Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Nach Flüchtlingsprotesten in Bayern: Nie wieder Putenwurst mit Dos…
> Bayern war das einzige Bundesland, das Asylsuchenden noch Essenspakete
> statt Geld aushändigte. Nach heftigem Protest ist nun damit Schluss.
Bild: Endlich erfolgreich: Schon 2010 legten Demonstranten als Protest Essenspa…
BERLIN taz | Der Bestellschein im Lager Neuburg an der Donau ist blassblau,
zur Wahl stehen etwa „Heringsfilet in Tomatensoße“, „Kiwi (2 St.)“,
„Mischbrot (500 Gramm)“ oder „Obst in Glas/Dose“. 23 Kreuze sind erlaub…
zwei Mal pro Woche durften die 12.000 Bewohner der 130 bayerischen
Sammelunterkünfte für Asylsuchende so ihr Essen bestellen. „Immer das
Gleiche: Die exakt gleiche Putenwurst, der exakt gleiche Käse, jahraus,
jahrein. Das macht die Leute wahnsinnig“, sagt Alexander Thal vom
Bayerischen Flüchtlingsrat.
Die seit 1993 geltende Versorgung von Asylsuchenden mit Essenspaketen war
Geschäft und Schikane zugleich. Doch das soll jetzt vorbei sein: „Ich will
weg von den Essenspaketen in den Gemeinschaftsunterkünften und diese durch
Geldleistungen ersetzen“, sagte die neue Sozialministerin Emilia Müller
(CSU) am Mittwoch. Zudem wolle sie durchsetzen, dass Flüchtlinge schneller
einen sogenannten „nachrangigen Arbeitsmarktzugang“ erhalten.
Derzeit gilt ein absolutes Arbeitsverbot von neun Monaten für Asylbewerber
im laufenden Verfahren und von zwölf Monaten für Geduldete. „Aber die
Menschen wollen in Arbeit. Deshalb werden wir uns bei den
Koalitionsverhandlungen für eine Verkürzung der Wartezeit einsetzen.“ Dabei
hatte die CSU erst kürzlich verhindert, dass das absolute Arbeitsverbot
bundesweit auf sechs Monate beschränkt wird.
Die überraschende Wendung ist eine direkte Folge der seit Jahren
andauernden Flüchtlingsproteste, die in Bayern ihren Schwerpunkt hatten. Im
März 2012 nahm die Intensität der Aktionen zu. Sie gipfelten in zwei
Durststreiks von Asylsuchenden aus Bayern im Juni in München und im Oktober
in Berlin.
## „Entmündigung“ der Flüchtlinge
„Die CSU sah sich durch diese radikalen Aktionen so unter Druck gesetzt,
dass sie reagieren musste“, sagt Thal. Der Schritt sei überfällig gewesen:
„Durch die Essenspakete wurden die Flüchtlinge entmündigt. Sie durften
nicht selbst entscheiden, was sie essen wollen. Das war auch logistisch
extrem aufwendig und wahnsinnig teuer.“
Bereits nach dem Durststreik in Juli hatte Müllers Vorgängerin Christine
Haderthauer (CSU) aus einem Gesetzestext den Satz streichen lassen, dass
die Lagerunterbringung von Asylbewerbern „die Bereitschaft zur Rückkehr in
das Heimatland fördern“ solle.
Die Lagerunterbringung selbst, bei der die Bewohner teils zu sechst über
Jahre in einem kleinen Zimmer leben müssen, tastete Haderthauer jedoch
nicht an. „Das ist als nächstes fällig, genau wie die Residenzpflicht“,
sagt Thal.
31 Oct 2013
## AUTOREN
Christian Jakob
## TAGS
Flüchtlinge
Geld
Bayern
Flüchtlinge
Protestmarsch
Sachleistungen
Flüchtlinge
## ARTIKEL ZUM THEMA
Residenzpflicht für Flüchtlinge: Ein paar kleine Freiheiten
Union und SPD hatten sich schon auf ein Ende der Residenzpflicht für
Flüchtlinge geeinigt. Nach Druck aus der CSU ist das nun nicht mehr so.
Flüchtlingsproteste in Bayern: Anhörung im Landtag geplant
Bayerische Politiker treffen sich mit den seit Wochen demonstrierenden
Flüchtlingen. Versprechen wollen sie nichts – außer den Dialog
fortzusetzten.
Protest von Asylsuchenden: Der Aufstand der Unsichtbaren
In der Heimat traumatisiert, in Deutschland deprimiert. Warum sich immer
mehr Flüchtlinge gegen ihre oftmals desolate Lage wehren.
Flüchtlingsproteste in BaWü: Bargeld statt Essenspakete
In Stuttgart errichten Asylsuchende ein Protest-Camp vor dem
Integrationsministerium. Sie fordern gleiche Behandlung aller Flüchtlinge
im Bundesland.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.