |
eine neue Freihandelszone eröffnet, die sich speziell an die | |
internationalen Finanzmärkte richtet. Wie vor 30 Jahren die ersten | |
Sonderwirtschaftszonen ausländische Unternehmer anlockten, um | |
produzierendes Gewerbe aufzubauen, soll Pudong ausländische Banker anziehen | |
und China zu einem wettbewerbsfähigem Finanzsystem verhelfen. | |
21 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Felix Lee | |
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