# taz.de -- Gehälter in der Kirche: „Vergelts Gott“ | |
> Der Wohlfahrtsverband Caritas ist gegen einen einheitlichen Mindestlohn. | |
> Kritiker bemängeln Dumpinglöhne und Intransparenz. | |
Bild: Ein frommer Blick aufs Kruzifix macht nicht satt. | |
BERLIN taz | 9 Euro in der Stunde. So viel verdiente die Krankenschwester | |
Katharina Herzog* bis vor Kurzem in einem katholischen Krankenhaus in | |
Berlin. Das ist mehr als ein gesetzlicher Mindestlohn in Höhe von 8,50 | |
Euro, den die SPD in den Koalitionsverhandlungen der Union abtrotzen will. | |
Katharina Herzog war trotzdem nicht zufrieden. Die examinierte Fachkraft | |
musste für die Summe nicht nur 38,5 Stunden in der Woche arbeiten, sondern | |
zusätzlich Sonntagsdienste und Nachtschichten schieben. „Die Arbeit war | |
körperlich und psychisch anstrengend“, sagt die Frau, die schon in | |
verschiedenen kirchlichen Einrichtungen gearbeitet hat. | |
Vor allem nachts sei es schwierig gewesen, wenn die Krankenschwester mit | |
Patienten „Krisengespräche“ führen und sie mitunter fixieren musste, wenn | |
sie Gewaltausbrüche zu deeskalieren und eilig zusätzliche Medikamente zu | |
verteilen hatte. „Für meinen Job habe ich zu wenig Geld bekommen“, sagt | |
Herzog. Einrichtungen der katholischen Kirche, sagt sie, würden am liebsten | |
mit einem „Vergelt’s Gott“ bezahlen. | |
Jetzt warnt Peter Neher, Präsident des katholischen Wohlfahrtsverbands | |
Caritas, vor einem einheitlichen Mindestlohn. Dieser gefährde eher | |
Arbeitsplätze, als dass er welche schaffe, sagte Neher der Neuen | |
Osnabrücker Zeitung. Es sollte „nach Branchen“ bezahlt werden und am besten | |
auch „regional differenzierte Lohnuntergrenzen“ geben. Neher sagte: „8,50 | |
Euro bedeuten in Mecklenburg-Vorpommern etwas ganz anderes als in München.“ | |
Damit widerspricht Neher der SPD-Forderung, die einen einheitlichen | |
Mindestlohn für Ost und West will. | |
## Keine Transparenz | |
Die Caritas steht immer wieder im Ruf, schlecht zu bezahlen. Von | |
Dumpinglöhnen ist die Rede und davon, dass MitarbeiterInnen „angeraten“ | |
wird, freiwillig auf Sonderzahlungen zu verzichten. Stimmt das? | |
Einer Modellrechnung zufolge, die das Magazin Wohlfahrt intern der | |
Sozialwirtschaft veröffentlichte, verdient eine ledige, kinderlose | |
Altenpflegehilfskraft monatlich rund 2.500 Euro brutto. Darin enthalten | |
sind Zusatzzahlungen für einen Sonntagsdienst, für Wechselschichten und | |
zehn Überstunden. | |
Wie stichhaltig diese Summen tatsächlich sind, ist schwer zu überprüfen. | |
Bei den Finanzen der katholischen Kirche gebe es keine Transparenz, beklagt | |
ein Mitarbeiter der Gewerkschaft Ver.di. | |
Ähnliches treffe auch für die evangelische Kirche und ihre | |
Wohlfahrtsorganisation Diakonie zu, sagt der Experte für Arbeitsrecht und | |
Tarife bei den Kirchen. Drei Viertel der Beschäftigten müssen sich mit | |
Gehältern von acht bis zehn Prozent unter dem Tarifvertrag im öffentlichen | |
Dienst zufriedengeben. In Einrichtungen der Evangelischen Kirche | |
Mitteldeutschland sollen es sogar 10 bis 15 Prozent sein. Danach verdiene | |
eine Altenpflegerin bis zu 1.000 Euro brutto. | |
Ute Burbach-Tasso, Pressesprecherin der Diakonie, widerspricht. Man zahle | |
bereits seit Juli 2013 im Pflegebereich einen gesetzlichen Mindestlohn: im | |
Westen 9 Euro pro Stunde, im Osten 8 Euro pro Stunde. Diese Höhen, so | |
Burbach-Tasso, orientierten sich an der sogenannten | |
Pflegearbeitsbedingungenverordnung des Arbeitsministeriums aus dem Jahr | |
2010. | |
* Name geändert | |
30 Oct 2013 | |
## AUTOREN | |
Simone Schmollack | |
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deshalb Kirche und Ver.di. |